Franziskanerplatz 1 – Familiensitz von Adolf Ignaz Mautner von Markhof
Das unter Denkmalschutz stehende „Orellisches Haus“ Ecke Weihburggasse / Franziskanerplatz, im 1. Wiener Gemeindebezirk, wurde 1698 für Baron Peter von Orelli errichtet. Adolf Ignaz erwarb es zu jener Zeit, als er begann sich in den Ruhestand zurückzuziehen. Stilistisch am Übergang vom Früh- zum Hochbarock gelegen, wurde es 1756 aufgestockt. Die Fassade besteht aus vertikal durch Putzfelder miteinander verbundenen und gerade verdachten Fenstern. Das bemerkenswerte Korbbogenportal aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist von toskanischen Säulen und einem Triglyphenfries am oberen Ende begrenzt. Sehenswert ist vor allem der mit einer frühhistorischen kassettierten Hofeindeckung versehene Innenhof, in dem sich auch der barocke Rebekka-Brunnen (1846) von Adam Rammelmayer befindet. An der barocken Vierpfeilertreppe mit Steinbalustrade sind in deren Rundbogennischen auch heute noch die Porträts von Adolf Ignaz und seiner Gattin Julie Marcelline, gefertigt 1888 von Carl Kundmann, zu sehen. Von 1933 bis 1953 bewohnte es der Schriftsteller Egon Caesar Conte Corti (Ehemann von Gertrud, der Zwillingsschwester von Manfred I. Mautner Markhof) an den eine Gedenktafel erinnert. Die Fassade des Hauses wurde 1981 restauriert. 2008 kaufte hier die Opernsängerin Anna Netrebko eine große Dachgeschosswohnung, 2010 bestand vorübergehend Einsturzgefahr, die Bewohner mussten evakuiert werden.
Gustav Piffl (Oberst im k. u. k. Stabskorps und Sohn von Luise Piffl, der ältesten Tochter der Therese von Reininghaus) schreibt in seinen Lebenserinnerungen über das Haus seiner Urgroßeltern:
„Als Eckhaus lag die eine Front am Franziskanerlatz selbst, die andere in der Weihburggasse. Im Erdgeschoss befanden sich Stallung und Remise für die Equipage; dann gelangte man über eine zwar breite, aber nur durch Gasflammen beleuchtete Stiege in das Vorzimmer des ersten Stockes; durch Oberlicht erhellt, und mit dem ganz eigenartigen, lauten Ticken einer Wanduhr wies es eine besondere Note auf: Hell und freundlich waren Urgroßvaters Arbeitszimmer und der anschließende große Salon mit Ausblick auf den Franziskanerplatz hinunter mit seinem Monumentalbrunnen und der gegenüberliegenden Franziskanerkirche. Abschreckend düster wirkten auf mein Kindergemüt die finsteren, gegen die Weihburggasse gerichteten Räume: Speise- und Schlafzimmer. Besonders der Salon war mit Kunstgegenständen, wie Bilder, Teppiche, Porzellanfiguren und Nippes reich geschmückt. Über eine innere Stiege konnte man den zweiten Stock erklimmen, welcher die Haushaltsangehörigen beherbergte. Alle Kinder des alten Paares waren bereits verheiratet und bewohnten nicht mehr den Franziskanerplatz; doch hatte Urgroßmama eine ausgezeichnete Gesellschafts- und Wirtschaftsdame in der Person der Baronin Julie von Hennig gefunden. Ganz in der Familie aufgenommen wurde sie von uns nur „Tante Julcza“ gerufen. Stets freundlich und auf jedermanns Meinung verständnisvoll eingehend, erfreute sie sich großer Beliebtheit und war besonders mit Großmama Reininghaus eng befreundet, deren alljährlicher Sommergast sie auch später auf dem Harterschloß wurde. Urgroßpapa hatte hingegen eine Stütze in der Person des Hauptmanns Meinardis gefunden. Dieser stammte aus dem Geniestab, welcher nach dem Generalstab und mit der Intendanz die geistige Elite der alten k. u. k. Armee bildete. Warum er seinen Dienst so frühzeitig verlassen, weiß ich nicht; doch trug er seine hellblaue Uniform mit den dunkelroten Samtaufschlägen stets weiter. Wenn er es auch nicht zum „Onkel“ brachte, so war doch der umseitig gebildete auch in der klassischen Literatur bewanderte Herr bei Jung und Alt gerne gesehen und diente Urgroßvater als Gesellschafter, Sekretär und als Schachpartner.“
Prof. Dr. Herbert Mittag Lenkheym (Mitbegründer der Hager-Werbeagentur und Sohn von Erwin Mittag Lenkheym, dem jüngsten Sohn der jüngsten Tochter Johanna) berichtet im Jahr 2000 für die Familienchronik:
„In diesem großen, alten Haus wurden damals zwei Stockwerke von Adolf Ignaz und seiner Frau und später auch von Johanna und ihrem Mann bewohnt. Johanna gebar vier Kinder, die alle am Franziskanerplatz 1 das Licht der Welt erblickten. Im Haus stehen heute noch Öfen, die aus dieser Zeit stammen. Selbst einen Luster fand ich noch in einer Wohnung vor. Als die Wohnung nach dem Tod von Johanna 1913 aufgelassen wurde, entstanden Photographien des Inventars, das teilweise heute noch in den Wohnungen im ersten und zweiten Stock zu sehen ist.“
Im Jahre 1960 zogen Hans Bertele von Grenadenberg (als Professor an der Technischen Hochschule) und seine Frau Marceline (älteste Tochter von Georg II. Anton) nach Wien zurück und verbrachten noch viele glückliche Jahre im Haus am Franziskanerplatz, in dem danach ihr Tochter Emy und ihr Mann Colin Everhard lebten. Ihre jüngste Tochter Ursula de Allendesalazar berichtet im Jahr 1996 für die Familienchronik:
“In 1960 Mutti and Baba moved into what had formerly been the flat of Gertrude and Egon Conte Corti on the third floor of the house on the Franziskanerplatz. The house had been purchased by Adolf Ignaz Mautner in 1871 and here he died on the 24th of December 1889. The beautiful apartment had a study in which the principal long wall and a shorter wall were totally taken up by shelves of black painted wood which reached right up to the high ceiling. The top shelves were only to be reached by ladder which moved on a special rail. Baba installed his books which were sparse in number in comparison to what the shelves had seen during the times of Conte Corti. But then the shelves which looked rather formidable when empty, were filled with clocks, rows and rows, and acquired a new splendour. Clocks also adorned the spacious drawing room which communicated with the study by double doors. Tiered chandeliers hung in each of the great rooms. I lived with Mutti and Baba at the Franziskanerplatz for three years before leaving for Spain. They loved being with people, family, friends. Fun, laughter, warmth and interesting conversation and dinner parties abounded. Everyone was always welcome. The atmosphere was dazzling, intoxicating with the huge chandeliers fully alight and sparkling. The clocks, of which there were now at least one hundred and twenty., bulky“ ones, now took nearly fifteen minutes when they started chiming on „their“ hour. A disconsolate nephew who once spent the night in the guest room, found it impossible to go to sleep with the ticking and chiming in his room, one clock even hanging within inches above his head. In exasperation, he stopped them all. And was after that only invited for lunch or dinner, never again to spend the night. I remember organizing two „Wiener Jausen“ for a busload of clock lovers, collectors, admirers and makers from Germany and Switzerland. Coffee, whipped cream and Gugelhupf. Study, drawing and dining room were all filled with small tables to seat four to six. For days Frau Eppli polished the silver while I made the Gugelhupfs. Stirring them all by hand. Mutti allowed me to use seven eggs for each as the recipe called for. They were a success but she still preferred her own Purley-version, made with one only.”