Landstraßer Hauptstraße 136 – 142, der Familiensitz von Carl Ferdinand Mautner von Markhof
Nach der Eheschließung mit Editha Freifrau von Sunstenau und Schützenthal änderte sich das soziale Leben Carl Ferdinands grundlegend und es folgte eine entsprechende räumliche Veränderung. Man gab die Wohnung in der Brauerei St. Marx auf und verlegte den Familiensitz in den frühen 1890er Jahren in den 3. Wiener Bezirk, Landstraße.
Landstraßer Hauptstraße Nr. 136
Das Haus hat einen Baukern aus dem Jahr 1774, in der heutigen Form stammt es aus dem Jahr 1891 und wurde von Joseph von Wieser, einem Schüler Theophil Hansens, für Editha Mautner von Markhof errichtet. Das Gebäude mit zwei Seitenrisaliten hat eine späthistoristische Fassade in neobarocken Formen.
Joseph von Wieser war ein typischer Vertreter des Späthistorismus. Nachdem sich seine Tätigkeit weitgehend auf den Wohnbau konzentrierte und er auch nur für rund zehn Jahre als Architekt in Erscheinung trat, ist sein Werk von einer relativ großen Homogenität geprägt. Charakteristisch ist der ausgeprägt repräsentative Charakter seiner Bauten, der sich in einer reichen dekorativen Ausgestaltung, wie Schmuckgiebel und Sgrafittomalerei, niederschlägt. Die Üppigkeit des Dekors führte auch manchmal zu manieristischen Auswüchsen, die schon in der zeitgenössischen Fachpresse kritisiert wurden. Im Zuge der Propagierung des Barocks als genuin „österreichischen Stil“ erfährt diese Orientierung schließlich eine sukzessive Steigerung zu einem neobarocken Formenapparat, wie auch bei dem gegenständlichen Mietshaus.
Landstraßer Hauptstraße Nr. 138 – 140
Das Gebäude ist eine unregelmäßige Anlage, die um einen Hof gruppiert ist. Der Kern stammt aus dem 18. Jahrhundert, das Gebäude wurde 1810 und 1831 erweitert. Die Fassade an der Straßenseite ist durch einen Einsprung zweigeteilt, der linke Teil weist eine Rahmengliederung und Plattendekor über einem gebänderten Sockel auf. Eine Gedenktafel erinnert daran, dass Koloman Moser hier seine Wohnung hatte. In der Einfahrt stehen vier barocke Jahreszeitenputti in Nischen, barocke Figuren und ein barocker Brunnen befinden sich auch im Garten. Ein Gartentrakt aus dem frühen 20. Jahrhundert ist zweigeschossig und weist Pilastergliederung und einen Mittelgiebel auf.
Landstraßer Hauptstraße Nr. 142
Die Villa Mautner-Jäger in barockklassizistischen Formen mit Mansarddach wurde 1902 von Franz von Neumann für Hertha Mautner von Markhof und ihren Mann Gustav Jäger erbaut und ist ein beispielhaftes Produkt der Belle Époque. Bekannt für seine aufwändigen späthistoristischen Fassaden war Neumann der Überzeugung, “dass die Formen der Vergangenheit konsequent fortentwickelt und weitergebildet werden müssen, damit die Architektur zu zeitgemäßen Formulierungen gelangt.” Der Villencharakter des Gebäudes ist insgesamt für die Straße völlig untypisch. Seitlich abgetrennt befindet sich ein Portierhaus und im Garten eine Kegelbahn, die 1907 von Paul Hoppe erbaut wurde.
Diskussion um Sanierung der Villa Mautner-Jäger in Wien Landstraße, Beitrag des ORF vom 26.04.2022
In den Folgejahren wurde die Häuserzeile in der Landstraße zu einem der Anziehungspunkte für die jungen Künstler der Wiener Secession. Im Jahre 1906 hatten drei der führenden Gründungsmitglieder ihren Lebensmittelpunkt in oder neben der Villa Mautner Markhof. Bereits 1895 hatte der Maler Josef Engelhart Doris geheiratet, eine der drei künstlerisch tätigen Töchter Carl Ferdinands, sein Atelierhaus befand sich in der angrenzenden Steinfeldgasse 15. Josef Engelhart war der Sohn des Fleischhauers Josef Anton Engelhart (1838 – 1900) und dessen Frau Maria Apfelthaler (1842 – 1933). Eine Anekdote besagt, dass Engelharts Mutter eine eher herrische Frau gewesen war und sich ihr Sohn anlässlich seiner Heirat einen besonderen Schabernack hatte einfallen lassen. Über dem Portal seiner ehelichen Wohnstätte ließ er eine weibliche Drachenfigur anbringen, die hinter Gitterstäben gleichsam in Schranken gehalten wird. Doris Schwiegermutter soll es mit Humor genommen haben. 1905 heiratete Ditha ihren Lehrer an der Wiener Kunstgewerbeschule, den Maler Koloman Moser, und sie zogen in eine von ihm im Gartentrakt der elterlichen Villa eingerichtete Wohnung. Ein weiteres Gründungsmitglied der Secession, der Maler und Bühnenbildner Alfred Roller, lernte im Hause Mautner Markhof seine Schülerin Mileva Stoisavljevic näher kennen, mit der er sich 1906 vermählte. Das Ehepaar mietete auf Nr. 136 eine Wohnung. 1904 gestaltete Josef Hoffmann zusammen mit Koloman Moser ein Speisezimmer für Editha Mautner von Markhof. Das von der Secession propagierte künstlerische Ideal des Gesamtkunstwerks setzte Hoffmann in den für Magda geschaffenen Räumen um. Dafür unterwarf Hoffmann die vorhandene Raumsubstanz seinem eigenen strengen architektonischen Konzept. Die Möbel waren keine beliebig auswechselbaren Einrichtungsgegenstände, sondern Teil eines klar durchdachten Raumerlebnisses. Der Raum wurde durch sie definiert. Besonders deutlich wird dies im Fall des Schlafzimmerschranks. Mit seiner Hilfe zog Hoffmann einen einheitlichen Horizont ein, der unter anderem die Höhe der Türen, der Gaskaminnische und des Bettvorhangrahmens aufnahm.