Peter Roseggers Briefe – von Krieglach über Graz nach München und zurück
2020, beim Sichten und Sortieren des Familiennachlasses in Mauern, fiel in einem der hintersten Winkel des Hauses, meinem Mann Abi und mir ein alter Umschlag in die Hände, auf dem kaum leserlich in der Handschrift meines Schwiegervaters Dieter v. Reininghaus „Rosegger“ mit Bleistift geschrieben stand. Abi und mir war bislang nur bekannt gewesen, dass die Beziehung zwischen seinem Ururgroßvater Johann Peter von Reininghaus (1818 – 1901) und dem 25 Jahre jüngeren österreichischen Schriftsteller Peter Rosegger (1843 – 1918) hauptsächlich auf Basis der finanziellen Zuwendungen durch den älteren Mäzen bestanden hatte. So wie es auch im Wikipedia-Eintrag über ihn steht: „Unterstützt wurde er von dem Industriellen Johann Peter Reininghaus, der in Graz-Reininghaus eine der größten Brauereien Österreichs betrieb.“ Dass den Großunternehmer und den „Waldbauernbub“ jedoch eine tiefe und sehr persönliche Freundschaft verbunden hatte, wurde uns erst beim Lesen des Inhalts nach dem doch ziemlich herausfordernden Transkribieren der Rosegger’schen Briefe klar.
In dem unscheinbaren Umschlag befanden sich neben sechs Briefen an Johann Peter von Reininghaus aus den Jahren 1888 bis 1897 auch noch ein Antwortbrief von diesem, dazu vier beschriebene Rosegger-Visitenkarten, eine Ausgabe der von ihm herausgegebenen Monatsschrift „Heimgarten“ und ein handgeschriebenes Gedicht. In dem Heimgarten-Heft von Oktober 1898 hatte er eine vierseitige Laudatio zum 80. Geburtstag seines „theuren Freundes“ Reininghaus abgedruckt, den er immer nur Peter oder Peterl nannte.
Außerdem befand sich im Haus auch noch der gerahmte Druck eines Porträts von Peter Rosegger, gemalt 1910 von Ferdinand Pamberger (1873 – 1956), unten mit der handschriftlichen Widmung des Schriftstellers versehen: „Der allverehrten Frau Therese von Reininghaus in treuer Anhänglichkeit und Dankbarkeit. Graz, am 4. Mai 1912, Peter Rosegger“.
Zum Glück hatten alle Schriftstücke ohne Stockflecke und Kellergeruch die vielen Jahrzehnte ihres Mauerblümchendaseins überstanden. Und wir freuten uns sehr, dass sie im Zusammenhang mit unseren vielen Informationen über die „Reininghaus/Linie 1“ auch auf dieser wunderbaren Webseite veröffentlicht wurden.
Danach beschlossen wir, alle Rosegger-Erinnerungen trotz des hohen ideellen Wertes nicht wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen, sondern in die fachgerechte Obhut des Rosegger-Museums in Krieglach – das zum Universalmuseum Joanneum gehört – zu überführen. Der Kontakt zur Sammlungskuratorin Frau Mag. Bianca Russ-Panhofer verlief außerordentlich positiv und so planten wir hochmotiviert, im Frühjahr 2020 von München nach Krieglach zu fahren – nicht ahnend, dass uns Corona einen langen Strich durch die Rechnung machen würde …
Im August 2023 war es dann endlich soweit und wir wurden in der leicht verregneten Steiermark herzlich empfangen. Frau Russ-Panhofer gab uns eine ausführliche, hochinteressante Privatführung durch die Dauerausstellung „Wem gehört der Großglockner“ über Roseggers Leben und Schaffen und die Sonderausstellung „Wachsen hier die Dichter auf den Bäumen?“ über den Besuch der zahlreichen prominenten Freunde, Bekannte und Verehrer in dessen Sommerdomizil. Dort waren auch gleich die beiden Fotos der Ururgroßeltern platziert, die wir zur Ausstellungseröffnung im April 2023 dem Museum zur Verfügung gestellt hatten; sehr schön in einer Vitrine aufbereitet. In beiden Häusern ließen diverse Hinweise und Ausstellungsgegenstände die intensive Beziehung des Dichters mit der Reininghaus-Familie erkennen, darunter eine geschnitzte Truhe im Arbeitszimmer – ein Geschenk von Therese von Reininghaus zu seinem siebzigsten Geburtstag – die „Reininghaus“-Linde im Garten, die er seinem Freund „Peterl“ von Reininghaus gewidmet hatte, und die Unterschriften mehrerer Familienmitglieder – darunter mehrfach Johann/Hans und Virginia/Gina von Reininghaus – im virtuell einsehbaren Gästebuch. Nach dieser schönen Zeitreise und der offiziellen Übergabe inklusive Dokumentation unserer Rosegger-Erinnerungen für die Schenkungsurkunde, machten wir uns auf den Weg nach Graz, um uns dort noch weiter auf die historischen Spuren der Familie – u. a. die Reininghausgründe – zu begeben.