Erzählungen über ein Familienmitglied
Folgende Geschichte hörte ich von einer Antiquitätenhändlerin, die mit der Hauptperson der Erzählung Kontakt pflegte. Besagte „Adele“ übergab dem Antiquitätengeschäft Briefe von meinen Vorfahren sowie Familienfotos. Alle diese Unterlagen befinden sich nun in meinem Besitz. Der Bezug zum Heute ergibt sich durch die interessante Verwendung des Würzmittels Senf. Die Firma Mautner Markhof ist ja bekanntlich mit ihren diversen köstlichen Senfsorten eindeutiger Marktführer in Österreich.
Als eher missglücktes Produkt einer aus Vernunftgründen geschlossenen Verwandtenehe verlebte Adele eine dem Reichtum der Eltern entsprechende kühle Jugend, die ihren Anlagen durchaus entsprach. Die Eltern sah sie kaum, Erzieherinnen und Personal gehorchten ihr. Da ihre hervorstechenden Eigenschaften Trägheit, Eitelkeit und Bosheit waren, bot sie wenig Platz für Emotionen. Als sie ein Kind war, war es gerade noch ein Stoffaffe, der Gnade vor ihren Augen fand und vom Personal gegen ihren Willen verhüllt mit in die Sonntagsmesse kommen musste. So gelang es ihr einmal während der heiligen Stimmung der Wandlung, ihn auf die Stelle im Bauch zu drücken, wo dies ein laut plärrendes, quietschendes Geräusch verursachte. Die empörten Blicke, die genoss sie, es war fast ein Triumph. Aus der Sicherheit des umzäunten Parks heraus Kindern, Hunden und Vögeln Steine nachzuwerfen, später mit Kapselrevolvern durch Schüsse zu erschrecken, dem Personal durch gespielte Ohnmachtsanfälle Angst einzujagen, das gehörte zu ihren großen Freuden. Sie wurde zu einem gefürchteten kleinen Monster. Im Salon bei Tisch nicht oft zugelassen, da benahm sie sich jedoch. Um dann aber doch Aufmerksamkeit zu erregen, verlangte sie zu jeder Speise Senf, und wenn sie dann auf Torten, Cremen oder Schlagobers ihre Senfkringel platzierte und auch aß, steigerten sich die bereits bekannten Ansichten über diesen verwöhnten Fratz mit der nicht unbegründeten Meinung, dass sie wohl nicht ganz bei Verstand sei. Als sie größer geworden war, gaben einander Gouvernanten und Hauslehrer die Türklinke in die Hand. Kaum einer blieb länger als zwei bis drei Monate. Was man bei dem Kind – dank des guten Salärs – noch zähneknirschend akzeptierte, jetzt wuchs mit ihrem hübschen Körper und der gut entwickelten Intelligenz auch das Raffinement ihrer Aktionen. Einmal meldete sich ein eher großer bäuerlich wirkender Theologiestudent, der sich in den Ferien als Hauslehrer etwas verdienen wollte. Man hoffte und nahm an, dass er vielleicht mit Güte und Nachsicht dieses ungebärdige Wesen zur Räson bringen könnte. Als sie ihm aber während einer Lateinstunde eine Tube Senf ins Gesicht drückte, da wischte er die Bescherung ab und gab ihr zwei kräftige, senftriefende Ohrfeigen, und – es passierte nichts – sie ging wortlos hinaus. Als ob nie etwas geschehen wäre, wurden die künftigen Stunden abgewickelt. Nur, sie begann charmant zu werden, war jedoch selbst erstaunt über diese ihr bisher unbekannte Facette, vor allem aber über die Wirkung. Der „Bauernlackl „, wie sie ihn nannte, wurde handzahm, verliebt über beide Ohren, und, um ihre Neugier zu stillen, endete diese merkwürdige Verbindung im Bett. Offenbarung war es für sie keine, ihn aber brachte diese Affaire dem Selbstmord nahe. Da er aber ins Seminar zurückging, sie zur Vollendung ihrer damenhaften Ausbildung in ein vornehmes Pensionat kam, war diese Episode beendet. Etwas Neues kam in ihr Leben – Schmuck. Großmama war gestorben, sie war die einzige Erbin, und sie bekam einiges an Juwelen, viel zu früh, gleich in die Hand. Als sie es sich wie gewohnt nicht nehmen ließ, behängt wie ein Zirkuspferd zum Frühstück zu erscheinen, in einem Internat, das noch für alle die gleiche einfache Kleidung vorschrieb, schickte man sie quasi dankend an die Eltern zurück. Was nun tun mit ihr? Achtzehn Jahre alt war sie nun, nicht schön, aber sie hatte neben der guten Gestalt ein interessantes Gesicht. Dazu sehr viel Geld aus Großmamas Erbe, und sie tat wie immer, was sie wollte. Ihre Lieblingsbeschäftigung war nach wie vor, ihre Umgebung zu schockieren. Bald kam die beste Gelegenheit dazu. Bei einem Empfang in einer Botschaft lernte sie einen jungen chinesischen Konsulatsbeamten kennen, der ihr verfiel. Weiß und farbig war damals noch ein absolutes gesellschaftliches Tabu. Das war etwas für sie, und weg von zuhause, weit weg, das wollte sie. Und es gelang ihr auch, denn auch ihren Eltern war das Weit-Weg sehr angenehm. Sie ging mit ihm nach Asien, trennte sich aber sehr bald von ihm. Und lebte ein sehr freies Leben, das ihr, neben der Begeisterung für alte chinesische Trachten, bestickte Seidengewänder, auch Männer, viele Männer zum Spielzeug bescherte. Einen Engländer, so verrückt wie sie, heiratete sie. Er war Juwelenhändler, und sie liebte Schmuck über alles. Das Wühlen in den bunten, aber echten Steinen war ihr Befriedigung, mehr allerdings noch der Besitz. Sie hatte schon seit ihrer Jugend viel bekommen, und da kam noch manch besonders schöner Stein dazu. Sonst aber, so wie andere Briefmarken, Münzen oder Bierdeckel sammeln, sie sammelte ihre geliebte Speisenzutat- Senf: süßen, sauren, scharfen, roten, grünen, gelben, in Tiegeln, Töpfen, Tuben. Es wurde zur Manie. Zu jeder Mahlzeit gab es lange Überlegungen, welcher Senf zu welcher Speise, immer noch auch auf Mehlspeisen, passte. Gäste schauderten schon bei dem Gedanken an Schokolademousse mit Curry Senf garniert. Immerhin sie verzehrte es alleine – und bald war sie auch sonst alleine. Ihr Mann starb, auch da hielten sich ihre Emotionen in Grenzen. Und was sonst an Bekannten herum war – eine alternde Frau, deren Absonderlichkeiten man zur Genüge kannte, war nicht mehr besonders interessant. Sie ging zurück in ihre Vaterstadt und wurde – um Geld hatte sie sich nie gekümmert, es immer nur ausgegeben – von der Mitteilung der Bankdirektion peinlich überrascht, dass auch das elterliche Vermögen fast aufgebraucht sei. Im großen Stil also, vor allem mit Dienstboten, konnte sie nicht mehr leben. Den Rat, Schmuck zu verkaufen, lehnte sie kategorisch ab. Lieber ein bescheideneres Leben. So nahm sie eine einfache 3-Zimmer-Wolmung, Salon, Schlafzimmer und – Senfzimmer. Das war wirklich lustig anzusehen, denn was es an Gebinden aus der ganzen Welt des Senfes gab, sie hatte es. Sie begann zu verschlampen. War es immer noch der Wunsch, zu schockieren, war es einfach Gleichgültigkeit, wenn sie total unfrisiert unter dem Nerzabendmantel im verschmuddelten Nachthemd in die Stadt fuhr, um einzukaufen? Wurde sie, selten genug, eingeladen – amüsant war sie ja immer noch – allerdings begleitet mit der Bitte, ordentlich angezogen zu kommen, dann tat sie es und kam behängt mit herrlichem Schmuck und einem etwas bejahrten Dior-Kleid, vergaß aber, Schuhe anzuziehen, und kam in Hauspatschen. Mit der entfernten Verwandtschaft verband sie nichts, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte. Ihr war der Gedanke – nahe Angehörige hatte sie ja nicht -, dass diese automatisch ihre Erben würden, unerträglich. Schon gar als sie hörte, dass sie von ihnen die „chinesische Senftant´“ genannt wurde. So sann sie auf Rache. Diese kam schneller, als sie dachte. Erst aber traf es sie selbst: Sie wollte plötzlich, nach 50 Jahren, wieder Motorrad fahren. Einer Betonwand, gegen die sie fuhr, war sogar dieser Kopf nicht gewachsen. Ein ordnungsgemäßes Testament zugunsten von Neffen und Nichten war vorhanden, in dem sie bat, ihr kleines Senfmuseum, wie sie es nannte, zu erhalten. Die Erben fanden alles, chinesische Prachtgewänder, Pelzmäntel, reichlich ramponierte Kleider der europäischen Couturiers. Schlamperei, auch beginnender Schmutz, wo man hinsah, und den unangenehmen, säuerlichen Geruch teils ausgeronnenen Senfs, jedoch nichts von den akribisch aufgelisteten, kostbarsten Schmuckstücken. Wut und Verbitterung waren groß. Als erstes flogen alle Senfbehälter in den Müll. Mit ihnen all der wertvolle Schmuck, den sie darin versteckt hatte. Der letzte Bosheitsakt eines wohl unglücklichen Lebens war gelungen. Nein, noch etwas hinterließ sie – dem Staat: Uneinbringliche vier Millionen Schilling Steuerschulden. DAS nun bescherte ihr von so manchem ein amüsiertes Gedenken.
Verfasst von Gerty Faschingbauer-Philippovich
Die „chinesische Senftant´“
/in Reininghaus/Linie 5 /von Gerty Faschingbauer-PhilippovichErzählungen über ein Familienmitglied
Folgende Geschichte hörte ich von einer Antiquitätenhändlerin, die mit der Hauptperson der Erzählung Kontakt pflegte. Besagte „Adele“ übergab dem Antiquitätengeschäft Briefe von meinen Vorfahren sowie Familienfotos. Alle diese Unterlagen befinden sich nun in meinem Besitz. Der Bezug zum Heute ergibt sich durch die interessante Verwendung des Würzmittels Senf. Die Firma Mautner Markhof ist ja bekanntlich mit ihren diversen köstlichen Senfsorten eindeutiger Marktführer in Österreich.
Als eher missglücktes Produkt einer aus Vernunftgründen geschlossenen Verwandtenehe verlebte Adele eine dem Reichtum der Eltern entsprechende kühle Jugend, die ihren Anlagen durchaus entsprach. Die Eltern sah sie kaum, Erzieherinnen und Personal gehorchten ihr. Da ihre hervorstechenden Eigenschaften Trägheit, Eitelkeit und Bosheit waren, bot sie wenig Platz für Emotionen. Als sie ein Kind war, war es gerade noch ein Stoffaffe, der Gnade vor ihren Augen fand und vom Personal gegen ihren Willen verhüllt mit in die Sonntagsmesse kommen musste. So gelang es ihr einmal während der heiligen Stimmung der Wandlung, ihn auf die Stelle im Bauch zu drücken, wo dies ein laut plärrendes, quietschendes Geräusch verursachte. Die empörten Blicke, die genoss sie, es war fast ein Triumph. Aus der Sicherheit des umzäunten Parks heraus Kindern, Hunden und Vögeln Steine nachzuwerfen, später mit Kapselrevolvern durch Schüsse zu erschrecken, dem Personal durch gespielte Ohnmachtsanfälle Angst einzujagen, das gehörte zu ihren großen Freuden. Sie wurde zu einem gefürchteten kleinen Monster. Im Salon bei Tisch nicht oft zugelassen, da benahm sie sich jedoch. Um dann aber doch Aufmerksamkeit zu erregen, verlangte sie zu jeder Speise Senf, und wenn sie dann auf Torten, Cremen oder Schlagobers ihre Senfkringel platzierte und auch aß, steigerten sich die bereits bekannten Ansichten über diesen verwöhnten Fratz mit der nicht unbegründeten Meinung, dass sie wohl nicht ganz bei Verstand sei. Als sie größer geworden war, gaben einander Gouvernanten und Hauslehrer die Türklinke in die Hand. Kaum einer blieb länger als zwei bis drei Monate. Was man bei dem Kind – dank des guten Salärs – noch zähneknirschend akzeptierte, jetzt wuchs mit ihrem hübschen Körper und der gut entwickelten Intelligenz auch das Raffinement ihrer Aktionen. Einmal meldete sich ein eher großer bäuerlich wirkender Theologiestudent, der sich in den Ferien als Hauslehrer etwas verdienen wollte. Man hoffte und nahm an, dass er vielleicht mit Güte und Nachsicht dieses ungebärdige Wesen zur Räson bringen könnte. Als sie ihm aber während einer Lateinstunde eine Tube Senf ins Gesicht drückte, da wischte er die Bescherung ab und gab ihr zwei kräftige, senftriefende Ohrfeigen, und – es passierte nichts – sie ging wortlos hinaus. Als ob nie etwas geschehen wäre, wurden die künftigen Stunden abgewickelt. Nur, sie begann charmant zu werden, war jedoch selbst erstaunt über diese ihr bisher unbekannte Facette, vor allem aber über die Wirkung. Der „Bauernlackl „, wie sie ihn nannte, wurde handzahm, verliebt über beide Ohren, und, um ihre Neugier zu stillen, endete diese merkwürdige Verbindung im Bett. Offenbarung war es für sie keine, ihn aber brachte diese Affaire dem Selbstmord nahe. Da er aber ins Seminar zurückging, sie zur Vollendung ihrer damenhaften Ausbildung in ein vornehmes Pensionat kam, war diese Episode beendet. Etwas Neues kam in ihr Leben – Schmuck. Großmama war gestorben, sie war die einzige Erbin, und sie bekam einiges an Juwelen, viel zu früh, gleich in die Hand. Als sie es sich wie gewohnt nicht nehmen ließ, behängt wie ein Zirkuspferd zum Frühstück zu erscheinen, in einem Internat, das noch für alle die gleiche einfache Kleidung vorschrieb, schickte man sie quasi dankend an die Eltern zurück. Was nun tun mit ihr? Achtzehn Jahre alt war sie nun, nicht schön, aber sie hatte neben der guten Gestalt ein interessantes Gesicht. Dazu sehr viel Geld aus Großmamas Erbe, und sie tat wie immer, was sie wollte. Ihre Lieblingsbeschäftigung war nach wie vor, ihre Umgebung zu schockieren. Bald kam die beste Gelegenheit dazu. Bei einem Empfang in einer Botschaft lernte sie einen jungen chinesischen Konsulatsbeamten kennen, der ihr verfiel. Weiß und farbig war damals noch ein absolutes gesellschaftliches Tabu. Das war etwas für sie, und weg von zuhause, weit weg, das wollte sie. Und es gelang ihr auch, denn auch ihren Eltern war das Weit-Weg sehr angenehm. Sie ging mit ihm nach Asien, trennte sich aber sehr bald von ihm. Und lebte ein sehr freies Leben, das ihr, neben der Begeisterung für alte chinesische Trachten, bestickte Seidengewänder, auch Männer, viele Männer zum Spielzeug bescherte. Einen Engländer, so verrückt wie sie, heiratete sie. Er war Juwelenhändler, und sie liebte Schmuck über alles. Das Wühlen in den bunten, aber echten Steinen war ihr Befriedigung, mehr allerdings noch der Besitz. Sie hatte schon seit ihrer Jugend viel bekommen, und da kam noch manch besonders schöner Stein dazu. Sonst aber, so wie andere Briefmarken, Münzen oder Bierdeckel sammeln, sie sammelte ihre geliebte Speisenzutat- Senf: süßen, sauren, scharfen, roten, grünen, gelben, in Tiegeln, Töpfen, Tuben. Es wurde zur Manie. Zu jeder Mahlzeit gab es lange Überlegungen, welcher Senf zu welcher Speise, immer noch auch auf Mehlspeisen, passte. Gäste schauderten schon bei dem Gedanken an Schokolademousse mit Curry Senf garniert. Immerhin sie verzehrte es alleine – und bald war sie auch sonst alleine. Ihr Mann starb, auch da hielten sich ihre Emotionen in Grenzen. Und was sonst an Bekannten herum war – eine alternde Frau, deren Absonderlichkeiten man zur Genüge kannte, war nicht mehr besonders interessant. Sie ging zurück in ihre Vaterstadt und wurde – um Geld hatte sie sich nie gekümmert, es immer nur ausgegeben – von der Mitteilung der Bankdirektion peinlich überrascht, dass auch das elterliche Vermögen fast aufgebraucht sei. Im großen Stil also, vor allem mit Dienstboten, konnte sie nicht mehr leben. Den Rat, Schmuck zu verkaufen, lehnte sie kategorisch ab. Lieber ein bescheideneres Leben. So nahm sie eine einfache 3-Zimmer-Wolmung, Salon, Schlafzimmer und – Senfzimmer. Das war wirklich lustig anzusehen, denn was es an Gebinden aus der ganzen Welt des Senfes gab, sie hatte es. Sie begann zu verschlampen. War es immer noch der Wunsch, zu schockieren, war es einfach Gleichgültigkeit, wenn sie total unfrisiert unter dem Nerzabendmantel im verschmuddelten Nachthemd in die Stadt fuhr, um einzukaufen? Wurde sie, selten genug, eingeladen – amüsant war sie ja immer noch – allerdings begleitet mit der Bitte, ordentlich angezogen zu kommen, dann tat sie es und kam behängt mit herrlichem Schmuck und einem etwas bejahrten Dior-Kleid, vergaß aber, Schuhe anzuziehen, und kam in Hauspatschen. Mit der entfernten Verwandtschaft verband sie nichts, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte. Ihr war der Gedanke – nahe Angehörige hatte sie ja nicht -, dass diese automatisch ihre Erben würden, unerträglich. Schon gar als sie hörte, dass sie von ihnen die „chinesische Senftant´“ genannt wurde. So sann sie auf Rache. Diese kam schneller, als sie dachte. Erst aber traf es sie selbst: Sie wollte plötzlich, nach 50 Jahren, wieder Motorrad fahren. Einer Betonwand, gegen die sie fuhr, war sogar dieser Kopf nicht gewachsen. Ein ordnungsgemäßes Testament zugunsten von Neffen und Nichten war vorhanden, in dem sie bat, ihr kleines Senfmuseum, wie sie es nannte, zu erhalten. Die Erben fanden alles, chinesische Prachtgewänder, Pelzmäntel, reichlich ramponierte Kleider der europäischen Couturiers. Schlamperei, auch beginnender Schmutz, wo man hinsah, und den unangenehmen, säuerlichen Geruch teils ausgeronnenen Senfs, jedoch nichts von den akribisch aufgelisteten, kostbarsten Schmuckstücken. Wut und Verbitterung waren groß. Als erstes flogen alle Senfbehälter in den Müll. Mit ihnen all der wertvolle Schmuck, den sie darin versteckt hatte. Der letzte Bosheitsakt eines wohl unglücklichen Lebens war gelungen. Nein, noch etwas hinterließ sie – dem Staat: Uneinbringliche vier Millionen Schilling Steuerschulden. DAS nun bescherte ihr von so manchem ein amüsiertes Gedenken.
Verfasst von Gerty Faschingbauer-Philippovich
Mautner Markhof AG – soziales Engagement
/in Allgemein /von Marcus Mautner MarkhofDie Mautner Markhof AG unterstützte heuer erstmals – auf Initiative von Leopold Frey (5.1.) – mit einem größeren Betrag die Friedensflotte 2000. Dieses Projekt ermöglichte 160 sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen aus Heimen, SOS-Kinderdörfern etc. eine gemeinsame Segeltour in der kroatischen Adria vom 16. bis 23. September 2000. Die Kinder kamen aus Österreich, aber auch aus Albanien, Serbien, Kroatien und Deutschland. Das Projekt wurde vom Verein “Mirno More“ veranstaltet und sollte diesen Kindern einen unbeschwerten Urlaub ermöglichen. Die Reise hatte aber auch das Ziel, dass Freundschaften über ethnische und soziale Grenzen hinweg geschlossen, Vorurteile überwunden werden und Toleranz geübt wird. Die Friedensflotte segelte heuer mit 25 Booten – bis zum Jahr 2010 sollen bereits 100 Segelschiffe unter dem Motto „Mirno More – friedliches Meer“ unterwegs sein. Schon traditionsgemäß unterstützt das Haus Mautner Markhof in Not geratene Kinder und hier insbesondere das SOS-Kinderdorf. Das Projekt ist eine schöne Gelegenheit, einen Beitrag zur Integration Europas seitens Mautner Markhofs zu liefern – nicht nur in wirtschaftlichen Belangen, sondern auch zu unseren sozialen Aktivitäten!
Verfasst von Marcus Mautner Markhof
Dschingis
/in Familienchronik /von Gerty Faschingbauer-PhilippovichFamilienzeitschrift: Zuletzt – Last Word
Anläßlich eines Reporter-Interviews mit einem deutschen Prinzen erklärte dieser unter anderem, auch von Dschingis Khan abzustammen. Auf die erstaunte Reaktion des Reporters bekam er die Antwort: „Auch Sie stammen von ihm und seinen Horden ab, die bis Mitteleuropa gekommen sind. Denn dank Pest, Kriegen und sonstiger früher Sterblichkeit stammen wir alle von sehr wenigen Menschen ab, die alle miteinander irgendwie verwandt waren“.
Nun will ich unseren Ururgroßvater nicht mit Dschingis Khan vergleichen. Wo immer aber auf der Welt – man trifft auf seine Nachkommen. Dieses Wissen verdanken wir Georg J.E. Mautner Markhofs Idee, mit ungeheurem Aufwand das unvergeßliche Mautner Markhof-Treffen im Jahre 1989 zu veranstalten und anschließend die zehn Linien im derzeitigen Bestand so weit wie möglich zu eruieren, in einer geschmackvollen Schrift festzuhalten und mit hochinteressanten historischen Reminiszenzen von Familienmitgliedern zu erweitern.
Zumindest sehr verwandt, wenn auch nicht über unseren Ururgroßvater, sicher aber über Dschingis Khan, ist jedoch Frau Christa Nekolar, die mit liebevollem Einsatz das alles ermöglicht hat. Wer sich in Familienfragen nicht beim lieben Gott erkundigen will, der wende sich an sie. Wir, die Nutznießer all dieser jahrelangen, mühevollen Forschungen, sagen Dank an Georg J.E. Mautner Markhof und Christa Nekolar.
Verfasst von Gerty Faschingbauer-Philippovich
Schauplatz Hoher Ritter-Orden
/in Allgemein /von Hanns Jäger-SunstenauUnveränderter Nachdruck mit sachlichen Erläuterungen. Ein ALMANACH samt KALENDER aus Augsburg 1756 mit 57 durchaus einmaligen, feinen Kupferstichen: 33 Ordensträger und 3 Damen in zeitgenössischer Tracht vor verschiedenem Hintergrund, getrennt die Ordensinsignien an sich samt Devisen und die Wappen der Ordensgroßmeister. Außerdem das Kalendarium von 1756 in interessanter Anordnung mit Tierkreis- und sonstigen Zeichen, dazu vielfache Erläuterungen und Register sowie ein netter Einband ergeben ein Bändchen von etwa 132 Seiten.
Es würde uns freuen, wenn die Familie recht viele Subskriptionen beim Verlag Degener & Co einreichen wollte.
Verfasst von Hanns Jäger-Sunstenau
Heraldisch-Genealogische Gesellschaft „ADLER“
/in Allgemein /von Hanns Jäger-SunstenauDIE GEMEINNÜTZIGE GESELLSCHAFT „ADLER“ IN WIEN, FORSCHUNGSHELFERIN FÜR WISSENSCHAFTLER, STUDIERENDE UND LAIEN.
Als langjähriger Präsident dieser Gesellschaft möchte ich allen Interessierten einen kurzen Einblick geben. Dem versierten Geschichts- und Familienforscher ist die Heraldisch-Genealogische Gesellschaft „Adler“, mit Sitz in Wien, international längst wohlbekannt. Auch im Rahmen des Unterrichts am „Institut für Österreichische Geschichtsforschung“ werden die Kursteilnehmer zum Abschluss der Pflichtvorlesung über Genealogie (Namens- und Sippenforschung), Heraldik (Wappenkunde) und Sphragistik (Siegelkunde) auf die Gesellschaft verwiesen, welche durch ihre große Bibliothek einen hervorragenden Überblick über diese Fächer bietet. Vielen ist jedoch die Existenz, das Wesen und Wirken dieser privaten Vereinigung nach wie vor unbekannt. Eine Darstellung der Geschichte des „Adler“, seines Sinns und Zwecks, soll dem Interessierten nützliche Hinweise geben. Der „Adler“ wurde am 10. Mai 1870 gegründet und ist somit die zweitälteste heraldische Gesellschaft der Welt. Ihre Gründer, Mitglieder und Geldgeber waren hauptsächlich in österreichischen Adelskreisen zu finden, weshalb sich die Gesellschaft in den ersten vier Dezennien vorzugsweise mit Genealogie, Heraldik und Sphragistik des Adels befasste wie auch der ursprüngliche Bibliotheksbestand und die sonstigen Sammlungen zeigen.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie bemühte sich der „Adler“, dem bürgerlichen
Wissenschaftler und Laien seine Dienste anzubieten. Auch das klein gewordene Österreich musste nach wie vor die Quellen seiner Geschichte im Rahmen der ehemaligen Monarchie suchen. Hierfür war der „Adler“ mit seinen intakt gebliebenen privaten Beständen äußerst nützlich.
Zwischen 1938 und 1945, zur Zeit des NS-Regimes, wurde der „Adler“ zwangsweise in „Verein für Sippenforschung“ umbenannt und mit der Erstellung von „Ahnenpässen“ für den Arier-Nachweis beschäftigt.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Gesellschaft „Adler“ mit Erlass des Bundesministeriums für Inneres von Juli 1946 unter ihrem alten Namen wiederhergestellt. Erst 1954 war es dem „Adler“ möglich, Räume im bundeseigenen ehemaligen Palais Palffy in Wien I, Haarhof 4a, als bereits viertes Quartier seit seiner Gründung zu mieten. In ihnen fanden die seit 1944 verlagerte Bibliothek und die Sammlungen ihren neuen Platz. Seit 1954 hat sich der inzwischen unter Denkmalschutz gestellte Bücherbestand des „Adlers“ verfünffacht. Neuerlicher Platzmangel und die Umwidmung des Gebäudes zwangen den „Adler“ nach 45 Jahren, Anfang 1998, abermals zur Quartiersuche. Nach der von Oktober 1998 bis März 1999 dauernden Übersiedlung, fand man in dem neu adaptierten, 233 m2 große Lokal in Wien IX, Universitätsstraße 6, nun eine neue Bleibe.
Beide Weltkriege haben Struktur und Arbeitsweise des „Adler“ verändert. Frei von politischer und gesellschaftlicher Eingrenzung liegt das Augenmerk der Gesellschaft heute auf der wissenschaftlichen Pflege von Genealogie, Heraldik und Sphragistik, in deren Eigenschaft als grundlegende Teilgebiete der Geschichts- und Kunstwissenschaft. Beiden, und auch der Denkmalpflege, kann sie zahlreiche Hilfen geben, z. B. bei der Erforschung von Abstammung und Lebensdaten für die Biographie historischer Personen, bei der Bestimmung und zeitlieben Festlegung von Auftraggeber oder Besitzer von Kunstwerken, bei der Rekonstruktion beschädigter Wappen, besonders an Bauwerken, und vielem anderen mehr.
Der „Adler“ bietet eine in Österreich einzigartige Sammlung in- und ausländischer genealogischer und heraldischer Zeitschriften zur Benützung an, welche weder in der Nationalbibliothek noch in der Universitätsbibliothek aufliegen. Die Bibliothek der Gesellschaft enthält derzeit rund 40.000 Bände Fachliteratur, deren Zahl sich laufend durch Ankäufe, Tausch oder Spenden vergrößert, samt den dazugehörigen Sach- und Autorenkatalogen. Weiters stehen große Namenskarteien zur Verfügung, zum Teil spezielle Forschung betreffend, aber auch unveröffentlichte Manuskripte ehemaliger und jetziger Mitglieder. Ahnentafeln und Stammbäume älteren und jüngeren Datums, gemalte Ahnenproben und Wappenbriefe sowie eine Sammlung originaler Adelsdiplome können eingesehen werden. Eine erst vor einigen Jahren angelegte „Biographische Sammlung“ ist bereits auf 450 Ordner angewachsen. Die vor mehr als hundert Jahren begonnene “Totenzettel-Sammlung“ (Parten) besteht aus mehr als 400.000 Stück und gilt als das größte private Parten-Archiv im mitteleuropäischen Raum. Sie ist eine der hervorragendsten und sichersten Quellen der Namens- und Familienforschung: Schließlich besitzt die Gesellschaft eine einmalige „Siegelabguss-Sammlung“ geistlicher und weltlicher Urkundensiegel des Mittelalters sowie mehrere, aus Nachlässen und Spenden stammende Sammlungen originaler Lacksiegel. Neueste genealogische und heraldische Forschungen werden in einer vierteljährlichen Zeitschrift publiziert, welche den Namen der Gesellschaft trägt. Die seit 1871 im Abstand von zwei bis drei Jahren erscheinenden Jahrbücher der Gesellschaft sind inzwischen auf den beachtlichen Stand von 55 Bänden angewachsen. Der “Adler“ steht in regem wissenschaftlichem Austausch mit allen einschlägigen in- und ausländischen Gesellschaften und Archiven. Der – oft schwierige – Kontakt wurde auch in all den Jahren trotz des „Eisernen Vorhangs“ mit den Forschern in den Oststaaten aufrechterhalten. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder und Tauschpartner beläuft sich derzeit auf etwa 700 Personen. Jährlich können mehr als 1.200 schriftliche Anfragen bearbeitet werden.
Die Benützer der Bibliothek an den öffentlichen Besuchstagen werden immer zahlreicher und bestehen bereits zur Hälfte aus Nichtmitgliedern. Zu diesen Gästen zählen neben österreichischen und deutschen Forschern in immer größerem Ausmaß die Nachkommen von ehemaligen Auswanderern, Flüchtlingen und Heimatvertriebenen. Sie gehören im letzten Jahrzehnt zu den ambitioniertesten Familienforschern.
Die an den Bibliotheksabenden ausgegebenen Bücher erreichen jährlich die erstaunliche Zahl von mehr als 3.500 Stück, nicht eingerechnet die aus der Handbibliothek entnommenen Lexika und Nachschlagwerke. Mit dem Bibliotheksdienst sind aber die Leistungen der gemeinnützigen Gesellschaft nicht erschöpft. Ehrenamtliche, meist aus dem Vereinsvorstand kommende Mitglieder beraten die Besucher bei der Suche nach Quellen und Literatur für die Aufstellung von Ahnentafeln und Stammbäumen, geben Ratschläge für die Identifizierung von Familienwappen auf Bildern, Siegelringen und anderen kunstgewerblichen Gegenständen. Sie übertragen schriftliche Wappenbeschreibungen in bildliche Darstellungen – und umgekehrt – und helfen schließlich sogar beim Lesen von Urkunden und alten Schreib- und Druckschriften, deren Entzifferung dem modernen Menschen immer größere Schwierigkeiten bereitet. Bei all diesen Forschungsproblemen wendet man sich an den “Adler“. So besteht die begründete Hoffnung, dass die Heraldisch-Genealogische Gesellschaft auch in den nächsten Dezennien ihrem Sinn und ihrer Aufgabe folgend als österreichische gemeinnützige Institution unentbehrlich bleiben wird.
Verfasst von Hanns Jäger-Sunstenau
Der verschwundene Löffel
/in Allgemein /von Georg (IV.) J. E. Mautner MarkhofNach dem zweiten Weltkrieg erwarben wir von der Industriellenfamilie Fischl in Kärnten deren Hefe- und Spiritusfabrik in Limmersach (einem Vorort von Klagenfurt). Auf Ersuchen der Familie Fischl kauften wir nicht nur das Unternehmen, sondern auch das dazugehörige Herrenhaus inklusive dem gesamten Mobiliar und einer riesigen Kiste voll mit silbernem Tafelbesteck. Da wir zunächst nicht wußten, was wir mit dem Tafelbesteck anfangen sollten, gaben wir es der von uns eingesetzten Leiterin der Fabrik zur Aufbewahrung. Jahre später entschlossen wir uns das Silber zu verkaufen, und baten die Leiterin, uns die Truhe wieder zu übergeben. Seltsamerweise war alles vollzählig vorhanden; seltsam deshalb, weil wir aus dem Inventarverzeichnis wußten, daß von Anfang an ein silberner Löffel gefehlt hatte. Jetzt jedoch war das Service plötzlich wieder vollständig. Eine wahrhaft seltsame Löffelvermehrung!
Die Geschichte ließ mir keine Ruhe, denn ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein prachtvoller Löffel aus schwerem Silber, der bereits vor Jahrzehnten verloren gegangen war, den Weg zurückgefunden haben sollte. Meine ziemlich aufwendigen Untersuchungen brachten folgendes überraschende Ergebnis: Erst bei der Rückgabe der Truhe hatte die Leiterin festgestellt, daß ein Löffel fehlte, worauf sie sich entschloß, heimlich und auf ihre eigenen Kosten(!) einen Silberlöffel anfertigen zu lassen. Sie war der Ansicht, daß sie dieses Manko bereits bei der Übernahme der Truhe hätte bemerken müssen. Da ihr der „Fehler“ nicht aufgefallen sei, wollte sie nun den Schaden, der gar nicht von ihr verursacht worden war, wiedergutmachen.
Die Leiterin unserer damaligen Firma in Limmersach war Frau Felicitas Widmar, eine Nachfahrin des Eduard Malburg, eines Bruders unseres Stammvaters Adolf lgnaz, der nach der Adelsverleihung an Adolf Ignaz seinen Namen von Mautner auf Malburg gewechselt hatte.
Felicitas Widmar ist vor vielen Jahren – nachdem sie Limmersach vorbildlich geleitet hatte – in Pension gegangen und im August letzten Jahres verstorben. Ihr einzigartiges Pflichtbewußtsein und ihr geradliniger Charakter bedürfen keiner zusätzlichen Erwähnung. Die Geschichte des silbernen Löffels sagt mehr aus als Worte auszudrücken vermögen.
Verfasst von Georg (IV.) J. E. Mautner Markhof
Ehre wem Ehre gebührt – Victor Ritter Mautner von Markhof
/in Victor Ritter Mautner von Markhof /von Hanns Jäger-SunstenauVictor hatte die von Großvater und Vater stets vielfach und großzügig erwiesenen Wohltätigkeiten mit Überzeugung fortgeführt, unter anderem mit dem weiteren Ausbau des Kinderspitals in Erdberg 1910. Als Dank für diese Leistungen hat ihm Kaiser Franz Joseph 1902 das Komturkreuz des von ihm selbst 1849 gegründeten Franz-Joseph-Ordens verliehen und 1913 das noch höher zu bewertende Zeichen der 2. Klasse des 1816 durch Kaiser Franz begründeten Ordens der Eisernen Krone von Monza.
Im September 1914 stellte Victor seine „Salmhof“ genannte kleine Villa im Areal seiner Zuchtanstalt für Reitpferde bei Marchegg in Niederösterreich der kaiserlichen Militärverwaltung zur Verfügung. Sie erhielt den Namen „Helene und Victor Mautner von Markhof-Spital“ und war für die Unterbringung von 20 verwundeten Soldaten und Pflegepersonal eingerichtet.
„Herr Victor Ritter Mautner von Markhof hat neuerdings zu Handen des Bezirkshauptmannes in Gänserndorf 6000 Kronen für den patriotischen Hilfsverein vom Roten Kreuz für die dortige Gegend gespendet. Außerdem haben Herr Victor und Frau Helene von Markhof ihre Villa Salmhof bei Marchegg in ein Spital für zwanzig Verwundete umgewandelt und haben es der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf zur Verfügung gestellt und die Verpflichtung übernommen, für die ärztliche Behandlung und Verpflegung während des Krieges zu sorgen.“ Sport und Salon, 12.9.1914
Er war als einziger Sohn von Carl Ferdinand der Inhaber der Spiritus- und Presshefefabrik, sowie der Großbrauerei St. Marx, die um 1913 der neu konstituierten börsetüchtigen gemeinsamen Aktiengesellschaft Dreher-Mautner-Meichl/Schwechat-St. Marx-Simmering einverleibt wurde. Mit den Berufstiteln eines k. u. k. Kommerzial- und Börserates für landwirtschaftliche Produkte verband er auch die Stelle eines Verwaltungsrates des Bankhauses Niederösterreichische Escompte-Gesellschaft.
Wenige Wochen vor Verlautbarung des Adelsverbots-Gesetzes durch das Parlament der jungen österreichischen Republik ist Victor am 10. Mai 1919 gestorben. In der Todesanzeige hatte man das Adelsprädikat „Markhof“ bereits ausgelassen.
Victor Mautner von Markhof
Der Salmhof / Helene und Victor Mautner von Markhof-Spital
Verfasst von Hanns Jäger-Sunstenau
Kapelle zur „Heiligen Elisabeth“ / Spitalskapelle des ehemaligen Mautner Markhof´schen Kinderspitals
/in Mautner Markhof´sche Kinderspital /von Marcus Mautner MarkhofDer ehemalige Verwaltungsdirektor des Mautner Markhof’schen Kinderspitals, Oberamtsrat Franz Kornzak, betreibt seit seinem Pensionsantritt Nachforschungen in der langen Geschichte des Spitals und hat vor einigen Monaten begonnen, seine Ergebnisse in einem Buch zusammenzufassen. Aus seinen Arbeiten hat er Auszüge die Spitalskapelle betreffend zur Verfügung gestellt:
1889 beschloß Carl Ferdinand Mautner Ritter von Markhof im eigenen und im Namen seiner Gemahlin Editha, geborener Freiin von Sunstenau, auf den Gründen des Spitals in einem Abstand von 13 Metern von der Nordostfront des bestehenden Spitalgebäudes einen ebenerdigen Isolierpavillon für an Scharlach erkrankte Kinder und nordöstlich von diesem eine Kapelle zu erbauen. Der Isolierpavillon wurde nach den modifizierten Plänen des Hofrates Prof. Franz Ritter von Gruber fertiggestellt. Die Kapelle wurde nach den Plänen des Architekten Baron von Wieser mit einem Kostenaufwand von 27.372 Gulden erbaut und mit einem solchen von 3.135 Gulden eingerichtet. Die von Carl Ferdinand zuzüglich übernommenen Gebühren, Schenkungen und Widmungen machten einen Gesamtbetrag von 120.663 Gulden aus. Carl Ferdinand erbaute mit der Elisabethkapelle eine Gedenkstätte für seine Eltern und sich selbst. Das rechte Glasfenster zeigt die Portraits seiner Eltern und die Inschriften „Adolf Ignaz Mautner Ritter von Markhof, Bürger und Ehrenbürger von Wien, 1801 – 1889“ und „Julie Marzeline Mautner von Markhof, Ehrenbürgerin von Baden, 1812 – 1887“, die Namenspatrone St. Adolph und St. Julia und das Familienwappen mit dem Wahlspruch „Fleiß und Wille“. Über dem Fenster befindet sich aus Stuck im Übergang zur Decke ebenfalls das Familienwappen. Im linken Glasfenster befindet sich das Portrait von Carl Ferdinand. Die Inschrift darunter lautet: „Erbaut und gestiftet von Carl Ferdinand Mautner Ritter von Markhof und seiner Frau Editha“. Der Oberteil zeigt die Namenspatrone St. Editha und St. Carolus Bor. Die Jahreszahl 1891 weist auf das Jahr der Errichtung der Kapelle hin. Über dem Fenster befindet sich das Wappen der Familie Sunstenau von Schützenthal, einer österreichischen Offiziersfamilie: Ein Schütze mit Pfeil und Bogen, Schwert, Federhelm und Rüstung. Editha, geborene Freiin von Sunstenau, die zweite Frau von Carl Ferdinand, ist nicht dargestellt, obwohl ihre Namenspatronin, das Wappen der Familie Sunstenau und ihre Nennung als Miterbauerin und Stifterin vorhanden sind. Wo der Platz für ihr Bild gewesen wäre, ist zu lesen „In Gottes Furcht“. Auch in der Widmungsurkunde vom 12. Oktober 1891 ist Editha uneingeschränkt angeführt. Was die Ursache dafür war, läßt sich aus heutiger Sicht nicht mehr feststellen. Die offizielle Begründung für die Errichtung der Kapelle war, daß die geistlichen Schwestern des Kinderspitals, um einer heiligen Messe beiwohnen zu können, eine entfernte Kirche aufsuchen mußten, was durch ihre pflegerischen Verpflichtungen fast nicht möglich war. Carl Ferdinand erfüllte mit dem Kapellenbau ein dringendes Bedürfnis der Ordensschwestern. Die Kapelle befindet sich mit dem Haupteingang direkt in der Kleingasse in Wien III; man muß daher für den Besuch der Kapelle das Spitalsareal nicht betreten. Nicht nur die Pflegeschwestern, sondern auch die überwiegend arme Bevölkerung der Umgebung hatten nun „ihre eigene Kirche“. Carl Ferdinand zeigte somit als Industrieller, daß er auch „ein Herz für die kleinen Leute von der Straße“ hatte.
Die Kapelle in St. Marx knapp vor dem Abriss 1850 : Die neue Kapelle zur Heiligen Elisabeth in der Kleingasse
Die kleine Kirche weist eine deutliche Ähnlichkeit mit der ehemaligen Markuskapelle im Brauereigelände St. Marx auf, die dort 1858 im Rahmen von Umbauarbeiten abgerissen werden musste (sie war davor bereits seit 1784 entweiht gewesen). Da sie im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden war, kümmerte sich die Familie Mautner Markhof 1951 um ihre Wiederherstellung und besorgte auch eine neue Glocke, da die ursprüngliche 1941 eingeschmolzen worden war. 1966, als die Gemeinde Wien weitere umfangreiche Restaurierungskosten investieren musste, hatte sie nur der Denkmalschutz vor dem Abriss bewahrt. Neben der Elisabeth-Kapelle, die sich heute in unmittelbarer Nähe eines U-Bahnausganges der Station Schlachthausgasse befindet, befand sich einige Jahre ein Sezier- und Totenraum. An ihrer Außenwand sind noch einige Erinnerungstafeln an das Mautner Markhof´sche Kinderspital angebracht.
Verfasst von Marcus Mautner Markhof
Auflösung des Komitees zur Förderung des Mautner Markhof´schen Kinderspitals
/in Mautner Markhof´sche Kinderspital /von Marcus Mautner MarkhofDie zentrale Information vorweg: Der Verein „Komitee zur Förderung des Mautner Markhof’schen Kinderspitals der Stadt Wien“ hat in seiner außerordentlichen Hauptversammlung vorn 7. Mai 1999 einstimmig und mit sofortiger Wirkung seine freiwillige Auflösung beschlossen.
Die Hintergründe für diesen ebenso bedauerlichen wie unvermeidbaren Schritt sind ja bereits bekannt: Nach Beschluß des Wiener Gemeinderates ist das Mautner Markhof’sche Kinderspital im 3. Bezirk, Baumgasse 75, im Dezember 1998 endgültig geschlossen worden. Ursprüngliche Überlegungen der Stadtverwaltung, zumindest Teile der Liegenschaft künftig für gemeinnützige Projekte der Kinderbetreuung zu nützen, haben sich in nichts aufgelöst. Hingegen zeigt eine aktuelle, städtebauliche Studie des Magistrats, daß man langfristig an die Schaffung von Wohn- und Büroflächen auf dem gesamten Areal des ehemaligen MM-Spitals denkt.
Da unser Komitee nicht nur dem Namen nach, sondern auch vom primären Zweck der Vereinsstatuten her der Förderung und Erhaltung des (nicht mehr existierenden) MM-Kinderspitals dienen sollte, haben die Stammitglieder in der Hauptversammlung vom 7. Mai nach eingehender Diskussion mit dem einstimmigen Auflösungsbeschluß des Vereines die logische Konsequenz gezogen. Zur Verwaltung und Verwertung des vorhandenen Vereinsvermögens wurde zugleich statutengemäß ein dreiköpfiger Treuhänderausschuß bestellt, der sich aus dem bisherigen Präsidenten und den beiden Vizepräsidenten – also Prim. Dr. Walter Potacs, meiner Frau Martina und mir – zusammensetzt. Über die bestmögliche Verwendung der vorhandenen Vereinsgelder im Sinne des Komitees und der Statuten wurde in der Hauptversammlung beraten. Schließlich erging an den nunmehr zuständigen Treuhänderausschuß die Empfehlung, das gesamte Geld auf dem Vereinskonto für Sozialleistungen zugunsten der Kinder im Mautner Markhof-Haus des SOS-Kinderdorfes in der Hinterbrühl zu verwenden.
Soweit die wichtigsten Ergebnisse der letzten Hauptversammlung unseres Komitees. Gestattet mir zum Abschluß meiner Tätigkeit als Präsident des Vereines noch einige persönliche Anmerkungen:
Die Entscheidung der Stadt Wien, das traditionsreiche MM-Kinderspital zu schließen, habe ich mit äußerstem Bedauern und großer Enttäuschung zur Kenntnis nehmen müssen. Denn in den zehn Wirkungsjahren unseres Komitees schien es des Öfteren, daß unsere Bemühungen zur Spitalserhaltung zum Erfolg führen sollten: So hatte der Wiener Gemeinderat 1994 einen Beschluß zur Fortführung des Spitals und dessen Umstrukturierung gefaßt. Mit der Rehabilitation von Kindern erhielt das Spital – auf dem Papier – einen neuen Schwerpunkt. Und noch im März 1997 hat der österreichische Krankenanstaltenplan die Fortführung des MM-Kinderspitals vorgesehen. Hohe Investitionen wurden zwar angekündigt, aber dann nicht einmal ansatzweise bereitgestellt. Die verantwortlichen Politiker hatten offensichtlich andere Sorgen und Prioritäten – wie zum Beispiel die Abdeckung hoher Finanzabgänge mancher Ordensspitäler. De facto wurde das MM-Kinderspital finanziell „ausgedörrt“. Versprechen und Absichtserklärungen von Politikern haben sich wiederholt in Luft aufgelöst; bis zuletzt, als man uns noch in Aussicht gestellt hatte, das Spitalsareal künftig für Kinder-Sozialeinrichtungen nützen zu wollen. Bekanntlich wurde das Spital in den letzten Wochen zu einem Flüchtlingslager umfunktioniert und wird voraussichtlich lange Zeit diese Bestimmung beibehalten. Es ist davon auszugehen, daß danach die Stadt Wien das Areal in einer Art nützen wird, die nichts mehr mit der Idee der seinerzeitigen Stifter zu tun haben wird – wie auch die städtebauliche Studie zeigt.
Die große und erfolgreiche Geschichte des ersten Kinderspitals in der Stadt Wien hat somit ein endgültiges Ende gefunden.
Wenn unser Bestreben, das MM-Kinderspital für die Zukunft zu erhalten, letztlich doch zum Scheitern verurteilt war – mit unseren zahlreichen Sozialaktionen und Spenden haben wir im Sinne unseres Vereinszweckes in den letzten zehn Jahren für den laufenden Spitalsbetrieb doch viel Gutes tun können. Ich möchte mich daher bei Euch persönlich – und zugleich bei allen Mitgliedern unseres Komitees – für Euer ideelles Engagement, Eure aktive Mitarbeit und Eure finanziellen Zuwendungen bedanken: Herzlichen Dank im Namen aller Patienten des ehemaligen Mautner Markhof’schen Kinderspitals der Stadt Wien, denen Eure Leistungen im Komitee zugutegekommen sind!
Mit herzlichen Grüßen
Euer Marcus Mautner Markhof
Verfasst von Dr. Marcus Mautner Markhof
S.O.S. aus dem Kongo
/in Reininghaus/Linie 1 /von Pierre von Reininghaus-TshitokoMeine Damen und Herren!
Seit einiger Zeit klappt die Korrespondenz mit einigen Cousins, Cousinen und Onkeln nicht mehr. Grund ist unser Postdienst, der wie gewöhnlich nicht funktioniert.
Aber heute bin ich völlig am Ende, aufgrund der Kriegsereignisse im Kongo aller finanziellen Mittel beraubt, die Firmen sind geschlossen, alle Banken sind nicht mehr in Betrieb. Es gibt keine Hoffnung mehr in meinem Alter von mehr als 60 Jahren. Meine Geschäfte gehen überhaupt nicht. Ich habe Immobilien in Likasi: zwei Hotels und mein Haus. Die Hotels gehen nicht, da kein Geld im Umlauf ist und sie zudem von Staatsfunktionären besetzt sind, ebenso zahlen Firmen seit mehreren Jahren nicht mehr. Ich habe Kinder. Die anderen sind im Ausland, Studenten ohne Stipendium, sie kommen selbst zurecht.
Ich teile Ihnen mit, daß ich begonnen habe, meine Pension ins Sicherheitsamt für Übersee in Brüssel (O.S.S.O.M.) vorzubereiten, die bestritten wird von meinem Konto Nr. 310-1 187310-19 bei der Banque Bruxelles Lambert in Brüssel. Ich bitte jene, die über Mittel verfügen, mir zu helfen und etwas dorthin zu überweisen. Ich wäre ihnen sehr dankbar, danke im Voraus.
Ich habe nicht an die ganze Familie schreiben können und bitte daher, meine Nachricht jenen zu übermitteln, die den Brief nicht lesen konnten.
Von ganzem Herzen beste Grüße
Pierre Reininghaus-Tshitoko
Verfasst von Pierre von Reininghaus-Tshitoko