Die Erfindungen des Adolf Ignaz Mautner
Als Adolf Ignaz Mautner das St. Marxer Brauhaus in Pacht übernahm und nach mehrjährigem Stillstand wieder Instand setzte, war das Wiener Bier das qualitativ schlechteste in ganz Mitteleuropa und der Konsum desselben daher ein höchst geringfügiger. Dazu gesellte sich noch der Umstand, dass der außerordentlich billige österreichische Wein der Bierindustrie ebenfalls zusetzte.
Die Wiener Brauer erzeugten ein meist obergäriges Bier. Dies alleine nicht nur deshalb, weil dessen Herstellung viel einfacher war, als die des viel besser schmeckenden Untergärigen, sondern auch hauptsächlich deswegen, weil das obergärige Bier das ganze Jahr über erzeugt werden konnte. Unterhefebier hingegen konnte mit Sicherheit nur während der kalten Jahreszeit hergestellt werden. Sowohl das ober- als auch das untergärige Bier wurden damals direkt vom Brauer, so wie sie aus der Gärung kamen, das heißt, samt der Hefe, ohne sie früher ablagern zu lassen, den Wirten zugeführt. Da man außerdem von der Voraussetzung ausging, dass starke Kälteeinwirkung dem Bier Schaden zufügen müsse, so hütete man sich davor, im Brauhaus oder Wirtskeller, Eis einzulagern. Selbst wenn der Brauprozess noch so gelungen war, so bedeutete dies, dass die schlussendliche Qualität des zum Ausschank gelangenden Bieres, dann einzig und alleine von der zufälligen Temperatur des Wirtskellers abhing.
Das durch seine Erfindungen erzeugte kalte Bier sorgte – selbst in dem inmitten der Weinberge gelegenen Wien – für den unaufhaltsamen Aufstieg des Getränkes und somit der gesamten Brauindustrie. Durch diese durchgreifenden Verbesserungen wurde aus dem stagnierenden Brauereigewerbe eine Großindustrie ersten Ranges geschaffen und die Jahrzehnte ab 1840 werden deshalb als das goldene Braujahrhundert Wiens bezeichnet. Der Siegeszug des Bieres konnte nicht mehr gestoppt werden.
Abzugsbier
Adolf Ignaz wagte es, gleich nach der im Jahre 1840 erfolgten Eröffnung seiner Brauerei, mit der Tradition zu brechen und legte bereits im Winter 1841, als erster in Wien, einen bedeutenden Eisvorrat in seinen Brauhauskellern an. Unter der Einwirkung dieses Eises ließ er nun obergäriges Bier ablagern, welches er von den Gärbottichen in große Lagerfässer pumpen („abziehen“) ließ, in denen der Gärprozess beendet wurde. Somit blieb den Wirten das Nachgären in den Kellern erspart, ihnen konnte 1842 ein Bier geliefert werden, das Hefe frei, klar und eiskalt, also unmittelbar konsumfähig war.
Der Erfolg war deshalb so außerordentlich, da nun den Leuten – gerade in der warmen Jahreszeit, in der der Bedarf am höchsten ist – erstmals ein kühles, köstliches Bier geboten werden konnte. Nichts desto trotz war es Adolf Ignaz bewusst, dass der zukünftig gewünschte vermehrte Bierkonsum nur durch die Erzeugung des viel beliebteren untergärigen Bieres gewährleistet würde, und wenn dies zu allen Jahreszeiten konsumiert werden konnte. Es galt also die winterlichen Bedingungen während des ganzen Jahres über zu erhalten. So versorgte er sich mit bedeutenden Eismengen zum Zwecke
- der Abkühlung der Bierwürze vor Einleitung der Gärung,
- des Kalthaltens während der Gärung,
- der Konservierung des Bieres im Lagerkeller.
Eiskühlapparat für die Bierwürze
Nach vielen langandauernden Versuchen glückte ihm bereits im Jahr 1842 die Erfindung eines Eiskühlapparats, in welchem die Bierwürze in dünnen Röhrchen einen möglichst langen Weg durch entgegenströmendes Eiswasser zurücklegen musste, bis sie jenen niederen Wärmegrad erreicht hatte, der als Anfangstemperatur zur Gärung im Bottich erforderlich war. Dieses völlig neue Kühlsystem, das dem Bier eine gleichbleibende Lagertemperatur sicherte, ließ er sich als Normal-Bierlagerkeller System Mautner patentieren. Durch den dadurch verringerten Eisbedarf konnte er den ganzen Sommer hindurch mit dem Natureisvorrat auskommen, und die Wirte bereits ab 1843 mit untergärigem Bier beliefern.
Das Eis entnahm er zuerst dem heute noch nach ihm benannten Arm der Alten Donau, dem Mautner-Wasser im Wiener Prater, von dem aus er 1856 eine Nutzwasserleitung in die Brauerei baute. Außerdem sicherte er sich ein Wasserrecht am Wiener Neustädter Kanal, dessen Wasser eine sehr gute Qualität hatte, da es aus dem Quellgebiet der Leitha und der Schwarza nach Wien kam.
Wasserkühlapparat
Da die ausschließliche Benutzung des Eises sehr teuer war, konstruierte er 1843 nach seinen Plänen einen Wasserkühlapparat, der in die Hauptwasserleitung eingefügt wurde. So wurde es möglich die Bierwürze auch durch Brunnenwasser, je nach dessen Temperatur, bis auf 13°C abzukühlen, sodass der eigentliche Eiskühlapparat nur mehr weitere plus 6°C abkühlen musste. Da man dieses Wasser darüber hinaus auch zu Brauzwecken und zur Kesselspeisung einsetzen konnte, war die neue Kühlmethode nicht nur kostenfrei, sondern gegenüber der Eiskühlung auch noch gewinnbringend.
Eisschwimmer zur Temperaturregulierung während der Gärung
Trotz Sommertemperatur und der durch den Gärungsprozess eintretenden Erwärmung musste das Bier auf einer Temperatur von maximal 7°C gehalten werden. Dieses Problem löste Adolf Ignaz durch die Erfindung der zylinderhutförmigen, mit Schwimmschüsseln versehenen sogenannten Eisschwimmer. Die Tatsache, dass sich in Folge jede Brauerei der Erde derselben Form bediente, lässt auf Ihre Vollkommenheit schließen.
Lagerkeller
Um die Umstände der Sommerbrauerei rundum verbessern zu können, mussten in erster Linie auch die Lagerkeller optimiert werden. Während ihnen durch die eingebrachten Biervorräte permanent Wärme zugeführt wurde, war es doch erforderlich, eine stets gleichbleibende Temperatur zu behalten. Dies konnte nur durch Einlagerung von Eis erzielt werden. Das Problem das sich stellte war, dass die Eisgruben sich stets entweder tiefer als die Kellersohle, oder aber an den äußersten Enden in halber Höhe der Keller befanden. Dadurch wurde die Wirkung von fünf der sechs Flächen des kubischen Eiskörpers an die Erdwände verschwendet, während die warme Luft, die sich am Kellergewölbe sammelte, die höher gelegenen Bierlager-Fässer erwärmte. Bei dieser Anordnung konnte das Eis nie effizient genutzt werden. Diese Missstände beseitigte Adolf Ignaz, indem er im Jahre 1858 den ersten, nach einem ganz neuen System angelegten Lagerkeller erbaute, mit dem er auch die Kosten optimierte: Er sorgte für vollkommene Isolierung von der Erdwärme und positionierte Ventilationskanäle so, dass im Winter bereits deren bloßes Öffnen genügte, um die Keller- mit der Außentemperatur vollkommen auszugleichen. Auch brach er vollständig mit dem bisherigen System der Eisgruben und ersetzte sie durch sogenannte Eishäuser, mit Eis gefüllte Repositorien, die oberhalb der Kellergewölbe gelagert waren. Durch in den Kellergewölben angebrachte offene Spalten, traf die aus dem Keller aufsteigende warme Luft auf den Eisklotz und sank, dadurch abgekühlt und somit schwerer geworden, wieder zu Boden. Diese Konstruktion sparte auch einen Vorkellerraum und verbesserte die Anlage der Fässer-Magazine über dem Eis-Haus. Er konstruierte einen Lagerkeller, der durch richtig angebrachte Eismassen trotz permanenter Wärmezufuhr dennoch in seiner Temperatur stabil bleibt, den ersten Lagerkeller mit obenauf situiertem Eisraum. Wiener Salonblatt, 1873, Seite 404
Lagerung von Spiritus
Als Adolf Ignaz im Jahre 1853 einem Geschäftsfreund aus seiner alten Heimat sein Etablissement zeigte und ihn im Hof herumführte, bemerkte dieser die große Menge der mit Spiritus gefüllten aufgestapelten Fässer. Obwohl er den Wert der eingelagerten Waren bewunderte, konnte er die Bemerkung nicht unterdrücken, dass er selbst sich ständig davor fürchten würde, dass ein eventueller Brand das so große Vermögen vernichten könnte. Dieser Ausspruch ließ Adolf Ignaz nicht mehr zur Ruhe kommen bis er Abhilfe fand, indem er die ersten eisernen Reservoirs anfertigen ließ. Auch diese Erfindung erlangte für die gesamte Spiritusindustrie höchste Bedeutung, da sie nicht nur die Feuersicherheit gewährleistete, sondern auch den ungeheuren Schwindungen vorgebeugte, welchen der Spiritus durch längere Lagerung ausgesetzt war. Bis zu diesem Zeitpunkt war eine längere Aufbewahrung von Spiritus unmöglich und somit dieser Artikel für Spekulationen völlig ungeeignet gewesen. Danach fand man die eisernen Reservoirs in allen Docks und Lagerhäusern, man konnte in ihnen den zeitweiligen Überfluss an Ware ohne Verlust bis zum wiedereintretenden Bedarf aufbewahren sowie jede beliebige Qualität mittels Bahn ohne Verlust befördern.
Mais anstelle des Roggens für die Hefe- und Spiritusfabrikation
Bis zum Jahr 1850 war das Grundmaterial der Presshefeerzeugung neben Malz ausschließlich Roggen. Als Hauptnahrungsmittel des Volkes war diese Getreideart jedoch ungeheuren Preisschwankungen unterworfen, denen sich der Presshefepreis nicht immer nahtlos angleichen konnte, wenn die kaufmännische Absatzentwicklung nicht permanent darunter leiden sollte. Mit der Entdeckung, dass man Mais als Ersatz für Roggen bei Presshefe und Alkohol verarbeiten konnte, bewirkte er ebenso eine Einsparung des als Volksnahrung so notwendigen Getreides, wie auch eine Verbilligung und Preisstabilität der Presshefe. Mais wurde damals in Ungarn nur so viel angebaut, als dies für die Deckung des Hausbedarfes für notwendig erschien. Daher mussten anfangs, die zur Presshefefabrikation benötigten größeren Mengen aus der Walachei eingeführt werden. Dadurch, dass Adolf Ignaz an Stelle des Roggens für die Hefe- und Spiritusfabrikation Mais verwendete, setzte er den Impuls, dass nun auch größere, bish dahin brachliegende Flächen, mit Mais bebaut wurden, und so der ungarischen Landwirtschaft ein neuer Absatzmarkt erschlossen war.
Mautner Markhof Filterhefe-Verfahren / Vakuum-Verfahren Mautner
Nach Beendigung des Gärvorganges wurde aus der Maische die Hefe mittels großer Separatoren durch Zentrifugieren als Heferahm gewonnen und auf rotierenden Vakuumfiltern nach dem weltweit als ,,Mautner Markhof-Filterhefe-Verfahren“ bekanntgewordenen System entwässert. Hierbei wurde die Außenseite einer löchrigen Trommel mit einem Filz überspannt. Während die Trommel langsam gedreht wurde, floss die flüssige Hefe auf den Filz; durch die Drehung der Trommel und die Schwerkraft konnte das Wasser durch den Filz in die Innenseite der Trommel entweichen (der Filz saugte das Wasser mit der Hefe auf und das Wasser wurde durch die Schwerkraft in die Trommel gesogen). Die Hefe blieb auf der Außenseite des Filzes haften und wurde dann mittels einer Leiste auf der anderen Seite der Trommel abgeschabt. So konnte nach Adolf Ignaz´ Plänen die Hefe vom Wasser separiert und Halbtrockenhefe gewonnen werden, die danach in Stangen gepresst (wodurch noch mehr Wasser entweichen konnte) und als gepresste Hefe verpackt wurde.