Georg III. und das äthiopische Abenteuer
San Giorgio – als das St. George Beer Addis Abeba eroberte
Da Georg III. Mautner Markhof immer bestrebt war, Unternehmen im Ausland zu gründen, beschloss er im Jahr 1937, am Ende des italienisch-äthiopischen Krieges, eine darniederliegende und zum Verkauf angebotene Brauerei in Addis Abeba zu erwerben. So übernahmen die Cousins Georg III. und Manfred I. persönlich, als gleichberechtigte Partner, die größte Brauerei Afrikas, die in Erinnerung an Floridsdorf San Giorgio heißen sollte. Da dies nur gemeinsam mit einem italienischen Partner (man entschied sich für einen römischen Rechtsanwalt) über eine sehr komplizierte Firmenkonstruktion geschehen konnte, gab es große Schwierigkeiten den Betrieb aufzunehmen und aufrecht zu erhalten.
Das Brauhaus befand sich in einem jämmerlichen Zustand. Ein desolates Gebäude mit ebenso desolaten Maschinen erwartete die neuen Besitzer. Im Oktober 1937 wird der Schwechater Maschinenmeister Weissenhofer zusammen mit seinem Sohn Wilhelm nach Äthiopien geschickt, um die notwendigen technischen Sanierungen vorzunehmen. Als Einrichtung wurde die Ausstattung der Brauerei St. Georg verwendet, die bereits stillgelegt war. Die Wasserqualität war so miserabel, dass es geradezu unmöglich schien, ein anständiges Bier zu brauen. Später stellte sich heraus, dass auch die afrikanische Gerste völlig ungeeignet war, sodass sie aus Schwechat zu importieren musste. Wilhelm Weissenhofer gelang es schließlich mit drei anderen Europäern und etwa zwanzig einheimischen Arbeitskräften, das Brauhaus zu sanieren und die Wasserqualität zu verbessern. Ab 1938 konnte man ein ordentliches Bier produzieren, obwohl die Umstände schwieriger nicht hätten sein können. Die Sprachbarriere war enorm, nur mit großer Mühe konnte man den Einheimischen kommunizieren, was man von ihnen erwartete. Der Konkurrenzkampf war beachtlich, ausländische Bierimporte stürmten den Markt.
1940 kam Gerhard Mautner Markhof, um nach dem Rechten zu sehen und Afredo Conte della Feld (verheiratet mit Erika Hebra, einer Urenkelin von Adolf Ignaz) wurde zum Direktor bestellt. Gerade als sich die ersten Erfolge zeigten und Amadeus Herzog von Aosta, Vizekönig von Italienisch-Ostafrika die Brauerei mit seinem Besuch ausgezeichnet hatte, eroberten die siegreichen Engländer 1941 das Land, was wiederum das Ende der Brauerei bedeutete. Kaiser Haile Selassie kehrte wieder in sein Land zurück, erklärte auf der Stelle die Brauerei für beschlagnahmt und ließ sie sofort auf seine Frau übertragen. Georg III. und Manfred I. mussten den Kaiser nun nach 1945 überzeugen, dass die Brauerei zwar ein italienisches Unternehmen war, dass sich aber zur Gänze in österreichischem Besitz befunden hatte und Österreich nicht als Kriegsgegner der Engländer galt. Nach zahlreichen und für die Familie Mautner Markhof sehr teuren Vermittlungsversuchen und Verfahren bei internationalen Gerichtshöfen wünschte Haile Selassie schließlich Georg III. persönlich zu sprechen. Dieses Gespräch zwischen dem gottähnlichen Kaiser und dem „kleinen“ Unternehmer, der mit Wiener Schmäh und taktischen Gesprächspausen arbeitete, dürfte einer gewissen Skurrilität nicht entbehrt haben. Den Überlieferungen nach nervte Georg III. den sehr sprachenkundigen Haile Selassie auch mit endlosen Übersetzungen in drei Sprachen und so gelang es ihm letztendlich, diesen von seinem Standpunkt zu überzeugen. Manfred I. und Georg III. erhielten eine Entschädigung, die zwar nicht ganz der geforderten Höhe entsprach, aber immerhin befriedigend ausfiel. Gleichzeitig durfte Wilhelm Weissenhofer, der in Kriegsgefangenschaft geraten und seit 1941 interniert war, nach Österreich zurückkehren. Noch heute erinnert ein Bier in Äthiopien an die Ära Mautner Markhof.