Gustav I.

Gustav Dietrich August Johannes von Reininghaus / 25.5.1851 – 27.5.1883

Als erstes Kind von Johann Peter und Therese von Reininghaus wurde er in Breslau geboren. 1880 heiratete er Maria Eisl und bekam mit ihr die Kinder Emilie (*1881) und Gustav II. (*1883), wobei er die Geburt seines Sohnes nicht mehr miterleben durfte. Er war mit großer Sorgfalt und umfassenden Kenntnissen zum künftigen Leiter des Unternehmens herangebildet worden und für seine Eltern der geistige Erbe des Lebenswerkes gewesen. Mit seinem Tod stürzte für beide der Hauptpfeiler, der die Brücke stützte, die in die Zukunft führen sollte, ein.

Gustavs erstgeborenes Kind Emilie nahm mit Georg II. Anton Mautner von Markhof im Jahr 1900 einen Cousin ihres Vaters zum Mann. Bekannt unter „Emy“ bewirtschaftete Sie den Familiensitz Gaaden und ging als eine der respektabelsten Frauen in die Mautner´sche Geschichte ein.


Mein lieber Enkel

Ich danke dir für die Freude, welche du uns allen durch die gute Nachricht in deinem lieben Briefchen gemacht hast. Du hast durch deinen Fleiß dir selbst den schönen Lohn des erworbenen Wissens verschafft und deinen lieben guten Eltern ihre ununterbrochene Sorgfalt und Liebe am besten gedankt. Fahre fort in diesem gottgefälligen Streben und sei stets bemüht, die Freude deiner lieben Eltern und Großeltern zu werden.
Gott segne dich
Dein Großvater

Wien am 25/2 63

Testament Gustav I. von Reininghaus, verfasst in Steinfeld am 17.02.1883; Transkription von Ulrike Reininghaus

Mein Testament.
Für ein so wichtiges Schriftstück wie dieses wären gründliche Vorarbeiten, vor allem genaue Vermögensinventur, viel Überlegung und Besprechung mit einem erfahrenen Manne dringen nötig gewesen.

Ich war aber in letzter Zeit so wenig fähig, konzentriert zu arbeiten, dass ich die Stunden, wo es mir nicht zu miserabel war, fürs Geschäft verwenden musste und bitte jedenfalls aus dieser flüchtigen Arbeit keinen Schluss auf meine sonstigen Arbeiten zu ziehen. Habe ich auch, seitdem meine Krankheit meine Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt hat, in oft nur 2 Stunden so viel getan, so habe ich mich doch dessen, was ich arbeitete, immer mit der ganzen mir zur Gebote stehenden Kraft wahrgenommen, und mir immer die notwendigsten und auch am wenigsten angenehmen Arbeiten herausgesucht.

Mein Vermögen setzt sich so zusammen:

Guthaben von SteinfeldFl [Anm. Gulden]80000,
„ „ Papa8800,
in d. steyr. Escomptobank27000,
Sparkassenbüchel (samt?)12000,
Deutsche Papiere48000,
Centralbahnprioritäten9000,

Die Wohnungseinrichtung, Bilder, Schmuck, sowie fünf Pferde, die ich gezahlt habe, führe ich nicht besonders an.

Sollte dieses Testament in Wirksamkeit treten, ich also bald sterben, so möchte ich nicht, dass dieses Schriftstück einen unangenehmen Eindruck hinterlasse, der entstünde, wenn ich mich selbst loben würde. Auch bin ich weit entfernt davon, und behaupte, nur von der mir durch Geschick angewiesenen Stelle, am Werke meines Patens weiter zu arbeiten, ein unverschämtes Glück gehabt zu haben, wobei ich mir – ihr werdet das alle gewiss verzeihen – still dazu denke: „Ein wenig ist man seines Glückes Schmied.“

Der teure Papa wird es mir sicherlich verzeihen, wenn ich hier offen sage, dass unser Verhältnis manchmal nur deshalb getrübt war, weil ich meine Überzeugung nie verleugnen konnte, und daher ihm manchmal mit meinen Ansichten entgegengetreten bin, wenn alle anderen seiner Umgebung – auch wenn sie nicht derselben Meinung mit ihm waren, ihm beipflichteten, bloß um nicht widersprechen zu müssen.

Mögen meine Ansichten und Verfügungen auch oft falsch gewesen sein, so hatte ich doch nie, auch nur eine Sekunde einen egoistischen Gedanken. Mit meiner Stellung bin ich zufrieden und glücklich, und würde, wenn ich weiterlebe, nie mehr verlangt haben. Bin ich aber gestorben, so muss endgültige Ordnung geschaffen werden, weshalb ich einige Ansprüche mache und begründe.

Während meine Schwestern mit 20 Jahren ihre Mitgift erhielten, bekam ich erst das Kapital mit 27 Jahren. Eine 5 %-ige Beteiligung am Geschäfte fing mit 26 Jahren an. Bis dahin hatte ich jährlich soviel als ich ausgab, was wohl im Jahr mit vielen Geschäftsreisen f. 6000 machte, eines aber nur 1800, im Durchschnitt etwas über 3000.

Wenn ich das als Gehalt verdient habe, so blieben die 6000 f, welche meine Schwestern jährl. bekamen, durch 6 Jahre für mich, das sind 36000; wenn ich außerdem glaube, dass das heutige Familienvermögen gestattet, jedem Kinde noch 100000 zu geben, und ich um ein Geschenk für meine Leistungen im Geschäfte – um eine Abfertigung – falls ich wirklich fertig gelebt hätte – von f. 60000 bitte, so werden das die lieben Eltern und Geschwister nicht ungerecht finden.

Dann beliefe sich mein Vermögen auf

f 188800

36000Summe 384.800 f.
100000
60000

2)
Von diesem Vermögen sollen circa f 200000 in deutschen Papieren, f 10000 in italien. Renta, f 50000 in englischen, f 35000 in amerikanischen Papieren angelegt werden.

Jährliche 5000 f setze ich meiner Frau aus. Das Sparkassenbuch gehört natürlich ihr und ist dieser Betrag oben in Abzug zu bringen.
Diese f 5000 – aus dem Erträgnisse der ausländischen Papiere, – bekommt meine Frau zeitlebens. Der Erziehungsbeitrag wird, wie üblich, vom Vormunde bestimmt.
Dich, teuerster Moriz [Anm.: Moriz Piffl, Schwager, Ehemann von Schwester Ludovika „Luise“], du verzeihst die Mühe, die ich dir mache, – bitte ich Vormund zu sein.

Der Teil des Vermögens, aus dem der jährliche Bezug meiner Frau kommt, bleibt während ihres Lebens unberührt. Die Kinder erhalten den Rest. Ich bitte, sie um Gotteswillen so zu erziehen, dass sie nie darauf rechnen Geld zu bekommen.

Ich bin zu müde weiter zu schreiben, überlasse es daher diesen rein geschäftlichen Auseinandersetzungen alles das hinzuzufügen, was ich am Herzen habe.

Wenn mein zweites Kind ein Bub ist [Anm.: Gustav II. wurde 5 Wochen nach dem Tod seines Vaters geboren], so soll er fleißig studieren, nie erfahren, dass er Geld
bekommt, dann auf ein paar Jahre in die Lehre auf ein deutsches Gut, und sich in Deutschland dann klein ankaufen und Landwirt sein. Dies mein Rat.

Ich mache noch darauf aufmerksam, dass durch den schlechten Betrieb in Puntigam ein Zusammenkaufen der steyr. Brauereien und Amalgamierung mit Liesing vielleicht möglich wären, und dadurch für eine Aktiengesellschaft wirklich eine Art Monopol geschaffen würde für Steyermark und den Süden.
Auf Österreich nur nicht bauen. Sondern dann mit dem Gelde ins Ausland. Hansi kommt mir viel zu bequem vor und Carl würde das Geschäft ruinieren.

Dir, liebster Moriz, überlasse ich es, diesen oberflächlichen Wisch nach Tunlichkeit zu verwenden. Tausend Dank, Grüße an alle.
Gustav Reininghaus

Mizi, Mizi [Anm.: Ehefrau Maria „Mizi“], mein Engerl, mein Alles, wie gerne habe ich dich, wie liebe ich meine Eltern, den lieben Onkel, den bravsten Eduard, euch liebe Geschwister alle, alle. Und mein Mäderl [Anm: Tochter Emilie]. Wo gibt es ein gleiches?

Da dieses Testament nicht die Handschrift von Gustav I. von Reininghaus trägt, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit die von seinem Schwager (und Familienanwalt) Moriz Piffl – bleibt die Frage bestehen, ob oder wo das Original existiert hat. Dies ist insofern von Bedeutung, als es die entscheidende Anweisung enthält, dass sein zweites Kind („wenn es ein Bub ist“), später nach Deutschland umsiedeln solle. Aufgrund des fehlenden Originals entstand in der Familie die Diskussion, ob das Testament echt sei oder der Auswanderungswunsch vielleicht sogar lanciert worden war. Denn bestimmte Familienmitglieder sollen damals dagegen gewesen sein, dass sein Sohn Gustav II., als der eigentlich legitime Nachfolger, die Firmengeschäfte übernehme und es deshalb begrüßt haben, dass mit dessen Umsiedelung nach Deutschland für andere der Weg an die Betriebsspitze frei wurde. Die meisten glaubten allerdings dem hier vorliegenden Testament und meinten, Gustav I. wollte seinen zukünftigen Sohn vielleicht absichtlich aus eventuell entstehenden Familienkonflikten heraushalten. Ein weiterer möglicher Grund für diesen Auswanderungswunsch wäre der nostalgische Hang seines Vaters Johann Peter (zu dem er als erstgeborener Sohn ein großes Naheverhältnis pflegte) zu dessen ursprünglicher Heimat. Und, dass auch Gustav I. dem damals seiner Meinung nach industriell und politisch weiter entwickelten Deutschland für eine berufliche Karriere den Vorzug gab.

Anweisungen von Gustav I. von Reininghaus, 4 Tage vor seinem Tod seinem Schwager Eduard Keil von Bündten diktiert; Transkription von Ulrike Reininghaus

28.05.1883

Auf ausdrückliches Verlangen Gustavs bringe ich seine letzten Wünsche zu Papier, mit dem ausdrücklichen Bemerken von ihm, dass er bei vollem Bewusstsein und gewiss nicht im Fieber zu mir spreche.

1. Soll ich es gewiss verhindern, dass Karl Reininghaus [Anm.: Carl, erster Sohn von Julius Reininghaus] nicht ins Geschäft eintrete, denn besser der erste Zwist als einer durchs ganze Leben, der doch endlich mit einem Letzten enden wird. – Karls Hauptfehler ist: nicht mit Untergebenen verstehen zu können.

2. Es gibt Leute im Geschäft, die demselben unter jeder Bedingung erhalten bleiben müssen. – Außerdem ist Karl unverträglich und könnte er es sich kaum denken, dass jemand mit ihm zusammen längere Zeit arbeiten würde.

Hansi [Anm.: Johann Dietrich „Hans“ v. Reininghaus, jüngster Bruder von Gustav] soll unter jeder Bedingung eine gute Fachschule besuchen und dann die Leitung des Geschäftes übernehmen, vorläufig bittet er seinen lieben Papa, so schwer ihm der Gedanke fällt, die Hauptgeschäfte wieder auf sich zu nehmen, und soll ich [Anm.: Eduard Keil v. Bündten] ihm mit meiner Kraft getraulich zur Seite stehen.

Auch wegen des Ankaufs der Puntigamer Brauerei wollte er mir etwas mitteilen, doch wurde er zu schwach, bat mich, ihn jetzt ruhen zu lassen, er werde mich später wieder rufen.

Am Dienstag gegen 5 Uhr wurde ich wieder geholt, und meinte er, dass es meine größte Pflicht wär, den Mörtel und Dejak dem Geschäfte zu erhalten, um beiden stets in Freundschaft entgegenzukommen, denn es wäre leicht möglich, dass diese beiden Puntigam kaufen.

Ich [Anm.: Eduard] möge mich bereit halten um nach Steinfeld zu ziehen, denn allein könnte man Steinfeld nicht lassen.

Auf Mizi [Anm.: Ehefrau Maria] und seine beiden Kinder möge ich recht achtgeben und den [Anm.: Name nicht leserlich] und Julius herbeiziehen, denn auf diese beiden Männer habe er das größte Vertrauen.
Mizi soll die beiden Braunen behalten, wollte sie dieselben verkaufen so, soll ich sie für Emma [Anm.: Emilie „Emma“, Schwester von Gustav und Ehefrau von Eduard Keil v. Bündten] übernehmen, die daran stets eine große Freude hatte.

Durch Dr. Hofer ließ er mir sagen, dass ich die Schimmel an Scherbaum verkaufen solle, da er am meisten dafür geboten.

Die goldene Uhr, welche Papa ihm geschenkt und welche derselbe schon als Bräutigam getragen, schenke er [Anm.: unleserlich] und möge [Anm.: unleserlich] sie als teures Andenken verstehen an die letzten qualvollen Wochen, welche für ihn kein Ende nehmen wollten.

Der Schartnerin soll ich 100 fl einhändigen für ihre treue ausdauernde Pflege. Auch die anderen Dienstleute sollen nicht unbeschenkt bleiben, und wenn irgend möglich, jedem ein Andenken von ihm übergeben.

Julius, den er herzlichst grüßt, soll Hugo [Anm.: Hugo v. Reininghaus, geb. 1864, erster Bruder von Gustav] für einige Zeit zu sich nehmen und ohne Rücksicht auf die verwandtschaftlichen Verhältnisse, mit Strenge aus ihm einen tüchtigen Landwirten machen.

Für meine liebe Emma [Anm.: Emilie „Emma“ Keil v. Bündten] gab er mir einen langen Kuss.
Sehr schwer fällt es ihm, von seiner lieben, guten Mama zu scheiden, der er dieses große Herzleid antun müsse, und ich soll ihm versprechen, sie von seinem Krankenzimmer fernzuhalten, damit sie ihn weder leiden noch sterben sehe – denn lange werde es gewiss nicht mehr mit ihm andauern.

An jeden Herrn in der Kanzlei und jeden Arbeiter in der Fabrik trug er einen speziellen Gruß auf.

Die Mitteilungen machte er, mein teurer Schwager Gustav, im Laufe des Dienstag, den 22ten und Mittwoch, den 23. Mai.

Eduard Keil

An Julius soll ich das Gewehr absenden, welches er von seiner Mama erhalten und ihm Cecilio ganz dort lassen.

Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.