Gustav Dietrich August Johann Peter von Reininghaus / 1.7.1883 – 18.12.1930
Gustav II. (* Graz / † München) war das zweite Kind und der einzige Sohn von Maria und Gustav I. von Reininghaus und hatte schon vor seiner Geburt seinen Vater verloren. Gemeinsam mit seiner älteren Schwester Emilie „Emy“ wuchs er beim zweiten Ehemann seiner Mutter, Dr. Paul Reininghaus, heran. Interessante Einblicke gewähren Briefe aus seiner Jugendzeit. Der leidenschaftliche Reiter ließ sich vor seinem Studium der Landwirtschaft noch bei den „Einjährig-Freiwilligen“ des Dragonerregiments Graf Montecuccoli Nr. 8 ausbilden und wurde Leutnant der Reserve, nicht zum allergrößten Gefallen seiner Großmama Therese. Er heiratete am 20.4.1907 in Graz Ilse Engelmann1 (* Pola, Istrien 25.9.1887 / † Fürstenfeldbruck 29.10.1991) und lebte mit ihr auf seinem Landsitz in Mauern bei München.
1 In notariellen Schriftstücken und umfangreicher Korrespondenz ist dokumentiert, dass der leibliche Vater von Ilse Engelmann der Korvettenkapitän Emerich Ritter von Leitgeb (* Triest, 1.09.1856 / † München 12.05.1915) war. Tochter Ilse kam während der ersten Ehe ihrer Mutter Thora mit dem 20 Jahre älteren Linienschiffskapitän Moriz Engelmann auf die Welt, stammte jedoch aus deren Beziehung mit ihrem späteren Ehemann Emerich von Leitgeb, einem Bruder des österreichischen Schriftstellers Otto von Leitgeb. Moriz Engelmann, der lange Jahre an Tuberkulose litt und 1897 starb, hatte zuvor nicht in die von Ilses Mutter gewünschte Scheidung eingewilligt. Recherche Ulrike Reininghaus
In Mauern wuchsen auch ihre sechs Kinder heran: Gerda, Elisabeth, Renate, Dietrich, Aglaya und Rüdiger. Dass hiervon Fotografien erhalten sind, ist Gustav II. zu verdanken. Schon früh dokumentierte er als einer der wenigen damals anzutreffenden Kamerabesitzer seine Familie fotografisch – ebenso wie seine Pferde, Jagdgesellschaften und Landwirtschaftsflächen. Im Jahr 2004 stellte man ihn im Bauernhofmuseum Jexhof nahe bei Mauern sogar als einen von fünf Fotografen in der Sonderausstellung Alles im Kasten – Frühe Amateurfotografen im Brucker Land (1900 – 1950) vor. Auf vielen Fotos ist der Stolz und die Liebe für seine Frau Ilse und ihre sechs gemeinsamen Kinder sichtbar, deren Wohlergehen ihm über alles ging. Tragischer Weise blieb ihm nicht genügend Zeit für sie, denn Gustav II. sollte nur 15 Jahre älter werden als sein Vater.
Die „schreckliche agrarpolitische Situation“ (Weltwirtschaftskrise), wie er am 9. Dezember 1930 aus Mauern in einem Brief an seinen langjährigen Jagdfreund Julius Hess, Professor für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München, schrieb, musste ihm nicht nur finanziell, sondern auch gesundheitlich furchtbar zugesetzt haben. Monatelang habe er „wortlose Schmerzen ausgehalten“, die er „immer noch überwinden“ müsse. Beim Durchleuchten in München sei aber nun ein „sehr günstiges Resultat“ herausgekommen, das Gröbste sei überstanden. Gustav setzte denselben Brief am 17. Dezember fort, inzwischen aus einer Privatklinik in München-Schwabing, in die ihn „der Arzt nach abermaligen Rückfällen gebracht“ hätte. Dort habe man „Gallensteine festgestellt, die scheinbar im Augenblick die Hauptursache der Krämpfe waren“. Er würde nun sehr energisch mit allen möglichen Mitteln behandelt und der Arzt hoffe, „dass sich’s vielleicht doch ohne Operation reparieren lässt“. Optimistisch hoffte er selbst, am „Dienstag, den 23. heimfahren zu können“, und bat den Freund noch, ihn doch zu besuchen, er würde sich herzlich freuen und sei auch „telephonisch zu erreichen“. Er schloss den Brief mit: „Ergeb. Handkuss Deiner gnädigen Frau. Herzliche Grüsse, Dein Reininghaus“. Dies sollten die letzten Zeilen gewesen sein, die er schrieb. Gustav II. v. Reininghaus starb einen Tag später, am 18. Dezember 1930, mit nur 47 Jahren. Für seine Frau und seine Kinder, die ihn zum Weihnachtsfest in Mauern zurückerwartet hatten, musste die Nachricht von seinem überraschenden Tod genauso schockierend und unfassbar gewesen sein wie für seine Verwandten in Österreich und alle Freunde und Bekannten. War doch jeder davon ausgegangen, er habe in München nur seine Gallensteine auskurieren wollen. Professor Dr. Maximilian Borst, Geheimrat und führender Pathologe in München, gab in der einen Tag später durchgeführten Obduktion die Todesursache mit einem „akuten Versagen des Herzmuskels“ an, ausgelöst durch eine „Atherosklerose der Aorta und der Kranzarterien des Herzens“ – Gallensteine fand er keine. Das durch seinen überraschenden Tod vereinzelt aufkommende Gerücht, Gustav II. habe sich aufgrund seiner beruflichen Sorgen möglicherweise das Leben genommen, wurde damit eindeutig widerlegt. Außerdem erhielt seine Frau Ilse durch die Diagnose die traurige Gewissheit, dass man den Tod des geliebten Ehemannes trotz der Fehldiagnose nicht hätte verhindern können. Seine Familie erhielt die Erlaubnis, Gustav II. v. Reininghaus in der Gruft der mittelalterlichen St.-Georgs-Kapelle in Mauern beisetzen zu lassen – seine Grabplatte schmückt das Reininghaus-Familienwappen und ist bis heute unverändert. Ilse ließ die gemeinsamen Eheringe zu einem goldenen Kreuz umarbeiten, das sie bis zu ihrem Tod 61 Jahre später um den Hals trug.