Ende des Mautner Markhof´schen Kinderspitals
Die unerfreuliche Nachricht vorweg: Die Gemeinde Wien hat nun definitiv entschieden, das Mautner Markhof’sche Kinderspital in der Baumgasse im 3. Bezirk bis Ende 1998 zu schließen und die medizinische Betreuung der Kinder in eine Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung zu verlegen. Alle Bemühungen unseres Komitees, das Spital am derzeitigen Standort zu erhalten, sind also letztlich gescheitert. Hier die Chronologie der Ereignisse, die Fakten und die notwendigen Konsequenzen für das Komitee im Detail:
Erste Bestrebungen zur Schließung bzw. Verlegung des Spitals sind bereits vor mehr als zehn Jahren bekanntgeworden. Dies hat zur Gründung des Komitees zur Förderung des Mautner Markhof´schen Kinderspitals geführt, das in den folgenden Jahren zahlreiche Initiativen zur Spitalserhaltung gesetzt hat; von Petitionen und Verhandlungen mit Politikern auf allen Ebenen über das Einsetzen eines Kurators zur Wahrung der Bürgerinteressen, über Benefizveranstaltungen und Spendenaktionen bis zur entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit. Eine Zeitlang schien es, als ob unsere Bemühungen zum Erfolg führen sollten. Nicht nur, daß maßgebliche Politiker – wie etwa Gesundheitsstadtrat Dr. Sepp Rieder – sich im Meinungswandel für die Spitalserhaltung ausgesprochen haben, sondern auch offizielle Akte der Stadt deuteten daraufhin. So hat der Wiener Gemeinderat 1994 einen Beschluß zur Fortführung des Spitals und zu dessen Umstrukturierung gefaßt. Demnach übersiedelte die kinderchirurgische Abteilung in das neu eröffnete SMZO-Donauspital, und das Mautner Markhof’sche Kinderspital erhielt mit dem Institut für Physikalische Medizin und der Rehabilitation von Kindern einen neuen Schwerpunkt. Daneben wurde die regionale Akutversorgung mit dem stationären und ambulanten Angebot an internen und chirurgischen Leistungen fortgeführt. Von 1995 an sollte das Kinderspital in einem 5-Jahres-Plan umgestaltet und modernisiert werden. Noch im März 1997 wurde mit Landesgesetzblatt für Wien unter anderem der Österreichische Krankenanstaltenplan mit Zielplanung bis 2005 verlautbart, der auch das Mautner Markhof’sche Kinderspital enthält. Dennoch mußten wir im Laufe des Jahres 1997 erkennen, daß die Stadtverwaltung in der Praxis keine Initiativen zur Modernisierung des Mautner Markhof’schen Kinderspitals setzte. Die – auf rund 300 Millionen Schilling geschätzten – Investitionskosten wurden zwar publikumswirksam angekündigt, aber nicht einmal ansatzweise bereitgestellt. Mit generellen Umstrukturierungen im Spitalsbereich und der Abdeckung hoher Abgänge mancher Ordensspitäler hatte die Stadt offensichtlich andere (gesundheits-)politische Sorgen und Prioritäten. Die Anzeichen für die Schließung des Mautner Markhof’schen Kinderspitals verdichteten sich.
Unser Komitee hat daher in der Vollversammlung vom Oktober 1997 beschlossen, seine Aktivitäten bis zur endgültigen Klärung der Situation einzufrieren. Ein persönliches Gespräch von mir mit Bürgermeister Dr. Häupl im Dezember hat zwar die Vermutung der beabsichtigten Schließung bekräftigt, jedoch kein definitives Ergebnis gezeigt. Im Jänner 1998 mußten wir dann aus Zeitungsmeldungen entnehmen, daß das Mautner Markhof’sche Kinderspital noch im Laufe des Jahres geschlossen werden soll, und auch, daß dieser Schritt mit Zustimmung der Familie Mautner Markhof erfolge. Im Namen der Familie habe ich die unrichtige Behauptung über unsere angebliche Zustimmung sofort in der Öffentlichkeit korrigiert. Das Medienecho war entsprechend groß. Wie wir nun erfahren haben, plante die Stadtverwaltung, der neuen Kinderabteilung in der Rudolfstiftung den Namen „Mautner Markhof“ zu geben. Da die Familie und das Komitee stets für die Erhaltung des gesamten Spitals am derzeitigen Standort eingetreten sind, habe ich mich in Schreiben an Bürgermeister Dr. Häupl und Stadtrat Dr. Rieder entschieden gegen die Namensgebung lediglich einer Abteilung ausgesprochen. Es ist dies wohl ein logischer Schritt, der unsere konsequente Haltung ausdrückt. Denn mit der unvermeidbaren Schließung des Mautner Markhof’schen Kinderspitals endet nicht nur die 125-jährige erfolgreiche Geschichte des ersten(!) Kinderspitals in Wien, sondern auch der eigentliche Zweck der seinerzeitigen Stiftung unseres Vorfahren Adolf lgnaz und seiner Familie. Zu klären wird nun die weitere Existenz beziehungsweise Funktion unseres Komitees sein. Bis dato ist die künftige Zweckwidmung des Mautner Markhof´schen Kinderspitals noch unbekannt. Man hört allerdings, dass für Grund und Gebäude in der Baumgasse gemeinnützige Projekte für die Betreuung von Kindern überlegt werden, die für das Komitee unter Umständen förderungswürdig sein könnten. Ich habe daher Bürgermeister Dr. Häupl und Stadtrat Dr. Rieder um rasche Entscheidung gebeten. Nach vorliegender Entscheidung – jedenfalls aber noch in diesem Jahr – sollte in einer statutenkonformen Versammlung des Komitees die weitere Vorgangsweise beraten und beschlossen werden, wobei sowohl die Auflösung des Vereins als auch eine – den neuen Gegebenheiten angepaßte – Weiterführung des sozialen Engagements möglich wären.
Ich habe aber immer noch die Hoffnung, daß es gelingen wird, Projekte zu realisieren, welche die Liegenschaft und das Gebäude in einer Art nützen, die dem Willen der Stifter zumindest sehr nahekommt: nämlich die Verwendung dieses Hauses zum Wohle der Kinder!
Euer Marcus Mautner Markhof
Verfasst von Dr. Marcus Mautner Markhof