Kindheit und Jugend von Adolf Ignaz Mautner
Es begann in Smiřice/Böhmen, an der Elbe zwischen Königgrätz und Josefsstadt. Hier stand im 18. Jahrhundert ein ebenerdiges Gebäude, das in seinen beschränkten Räumlichkeiten nicht nur eine Spiritus-Brennerei und den dazugehörigen Verkaufsladen beherbergte, sondern auch einer mit Kindern reich gesegneten Familie Unterkunft gewähren musste. Leicht war es damals nicht und es waren bescheidene Verhältnisse unter denen Adolf Ignaz Mautner am 26. Dezember 1801 das Licht der Welt erblickte.
Sein Vater war Pächter der Brennerei, Ökonomie und eines Kaufladens des dortigen Großgrundbesitzers. Seine Mutter, eine geborene Winternitz, stand täglich um halb zwei Uhr morgens auf, um das Frühstück für die Viehmelker zu kochen. Während der Vater sich redlich mühte den Unterhalt für seine große Familie zu erwerben, war es die Mutter, welcher nicht nur die ganze Sorge für den Haushalt, sondern auch für die Erziehung der zahlreichen Kinder oblag. „Denn sie ging ihnen, nicht bloß ein leuchtendes Muster selbstlosester Pflichterfüllung mit gutem Beispiel voran, sie war auch stets beflissen mit strengster Disziplin den Charakter derselben zu bilden, so wie auch mit einer, vor keinen Aufgaben zurückschreckenden Selbstaufopferung, deren Wissen so weit als tunlich zu vermehren. Wohl konnte die Summe dieses Wissens bei den damaligen Zeitverhältnissen im Allgemeinen, und bei denen eines von jedem Verkehr abseits gelegenen böhmischen Landstädtchens insbesondere, keine nennenswerte sein, aber was mehr als das Wissen selbst bedeutete, der Drang nach Wissen, das Streben nach Klarheit und Gründlichkeit wurde der Seele des Kindes eingepflanzt. Und so sehen wir den jungen Adolf Ignaz schon im zarten Kindesalter eifrig bestrebt, sich nach jeder Richtung hin Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben.“1 Dass Adolf Ignaz bereits als Knabe einen durchdringenden Verstand mit schneller Kombinationsgabe verband, beweist der Umstand, dass er sich schon im zarten Alter von neun Jahren zum Schachspieler herausgebildet hatte, der den Lehrer, welcher ihm den ersten Unterricht gegeben hatte, nicht selten „matt“ zu setzen vermochte.
„Sein Streben, Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, äußerte sich vorerst darin, sich in allen Fertigkeiten, der in der kleinen Stadt Smiric vertretenen Handwerker (Schlosser, Schmied, Tischler, Drechsler, Uhrmacher) zu üben, sodass er später nicht nur fähig war die Leistungen der einzelnen Handwerker zu beurteilen, sondern auch mitunter ratend oder selbst Hand anlegend, zur Seite sehen konnte.“ 1 Dieses Streben zeigte sich auch darin, dass er für praktische Aufgaben auch immer nach praktischen Lösungen suchte und bei jeder Gelegenheit danach trachtete der Sache auf den Grund zu kommen. Diese Fähigkeit erlaubte es ihm ungeahnte Erfolge auch dort zu erzielen, wo mancher andere kaum einen Versuch gewagt hätte. „Schon beim Knaben gesellte sich zu dem Drang nach Wissen auch ein unerschütterliches Pflichtgefühl, gepaart mit eisernem Willen, sowie das Bestreben jedem nach Kräften hilfreich zu sein.“ 1 Eine Begebenheit zeigt, dass er vor keiner Schwierigkeit zurückschreckte, wenn es galt das umzusetzen, was er für richtig erkannt hatte: In Smiric war eine Rinderseuche ausgebrochen und eine größere Anzahl Rinder, die seinen Eltern gehörte, sollte entweder getötet oder in eine durch mehrere Wochen andauernde strenge Quarantäne gesetzt werden. Da sich niemand zu deren Pflege bereit erklären wollte und die Quarantäne zu beziehen, um sich in Isolation durch Wochen hindurch einzig und allein der Pflege der Tiere zu widmen, übernahm Adolf Ignaz diese Aufgabe. So rettete er nicht nur den Tieren das Leben, sondern auch seinen Eltern eine beträchtliche Summe, die sonst verloren gegangen wäre. Dass Adolf Ignaz, wo es galt zwischen seinem eigenen und dem Vorteil eines anderen die Wahl zu treffen, erst in zweiter Linie an sich selbst dachte, beschreibt auch eine weitere charakteristische Episode aus seiner Jugendzeit: „Eine kleine Fabrik war zu pachten, und mit dem Pachtvertrag in der Tasche machte er sich auf den Weg dieselbe zu übernehmen. An Ort und Stelle angelangt, traf er auf den bisherigen Pächter, der durch die Auflassung des Vertrages mit Weib und Kindern an den Bettelstab gebracht worden war. Als Adolf Ignaz dann auch die Verhältnisse näher kennengelernt hatte und zur Erkenntnis gekommen war, dass sein Pachtantritt für jenen die Vernichtung der Existenz bedeutete, zerriss er den Pachtvertrag und trat von dem Geschäft zurück.“ 1 Er war damals auf eine Pottasche Siederei gestoßen, die nicht rentabel war und wie er hörte, demnächst außer Betrieb kommen sollte. Er sah sich die Sache genauer an und meldete dem Besitzer seinen profitablen Plan. Die Ausführung wurde ihm sodann übertragen und die Sache bewährte sich glänzend. Doch es fiel ihm schwer ums Herz, als er merkte, dass der bisherige Verwalter entlassen werden sollte. Rasch entschlossen ging er zum Besitzer, versprach ihm den alten Verwalter bestens einzuführen, und bat um seine eigene Entlassung.
Wenn es galt eine Sache zu untersuchen, so ließ Adolf Ignaz auch niemals das „Nebensächliche“ außer Acht, denn hatte seine Erfahrung ihn bereits belehrt, dass gerade das, was oft als nebensächlich betrachtet wurde häufig das Ausschlaggebende war. Dieser Gründlichkeit und seinem Scharfblick verdankte er auch seine späteren Erfolge.
Sein kranker Vater, den er rührend gepflegt und betreut hatte, stirbt mit 68 Jahren, am 14. April 1830. „Er hatte stets mittags und abends ein Glas Bier getrunken und sich wohl befunden, bis ihm der Doktor die kleine Lebensfreude untersagte, was auch den raschen Verfall der Kräfte zur Folge hatte.“ 2 So übernahm Adolf Ignaz Brennerei und Kaufladen und in späterer Folge auch eine Brauereipachtung. Arbeit und Sorgen gab es genug, auch war zu wenig Geld im Betrieb vorhanden. Ein Onkel gewährte finanzielle Unterstützung, ein anderer verweigerte die Einschulung zum Bierbrauer. So musste sich Adolf Ignaz dieses Wissen empirisch erwerben. „Trotzdem war das Bier bald das beste in der ganzen Umgebung, es bekam einen solch´ guten Ruf, dass die Abnehmer auf eine Zustellung verzichteten und es selbst aus dem Brauhaus holten, um nur ja eines zu bekommen und auch schließlich einen Überpreis von zwei Gulden bezahlten.“ 2 Damals wurde der Grundstein zum Familienvermögen gelegt.
Ein erfolgreicher Brauer namens Nowotny bat eines Tages seinem Bruder den Pachtvertrag für einen wirtschaftlich sehr unrentablen Standpunkt an. Als Adolf Ignaz das Objekt gemeinsam mit Eigentümer und Bruder Eduard (später umbenannt in Eduard Malburg) besichtigte, tat er schon kurz darauf den Ausspruch, dass unter den vorherrschenden Verhältnissen eine gute Leistung ganz unmöglich sei. Erstaunt und ungläubig wollte der Eigentümer wissen, wie Adolf Ignaz dies nach einer oberflächlichen Besichtigung mit einer solchen Sicherheit behaupten könnte, während erfahrene Brauer selbst nach eingehender Untersuchung ratlos geblieben waren. Als er daraufhin Herrn Nowotny auf einen wesentlichen, in der baulichen Anlage liegenden Fehler hinwies, welcher die Herstellung eines guten Bieres unmöglich machte, imponierte diesem das in einer solchen Weise, dass er dem noch jungen Mann spontan den Vorschlag machte, mit ihm gemeinsam eine Brauerei in Ungarn zu errichten. In Folge begab sich Adolf Ignaz nach Pest. Zum Bau der geplanten Brauerei kam es aufgrund zu großer gesetzlicher Hindernisse nicht, aber bei seiner Durchreise durch Wien erfuhr er, dass die Maut über die damalige Taborbrücke zu vergeben sei. Er beteiligte sich an der Versteigerung und erstand sie. Obwohl er die gepachtete Maut nicht selbst verwaltete, so war ab diesem Zeitpunkt doch die Veranlassung gegeben, mit Wien in Kontakt zu bleiben. „Er befreundete sich immer mehr mit dem Gedanken, für immer nach Wien zu ziehen.“ 1
1 Maria Waechter, „Fleiß und Wille“ / 2 Theodor I. Mautner Markhof, „So war´s“