Georg Anton Ritter Mautner von Markhof / 9.9.1875 – 16.9.1934
Georg II. Anton war der Sohn von Georg I. Heinrich Mautner von Markhof (1840 – 1904) und Charlotte, geborene Biehler (1845 – 1905). Er wuchs mit seinem älteren Bruder Theodor I. und weiteren fünf Geschwistern bereits in Floridsdorf auf. Am 24.7.1900 heiratete er in Graz seine Nichte Emilie „Emy“ von Reininghaus (1881 – 1974) und zog mit ihr in das Mautner Schlössl, den Häuserkomplex auf der Prager Strasse 33, den Georg I. Heinrich 1900 für seinen zweitältesten Sohn hatte errichten lassen. Bis 1944 blieb es der Familie als Wohnsitz erhalten, heute ist das Bezirksmuseum darin untergebracht. Georg II. wurde nur 59 Jahren alt und seine Witwe hatte ihn um 41 Jahre überlebt, als sie im Alter von 93 Jahren auf ihrem Landgut Gaaden verstarb.
Als Johann Peter von Reininghaus 1901 verstarb, wandelte seine Frau Therese das Unternehmen in die Brüder Reininghaus Aktien-Gesellschaft für Brauerei und Spiritus-Industrie um und holte Georg II. Anton in deren Verwaltungsrat. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Georg II. Anton gemeinsam mit seinem Bruder Theodor I. dessen Betriebe. 1913, nachdem Carl Ferdinands Sohn Victor St. Marx mit Dreher und Meichl zu der Vereinigten Brauereien Schwechat, St. Marx, Simmering – Dreher, Mautner, Meichl Aktiengesellschaft fusioniert hatte, erwarben Theodor und Georg Anton auch die Hefe- und Spirituserzeugung in St. Marx, inklusive dem Filialbetrieb in Simmering. So gelang es den Brüdern das Lebenswerk von Adolf Ignaz der Familie Mautner Markhof zu erhalten. Das Unternehmen wurde in zwei Firmen geteilt: den Vereinigte Mautner´sche Presßhefe Fabriken Ges.m.b.H. (für Hefe und Spiritus, inklusive der später übernommenen und stillgelegten Erzeugungsstätten in St. Marx und Floridsdorf) und der Th & G Mautner Ritter von Markhof (für Essig und Spirituosen). Georg II. Anton führte neben diesen Betrieben auch die Brauerei Zum St. Georg, war Vizepräsident der Brauerei Schwechat und in den Jahren 1926 – 1927 Präsident der Brauherrenvereinigung für Wien und Umgebung. 1916 wurde er in Baden zum Ehrenbürger ernannt.
Georg II. Anton war Industrieller, Wirtschaftspionier und Philanthrop. Durch Fleiß und Innovation brachte er nicht nur die Familienbetriebe durch den Ersten Weltkrieg, sondern war auch für sein Empfinden für Anstand, das weit über das normale Maß hinausging, bekannt. Er war streng und gütig zugleich, ein Patriarch der damaligen Zeit, dem niemand zu widersprechen wagte.
Durch seinen Sohn Georg III. Buwa sind folgende charakteristischen Geschichten überliefert:
In der Zeit nach dem 1. Weltkrieg befanden sich die Unternehmen in einer prekären Lage, und Georg II. ordnete tiefgreifende Sparmaßnahmen, auch im privaten Bereich, an. Dazu gehörte, dass im großen Haus in Floridsdorf lediglich zwei Räume – das Wohn- und das Speisezimmer – geheizt werden durften. Das übrige Haus erstarrte vor Kälte, und die Familienmitglieder froren jämmerlich. Auch seine Kinder konnten diese Maßnahme nicht verstehen. Das Haus wurde durch unzählige Kachelöfen geheizt, und Holz war in Hülle und Fülle vorhanden. Dazu kam ein ziemlich großer Park, der ebenfalls als Holzlieferant diente. Georg III. rebellierte und fragte seinen Vater, was es für einen Sinn habe, das Haus nicht zu heizen, da dadurch keine erkennbare Einsparung erfolgen könne. Georg II. hörte sich den Einwand an und meinte dann: „Das weiß ich auch, aber so erkennt ihr wenigstens, wie ernst es mir mit dem Sparen ist.“ Es blieb weiter kalt.
Eines Tages wurde Simmering in einen Patentprozess hineingezogen. Irgendein Erfinder behauptete, die Firma in Simmering hätte seine Patente nachgeahmt, egal, ob absichtlich oder unabsichtlich. Georg II. gewann alle Prozesse und auch die letzte Instanz stellte fest, dass der Vorwurf unbegründet sei. Als er jedoch das ausgefertigte Urteil las, kamen ihm Zweifel, die schließlich in die Überzeugung mündeten, dass der Kläger doch irgendwie recht habe. Er entschloss sich daher, die geforderte Summe zu bezahlen; ein Fall, der wohl in der Rechtsgeschichte Österreichs bislang wohl einzigartig war.
Auch die Floridsdorfer Zeitung würdigte das soziale Engagement in einem Artikel “Mautner Markhof für die Armen” erschienen am 24.12.1925:
Mautner Markhof für die Armen: Unsere altrenommierte weit über die Grenzen Österreichs bekannte und hochgeschätzte Firma Mautner Markhof, die keine Gelegenheit versäumt, die Tränen der Armen zu trocknen, hat neuerlich das Stiftungskapital für die Adolf Ignaz und Julie Marceline Mautner Markhof´schen Stiftung für Witwen und Waisen erhöht. Das Stiftungskapital beträgt nun 30.300 Schilling wovon Waisenkinder mit zusammen 4.480 Schilling beteiligt wurden. Schwere Zeiten sind mit dem Weltkriege ins Land gezogen und unter ihnen hat auch Mautner Markhof gelitten. Auch dieses auf festem Grunde stehende Haus geriet in drückende Sorgen. Sein Personal, darunter die besten unentbehrlichen Arbeiter mußten ins Feld ziehen, ihre Lieben zurücklassend. Mit raschen Schritten kam das Elend in unser Vaterland. Es gab weder Geld noch Wohnung genug. Der Geschäftsgang sank zu nie dagewesener Erbärmlichkeit herab. Unsäglich war der Jammer, die Sorge und die furchtbare Ungewissheit. Große alte Unternehmungen brachen zusammen, um nie wieder zum Leben zu erwachen. Mehr als man vermutete hielten aber dem Weltunglück Stand. Und zu diesen zählte auch – wir sagen es mit Stolz und Freude – unser Mautner Markhof. Seine Brauerei zum St. Georg mußte unter schwieriger Aufbringung der Gerste, des Malzes und sogar der Rübe “Dünnbier“ brauen. Trotzdem sorgten die Chefs der Firma für die zurückgebliebenen Familie ihrer Arbeiter so lange dies im Bereiche der Möglichkeit lag. – Es kam die Zeit der ersten Lohnerhöhungen. Der Kampf begann. Mautner Markhof stand mitten in ihm und – wer hatte sich zu beschweren, es würde ihm unrecht getan, er könne beim St. Georg nicht „leben?“ Vom letzten Hilfsarbeiter bis zum Oberbeamten konnte keiner Klage führen. Freilich war es kein üppiges, kein luxuriöses Leben und arbeiten mußte man auch fürs tägliche Brot, aber es ging bei menschenwürdigem Dasein. Ein Beweis hierfür das erfreuliche Ausleben Aller, die im Brauhause angestellt sind. Nicht überall war und ist es so. Das Bestreben sozialer Einrichtungen, die sich von selbst durchsetzen, wie nicht minder das Herz und die stets offene Hand für die Armen, ein Erbteil der Väter der Firma ließ diese im sozialen Sinne siegen und behaupten. So leben wir denn auch heute in einer gewiss nicht rosigen Zeit ein einträchtiges Zusammenwirken der Unternehmer, der Angestellten und Arbeiter. Beim St. Georg in der Pragerstraße hat sich im Grunde genommen nichts geändert. Das Unternehmen ist dasselbe geblieben, das es in Frieden war. Die Einigkeit, der Wille zum Leben und zur Arbeit sind wieder da. Allerdings wurden auch die Sorgen „valorisiert” und die gewissen Ansprüche an das Leben, die nicht gerade so nötig sind „reduziert“. Daran trägt aber Senf, der Parteien Gegensätze, das Finanzministerium und wohl auch der Herr Breitner fast unüberwindlichen Mächte die Schuld. Unter den gegenwärtigen Verhältnisse zu schaffen ist kommerzielle und manuelle Kunst, die Mautner Markhof und seine Getreuen üben. Dies hätte die Floridsdorfer Zeitung im Geiste der dankschuldigen Armen und Unterdrückten erfreulicher Weise heute unter dem Weihnachtsbaum zu sagen.
Viele anschauliche Berichte über das Leben von Georg II. und Emilie finden sich in „Nanas Erinnerungen“.