Carl Ferdinands älteste Tochter, Harriet, heiratete Ernst Baron von Haynau, einen Nachkommen jenes berüchtigten k.u.k. Offiziers Julius von Haynau, der nach der Revolution 1848 alle Feinde der Monarchie gnadenlos bekämpft hatte und wegen seiner vielen Todesurteile in Ungarn heute noch als „persona non grata“ gilt. Ihre gemeinsame Tochter Edith (18.11.1884 – 1978, verehelichte Arnaldi) besuchte für zwei Jahre die Wiener Kunstschule für Frauen und Mädchen. 1908 heiratete sie den ebenfalls künstlerisch ambitionierten italienischen Juristen und Journalisten Ulrico Arnaldi, zog mit ihm nach Rom und bekam zwischen 1909 und 1915 vier Kinder.
Unter dem Pseudonym Rosa Rosà wurde Edith künstlerisch tätig und berühmt, ihre Werke wurden im New Yorker Guggenheim Museum gezeigt. Der italienische Künstler Filippo Tommaso Marinetti (1876 – 1944), Kopf der avantgardistischen Futuristen, nannte sie „la geniale Viennese“. Obwohl die Malerin, Schriftstellerin und Fotografin zu den großen Vergessenen der österreichischen Kunst- und Kulturgeschichte zählt, werden ihre Werke heutzutage immer wieder gewürdigt, wie z. B. auf der Biennale von Venedig.
Hilde Jäger und Franz Glück Hilde Jäger-Sunstenau (*18.3.1903, † 25.7.1989), Tochter von Hertha und Gustav Jäger und Enkeltochter von Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof, wurde knapp nach Erbau der Villa ihrer Eltern geboren und bewohnte sie bis zu ihrem Tod. Nach der Matura viel umworben, sollte sie ursprünglich den bekannten Nationalökonomen und späteren Nobelpreisträger Friedrich von Hayek ehelichen, entschied sich aber dann dazu den Literaturgelehrten, Kunsthistoriker, Schriftsteller und späteren Museumsdirektor Franz Glück 1924 zu heiraten. Ihm fühlte sie sich auch kulturell und politisch verbunden. Franz Glück begann in einem Verlagshaus zu arbeiten, bekam aber 1938 aufgrund seiner jüdischen Abstammung Berufsverbot erteilt. Offiziell sieben Jahre lang arbeitslos, arbeitete er inoffiziell für den Kunstbuchverlag weiter, übersetzte aus dem Italienischen und wurde unter der Hand bezahlt. Wie so viele war er nach der verrückten Nazi-Rassenlehre „zu wenig Jude, um eingesperrt zu werden, aber zu viel Jude, um so wie bisher weiterleben zu können“. Nach dem Krieg, ab 1949, leitete Hilde den Österreichischen Friedensrat und Franz, bis 1968, als Direktor das Historische Museum der Stadt Wien. So war er 1959 hauptverantwortlich für die Überführung dessen Bestände vom Rathaus ins neu erbaute Haupthaus am Karlsplatz. Seine Fachbibliothek gelangte an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar. Politisch unterschieden sich Franz und Hilde vom bürgerlich-konservativen Rest der Familie, indem sie sich der Ideologie der kommunistischen Partei verbunden fühlten. So herrschte neben den Animositäten der Schwägerinnen Hilde und Hildegard (Ehefrau ihres Bruders Hanns Jäger-Sunstenau) auch dadurch dicke Luft zwischen den beiden Familien, die das Familienanwesen auf der Landstraße gemeinsam bewohnten. Obwohl das Haus nur einen Eingang besitzt, war die „Trennlinie“ der Wohneinheiten so gezogen, dass man beim Betreten durch Teile der „Glück-Wohnung“ gehen musste. Auch im Garten hatte es einen gedachten Trennungsstrich gegeben, der keinesfalls überschritten werden durfte. Hilde und Franz hatten ein einziges Kind, ihren Sohn Wolfgang.
Wolfgang Glück – einer der bekanntesten Regisseure der Nachkriegszeit Wolfgang (*25.9.1929, † 13.12.2023) wurde zu einem der erfolgreichsten österreichischen Regisseure der Nachkriegszeit. Als junger Mann erlebte er die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und die Schwierigkeiten, die seine Familie wegen ihrer jüdischen Vergangenheit ausgesetzt waren. „Ich besuchte den evangelischen Religionsunterricht, und das gar nicht ungern. Umso merkwürdiger war es für mich als Kind zu erfahren, dass ich von Seiten der Familie her ‚jüdisch versippt‘ und somit ein Mensch zweiten Ranges war.“ Schon als 14Jähriger inszenierte er Amateuraufführungen für Studentenbühnen und träumte von einer Karriere als Mime: „Anfangs wollte ich selbstverständlich Schauspieler werden, aber im Reinhardt Seminar hat mir eine Kollegin gesagt, dass ich mit ‚dem Gesicht‘ für Liebhaber nie in Frage käme. Das war noch ein Tritt auf meinen Komplex. Ich kam nie mehr wieder zum Unterricht.“ Als Konsequenz wurde er Regisseur und arbeitete mit Kortner, Felsenstein und Ambesser zusammen. Er inszenierte an fast allen großen deutschsprachigen Bühnen, beginnend mit dem Burgtheater, den Bregenzer und Salzburger Festspielen und war auch gefragter Filmregisseur. Er arbeitete eng mit seinen Freunden Otto Schenk und Friedrich Torberg zusammen und verfilmte zwei von Torbergs Werken, den „Schüler Gerber“ und „Auch das war Wien“, das in der Emigration entstanden und 1984 posthum erschienen war. Seine eigenen Erlebnisse im Jahr 1938 machten es ihm zum Bedürfnis Torbergs Roman 1987 unter dem Titel „38 − auch das war Wien“ bzw. „38 – Heim ins Reich“ zu inszenieren, um die großen Probleme zu schildern, denen die jüdische Bevölkerung ausgesetzt war. Der Hauptdarsteller wurde als Wolfgangs Alter Ego identifiziert. Obwohl er den begehrten Academy Award letztendlich nicht gewinnen konnte, so war der Film doch beachtenswerter Weise in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ für den Oscar nominiert worden und Wolfgang Glück wurde drei Jahre später für elf Jahre als ordentliches Mitglied in die „Academy of Motion Picture Art and Sciences“ aufgenommen, deren Angehörige für die jährlichen Oscar-Vergabe in Hollywood stimmberechtigt sind. Obwohl er einer der meistbeschäftigten Regisseure war, ist er immer bescheiden geblieben und hat sich selbst mehr als einen „Handwerker“ betrachtet. Privat war er in erster Ehe (1962 – 1967) mit Christiane Hörbiger verheiratet, die auch nach der Scheidung weiterhin hochachtungsvoll von ihm sprach und ihn dankbar für ihren Durchbruch im Theater- und Filmgeschäft verantwortlich machte. 1972 heiratete er Claudia Hahne, mit der er zwei Töchter und einen Sohn hat.
Das Gut, zwischen Schönfeld und Marchegg, an der heutigen Landstraße L2, rund 2 km östlich von Schönfeld, wurde nach seinem ehemaligen Besitzer Victor Ritter Mautner von Markhof benannt. Es befindet sich im „Dreiländereck“ der niederösterreichischen KatastralgemeindenSchönfeld, Breitensee und Marchegg. Die Gebäude der Liegenschaft sind auf diese drei Katastralgemeinden verteilt, das Gut selbst grenzt auch noch an eine vierte Katastralgemeinde: Oberweiden.
Graf Apponyi hatte bereits 1885 auf der Hutweide in Oberweiden eine Pferde Trainingsbahn angelegt. Unmittelbar angrenzend an das Flurgelände Satzling (abgeleitet von „Setzling“, Gebiet das aufgeforstet werden musste), das dafür durch den Sandboden prädestiniert war, entstand in den folgenden Jahren eine große Anlage.
Nathaniel Meyer Freiherr von Rothschild, der in den 1880er Jahren sein Interesse für Pferde, vor allem für das gesellschaftliche Ereignis des Pferderennens entwickelte, hatte seine Tiere zunächst in einem Gestüt in Enzesfeld untergebracht. Gemeinsam mit Graf Kinsky beauftragte er den Architekten Josef Drexler auf einer Fläche von 50 ha eine Pferde-Trainir-Anstalt bei Schönfeld-Lassee mit Rennbahn, Stallgebäude, Hufschmiede und Wohngebäude zu errichten. In der Zeitung „Sport“ [Organ des Jockey-Club für Österreich, Wien, SA 14. August 1886] wird bereits über diese Anlage berichtet.
Die großen Rennerfolge für die Rothschild Pferde blieben aber aus, sodass Nathaniel bereits in den 1890er Jahren sein Interesse am Pferderennsport wieder verloren hatte und den Stall sukzessive verkleinerte. Er verkaufte Rennbahn und Gut Schönfeld in der Zeit von 1896 – 1898 an Victor Ritter Mautner von Markhof, der bis heute Namensgeber für beides geblieben ist. Victor baute das Gut aus und machte daraus einen Rennstall von internationalem Rang, der zumeist 50 bis 70 Pferde umfasste. So erstreckten sich Rennstall und Pferdezucht mit allen zugehörigen Flächen schließlich wie folgt über vier Katastralgemeinden:
Oberweiden: Hindernisstall und Trainingsbahn
Schönfeld: Flachrennstall und Trainingsbahn
Breitensee: Gestüt mit Pferdezucht
Marchegg: Wirtschaftshof (errichtet 1908) mit Ställen
Rinder, Schweine, Schafe und Pferde wurden für die Feldarbeit gehalten
ein 13 Joch großer Obstgarten mit ca. 500 Bäumen unterschiedlichster Sorten
Glashäuser und ein Palmenhaus mit einer Dampfheizung
Gemüsegärtnerei mit Berieselungsanlage
ca. 100 Bienenstöcke
der Salmhof, auf dem sich ebenfalls Pferde befanden
Zu Beginn verbuchte der Mautner‘sche Stall die größten Erfolge auf der Hindernisbahn. Der Hindernisstall, von Victor 1897 gegründet, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts der erfolgreichste in der ganzen Monarchie und wurde 1904 von George Herbert geleitet. Seine Pferde gewannen je fünfmal die Große Wiener Steeplechase und den Preis von Reichenau, je zweimal die Große Kottingbrunner Handicap-Steeplechase und je einmal die Prager Mai-Steeplechase. Victor selbst war ein großer Schimmel Liebhaber und so gehörten auch seine besten Steepler Hableany, Formidable II und Perchance dieser Rasse an. Ab 1903 stellten sich auch die ersten Erfolge auf der Flachbahn für die Mautner‘schen Pferde ein. Bereits im Jahr 1904 verfügte Victor Mautner von Markhofs Stall Monarchie weit über die größte Anzahl sich im Training befindlicher Pferde und die Namen vieler großer Rennpferde waren untrennbar mit seinem Reitstall verbunden. Auch Victor selbst konnte große Erfolge bei internationalen Rennen erzielen.
Bereits seit 1899 war er im gleichnamigen Gestüt der Zucht hochwertiger Rennpferde nachgegangen. Auf den Parzellen in Breitensee, die er 1909 von Nikolaus Fürst Pàlffy erworben hatte, errichtete er dann ein Gestüt mit 6 Stallgebäuden, 12 Pferdeauslaufkoppeln und Wohnungen für das Personal. Zunächst befanden sich dort 2 Deckhengste, 26 Mutterstuten und 25 Fohlen u. Jährlinge. Entsprechend seiner Vorliebe, waren die ersten Mutterstuten Schimmel. Ab 1912 war sein Rennstall bereits der zweitgrößte Österreich-Ungarns. 30 Trainer betreuten 58 Pferde, davon 53 siegreiche, womit eine Gewinnsumme von 402.000,- Kronen (1 Krone entsprach ca. € 5,-) erzielt wurde. Schon im darauffolgenden Jahr rückte Victor mit einer Gewinnsumme von 681.000,- Kronen an die Spitze. 1917 gewann er sein erstes Derby und der Rennstall konnte die Rekordsumme von 930.000,- Kronen aufweisen. Der Bestand zählte 19 Mutterstuten, von denen 10 – aus England und Deutschland importiert – sehr guter Abstammung waren, sodass, wenn nicht 1918 mit dem Ende der Monarchie auch das Ende für den Mautner‘schen Rennstall gekommen wäre, die eigene Zucht stärker zur Gewinnsumme des Rennstalles beigetragen hätte. Die Rekordsumme wurde zu diesem Zeitpunkt nämlich noch hauptsächlich von seinen Pferden aus fremden Zuchten und vor allem von San Gennaro erlaufen, welcher davon allein 540.000,- Kronen eingebracht hatte. Als Deckhengst stand ihm zuletzt unter anderem der englische Miethengst Robert le Diable v. Ayrshire a. d. Rose Bay v. Melton zur Verfügung, der mit seiner Decktaxe von 3000,- Kronen der teuerste Beschäler in Österreich-Ungarn war [Jantsch 1968, S. 75].
Um Zeit mit seinen Pferden verbringen zu können, ließ Victor auf dem Gut in Schönfeld eine prächtige Herrschaftsvilla mit Gartenbrunnen errichten. So fügten sich Villa und Trainingsetablissement in ein idyllisches Ensemble ineinander. Umgeben von den weiten, kahlen Fluren des Marchfeldes, befand sich die grüne Oase – eine ca. 14 ha große Parkanlage – gebildet von Föhren, Birken und Eichen. Längs des Wäldchens, das im Sommer kühlen Schatten spendete und das Gut vor den häufigen Winden schützte, zog sich die Galoppbahn hin. Sie bestand aus Gras- und Sand-Track mit einer Geraden von 1200 Metern. 1902 – 1912 erweiterte Victor die Gebäude um einen Wintergarten, Fremdenzimmer, Portierswohnung und Umfriedungsmauer (Architekt Neumann in Wien). In dieser Zeit wurde auch ein Maschinenhaus errichtet und das Gestüt mit Hilfe eines Dieselaggregats elektrifiziert. Es entstanden Wohnungen für die Angestellten und Verwaltungsgebäude mit Garagen. Eine moderne Brunnenanlage mit Windrädern, elektrischen Pumpen und einem Reservoir für 31.000 Liter diente zur Bewässerung der Gras- und Sandbahn. Die Pferdeboxen waren beheizbar und es gab sogar ein eigenes Schwimmbecken für die Tiere. Das Gut entsprach dem neusten Stand der Technik und die Anlage bot insgesamt die besten Trainingsbedingungen in nächster Nähe zur Residenzstadt.
Nach Victor Ritter Mautner von Markhofs Ableben am 10. Mai 1919, wurde der „Markhof“ vom Wiener Jockey Club (ab 1923 Jockey Club für Österreich) erworben, allerdings ohne Übernahme der Pferde. Es wurden diverse Umbauten und Adaptierungen am Gut durchgeführt. Der Galopprennsport hatte in der Donaumonarchie seine Blütezeit erlebt, die Gründung des Jockey Clubs 1866 war für den Beginn des modernen und organisierten Galopprennsports in Österreich gestanden. Auch hier hatte der Erste Weltkrieg dieses goldene Zeitalter abrupt beendet, der Jockey Club konnte sich von den Nachwehen des Krieges nicht erholen und wurde 1932 aufgelöst. So wurden auch die Betriebe in Markhof und Kottingbrunn veräußert und das Gestütsmaterial gelangte am 11. Februar 1932 zur Versteigerung.
Doch auch nach Victors Tod war die Familie Mautner Markhof weiterhin eng mit dem Pferdesport verbunden geblieben. Vorallem die Donauauen rund um die beiden FloridsdorferVillen wurden gerne für ausgiebige Ausritte genutzt. Das damals wenig verbaute Umfeld der Pragerstrasse hatte ja Platz für Stallungen und Ausläufe, so wurden dort Pferde gezüchtet und als Renn- bzw. Kutschenfahrpferde, vor allem von Theodor I. genutzt. 1926 bis 1933 sollte aber das Rote Nachkriegs-Wien den 1173 Wohnungen umfassenden „Karl-Seitz-Hof“ im direkten Umfeld der Familie errichten. Das soziale Umfeld Floridsdorfs hatte begonnen sich zu ändern. Daher wollte Theodors älterer Sohn, Gerhard Mautner Markhof, 1935 die Gelegenheit nutzen, den gesamten Markhof, der abermals zur Versteigerung gelangen sollte, für sich und seine junge Familie zu erwerben. Die gemeinsamen Wohnverhältnisse dreier Generationen in der Villa Mautner waren ihm wohl zu eng geworden. Dies wurde jedoch dadurch vereitelt, dass sich unter den anderen Bewerbern um das „Mustergut Markhof“ auch ein Strohmann des Reichsluftfahrtsministers Hermann Göring befunden hatte und man Gerhard zu verstehen gab, er hätte sich vom Kaufansinnen zurückzuziehen. So war aus der „Rücksiedlung“ der Mautner Markhofs ins Marchfeld leider nichts geworden. Dennoch sollte sich die Familie, in der Person Gerhards jüngern Bruders Manfred I., allerdings erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs, des Markhofs annehmen. Das Areal der heutigen „Wohnanlage Trabrenngründe“ (vulgo Rennbahnweg) im 22. Wiener Gemeindebezirk wurde ab 1894 vom Wiener Trabrennverein (WTV) genutzt. Von 1895 bis 1897 entstand dort nach Entwürfen der Planungsgemeinschaft Brüder Josef und Anton Drexler ein Pferdegestüt und Trainingszentrum für Traber mit einer 1.200 Meter langen Rennbahn. Die „Gestüt Kagran“ genannte Anlage, die auch einen Wasserturm enthielt, erstreckte sich vom heutigen Rennbahnweg nordöstlich bis etwas über die Maculangasse hinweg. Das Gestüt sollte der Hebung der Qualität der Pferdezucht in Österreich insgesamt und die Trainingsrennbahn auch als Aushilfsrennbahn für die Trabrennbahn Krieau im Wiener Prater dienen. Als sich die Stadterweiterung Wiens auch jenseits der Donau stärker zu entwickeln begann, kaufte die Stadt Wien 1963 die so genannten „Trabrenngründe“ für umgerechnet etwas mehr als 2 Millionen Euro vom Trabrenn-Verein unter der damaligen Präsidentschaft von Manfred I. Mautner Markhof. Um für den Trabrennverein einen gewissen Ersatz zu schaffen, gelang es Manfred 1965, Areale des einstigen Gestütsteil Markhof – freilich ohne zugehöriger Rennbahn – für den Verein zu erwerben. Das nunmehr als „Gestüt Schönfeld“ bezeichnetete Mustergestüt mit seinem architektonisch originellen Baurund Victor Mautner Markhofs, war dann jahrzenhtelang im Besitz des WTV, bis es schließlich aus Kostengründen veräußert wurde.
Heute ist das ursprünglich zusammenhängende Gut geteilt. Der Teil nördlich der L2, der heute die Bezeichnung „Gut Markhof“ trägt, besteht aus zwei Adressen – Markof I und Markhof II – und hat unterschiedliche Besitzer:
Markhof I ist das landwirtschaftliche Gut, das für seinen Spargel bis weit über die Grenzen des Marchfeldes hinaus bekannt ist.
Markhof II, das ursprüngliche Pförtnerhaus, wurde zu einem ansehnlichen Wochenendsitz ausgebaut.
Das „Markhof Gestüt“, der Teil südlich der L2 in der Katastralgemeinde Breitensee, wird wieder als Pferdegestüt geführt.
1966 wurde der „Markhof“ nördlich der L2 von Franz Steiner an Josef Brandenstein verkauft. Die Eintragung ins Grundbuch erfolgte am 2. Mai 1966. In der Übertragungsurkunde ist auch der Kaufpreis angeführt. Es kam auch zu einem Tausch gegen eine Villa am Attersee. Das Gut befand sich insgesamt in einem desolaten Zustand. Die einstige Villa bzw. das Herrnhaus, war derart baufällig geworden, dass es von Brandenstein abgetragen werden musste. Der Großteil der Gebäude wurde aber wieder in Stand gesetzt und renoviert, so auch das Pförtnerhaus. Brandenstein errichtete einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau und anderen für das Marchfeld typischen Feldfrüchten. Josef Brandenstein verstarb am 12. April 1983. Sein Sohn Markus Brandenstein übernahm den Betrieb. Im selben Jahr wurde der erste Spargel auf den Ackerflächen des Gutes gepflanzt. 1985 gab es dann die erste Spargelernte. Im Jahr 1990 erfolgte die Umstellung auf einen Biobetrieb. Zum damaligen Zeitpunkt war der Markhof der größte Biobetrieb Österreichs. Er entwickelte sich verstärkt in Richtung Bio-Gemüse-Anbau. Neben dem Spargel, für den der Markhof weit über die Grenzen des Marchfeldes hinaus bekannt ist, gehören auch Artischocken und anderes Gemüse zum Produktsortiment des Hofes. Getreide wird heute nur noch in kleinem Umfang heute noch angebaut. Zum Gut gehören heute 110 ha Ackerflächen und 35 ha Wald.
Alle Gäste, die nicht nur an erstklassigem Gemüse, sondern auch an der Geschichte des Markhof interessiert sind, werden von der Familie Brandenstein mit einer kleinen Broschüre über die Historie des Gutes begrüßt.
Ich glaube, ich kann im Namen aller meiner sechs Geschwister – ob lebend oder schon verschieden – sagen, dass wir die beste und liebste aller Mütter hatten. Mein Geschenk an sie, zum Muttertag 2023, ist es, dass ich versuche ihr mit meinen Worten ein Denkmal zu setzen. Meiner Mutter Marceline, die ihrem Mann und ihren Kinder einfach alles bedeutete. Auch ihrer großen Verwandtschaft war sie stets in Liebe und Großherzigkeit zugetan. Keinen schöneren Wunsch kann ich äußern, als dass ich jedem Ehemann und jedem Kind so eine Gattin und Mutter, wie Marceline wünsche.
Marceline, älteste Tochter von Georg II. Anton Mautner Markhof und Emy Reininghaus, wurde am 3. Mai 1901 geboren. Sie wuchs in Wien/Floridsdorf auf, in der schönen Mautner Villa mit dem großen Garten. Ziemlich früh schon bekam sie eine französische Gouvernante und Erzieherin – Maury genannt. So sprach Marceline auch bald perfekt Französisch. Eine öffentliche Schule hatte sie nie besucht, soweit wir wissen.
Als Marceline noch sehr jung war, hatte einmal die Sorge bestanden, dass sie Schaden an der Lunge hätte, womöglich an Tuberkulose leiden könnte, wie es damals noch sehr häufig der Fall gewesen war. Ihr Vater selbst war mit ihr zur Kur gefahren, ich glaube auf den Semmering, wo sie wieder vollends gesundete. Für ihren Vater empfand Marceline stets höchste Verehrung. Einer ihrer Erinnerungen an ihn war eine gemeinsame Reise nach Venedig, auf die er sie eigens mitgenommen hatte. Mehr als der Zauber der prächtigen Gebäude und die so einmalige Lage, waren ihr der traurige Zerfall, die Dekadenz und Stagnation der Stadt in bedrückender Erinnerung geblieben.
Zu ihren sechs Geschwistern hatte Marceline immer eine äußerst gute und liebevolle Beziehung. Große Achtung empfand sie lebenslang für ihren Bruder Buwa. Selbst später noch, bei heiklen Fragen, die unsere Familie Bertele betrafen, wurde Buwa von ihr befragt und sein Rat befolgt.
Genauso wie ihre Mutter, die mit Leidenschaft Glatthaar-Foxterrier züchtete und zu Ausstellungen nahm, hatte Marceline eine Vorliebe für Hunde. Später wurde aus ihr auch eine begeisterte Reiterin. Sie besaß eine schöne fuchsfarbene Stute, die sie Goldie nannte. Mit ihr ritt sie kreuz und quer übers Überschwemmungsgebiet und auf den Bisamberg.
Sie hatte es nicht eilig zu heiraten. Sie liebte das traute Familienleben in Floridsdorf und die Sommermonaten, die die Familie in Baden, in einer der schönen Villen in der damaligen Berggasse (jetzt Marchetstrasse) ich glaube Nr. 72, verbrachte – und ihre Passion galt zu diesem Zeitpunkt ja auch noch den Pferden. Einmal war sie schwer gestürzt, Goldie war aus irgendeinem Grund durchgegangen. Besorgniserregend lange war sie daraufhin mit einer Gehirnerschütterung bewusstlos gewesen; als sie sich wieder erholt hatte, ritt sie fröhlich weiter.
Den Beginn der großen Liebe meiner Eltern habe ich bereits geschildert. Im darauffolgenden Herbst hatten beide viele schöne Streifzüge miteinander unternommen. Marceline hatte immer gutes Hausbrot mit Schinkenbelag dabei, das Hans, der zu jeder Zeit Appetit hatte, mit großer Wonne verzehrte. An einem dieser wundersamen Herbsttage spazierte das Paar in der Au von Spillern und von dort hinauf zur märchenhaften Burg Kreuzenstein bei Korneuburg. Dort sprachen sie sich zuerst über die Zukunft aus, dann über eine gute Art des Zusammenlebens. An diesem Nachmittag verlobten sie sich. Beim Verabschieden sagte Marceline laut und bestimmt: „Guten Abend – alles ist sehr gut aber ich will viele Kinder.“ Worauf Hans ebenso bestimmt antwortete: „Ich auch, gute Nacht!“ Bald danach machte Hans den offiziellen Antragsbesuch bei Marcelines Vater in Floridsdorf. Georg Anton empfing ihn sehr nett und meinte zum Schluss: „Merk Dir, die Ehe ist ein Kunstwerk, an dem man sein ganzes Leben baut, einmal schwer der eine, einmal schwer der andere.“ Worte, die er bereits auch seiner Tochter eingeschärft hatte. Da Hans und Marceline bereits verlobt waren, stellte sich bei ihr das Verlangen ein, sobald wie möglich auch ihren zukünftigen Schwiegervater kennenzulernen, um feststellen zu können, dass er weder glatzköpfig sei noch Brillen trug. Zwar war Hans´ Vater von kleingewachsener Statur, aber in den beiden Punkten, auf die Marceline so großen Wert legte, entsprach er völlig ihrem Wunsch: keine Glatze und keine Brillen, obwohl er bereits im einundsiebzigsten Lebensjahr war. Die Hochzeit fand am 19. April 1928 in Floridsdorf statt. Leider kann ich darüber nichts berichten. Ich habe nur das Glück, die Menükarte meines Großvaters zu besitzen. Auf ihr befindet sich ein wunderschönes Foto vom glücklichen jungen Paar.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele Am 19. April 1928 war unsere Hochzeit; die kirchliche Trauung fand in der kleinen Pfarrkirche in Jedlersee statt; Marceline und ich fuhren mit dem Mautner’schen Pferdewagen hin und zurück. Dann gab es ein feierliches, grosses Hochzeitsessen im schönen Haus Floridsdorf, Pragerstrasse 20; nachher wurde alle Gäste vor dem Haus auf der Stiege – freundlich gruppiert – fotographiert. Das Wetter war nicht sehr schön, sondern kühl und bewölkt; leider blühten die schönen Magnolien hinter dem Haus im Park noch nicht. Dann fuhren wir mit dem Auto auf den Semmering, blieben dort ein oder zwei Tage und von dort begann die eigentliche Hochzeitsreise mit dem Zug. Der Schwiegervater hatte eine schöne Seefahrt auf dem Schiff Ozeania (ca. 4000 Tonnen) für uns vorbereitet. Wir fuhren nach Genua mit dem Schlafwagen; beim Einsteigen am Semmering fiel der Mutti meine kleine Reisetasche auf den Kopf, aber das störte die freundliche Stimmung nicht. Mit dem Schiff fuhren wir von Genua über Korsika, über Palma de Mallorca, Málaga mit einem kleinen Ausflug nach Granada, über Gibraltar, über Lissabon in Portugal, und die Isle of Wight nach Hamburg; in Hamburg stiegen wir in den Vier-Jahreszeiten ab, hatten dort ein gutes Essen im Uhlenhorster Fährhaus, fuhren nach Magdeburg zu einem kurzen Besuch zu den Baensch und zurück nach Wien. Die nächsten Monate wohnten wir im Stöckl in Floridsdorf; inzwischen versuchte Marceline mit ihrer Mutter eine Wohnung in Wien zu finden, denn damals war das Wohnungfinden in Wien gar nicht leicht. Marceline hatte von vornherein die vernünftige Ansicht, die Wohnung sollte nicht weit von meinem Arbeitsplatz – der Elin – Volksgartenstrasse 1 – sein.
Zwei Jahre nach der Hochzeit war dann der kleine Otto erschienen. Marceline wurde ein großer Kindersegen beschert, genauso wie sie es sich es erträumt hatte. Ihr Mann, Hans, war begeisterter Bergsteiger. Nachdem jedoch zwei seiner Kameraden abgestürzt oder sonst wie auf den Bergen verunglückt waren und er schon drei Kinder gezeugt hatte, gab er dieses Hobby auf. Wahrscheinlich hatte Marcelines tatkräftiges Bitten dabei den wesentlich Ausschlag gegeben. Neun Monate nach seiner letzten großen Bergtour wurde der kleine Hansi geboren. In ihn setzte Vater dann die größten Hoffnungen, dass er einmal eine brillante Karriere machen würde.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele Mit einiger Mühe fanden Marceline und ihre Mutter eine schöne Wohnung in der Lackierergasse/Ecke Garnisongasse; gegenüber war nur ein stockhohes Arbeitsgebäude des Allgemeinen Krankenhauses. Die verschiedenen Zimmer der Wohnung waren daher von Morgen bis zum Abend besonnt, da die Wohnung um das Eck ging. Eine sehr schöne Einrichtung für diese Wohnung wurde vom Schwiegervater beim Architekten Wimmer bestellt. Vor Weihnachten zogen wir ein; es war lange noch nicht fertig, obwohl Marceline gesagt hatte: „Ich zieh’ erst ein, wenn das Handtuch auf dem letzten Haken hängt!“ Wir hatten aber Betten und einen Esstisch, etwas Material in der Küche und allmählich wurde dann die Wohnung, so wie auf den Bildern dargestellt ist.
In meinem Buch Das Haus am Froschplatz, eine Wiener Geschichte – etwas auf Roman aufgeputzt – schildere ich, wie sie danach eine Villa mit schönem großen Garten im 19. Bezirk, die zwangsversteigert werden sollte, kaufen wollten. Marceline war diese Idee – der Kinder wegen – besonders lieb. Ihr Vater jedoch bat das junge Ehepaar es nicht zu tun: Hans hatte bei Elin zwar ein gutes Einkommen, aber man hätte dafür scheinbar auch Fonds oder Anteile der Brauerei liquidieren müssen. Die Zeiten und die allgemeine finanzielle Lage hatten begonnen immer schwieriger zu werden. Meine Eltern erfüllten Georg Antons Bitte und nahmen vom Kauf Abstand.
Hans, der junge Ingenieur, hatte sich bei der Elin rasch einen guten Namen gemacht. Und wo einer Erfolg hat, stehen Neider meist gleich um die Ecke. Beim großen Durcheinander nach dem Anschluss Österreichs wurde er von denjenigen, die ihm seinen guten Ruf und Erfolg nicht gönnten, rasch auf eine mindere, seinen Qualifikationen in keiner Weise entsprechenden Position geschoben. Doch bei Siemens in Berlin war man bereits auf ihn aufmerksam geworden und so konnte er bereits im September 1938 eine adäquate Stelle im riesigen Konzern antreten.
Die Familie Bertele, mit bereits vier Kindern, war also im September 1938 nach Berlin übersiedelt, wo die bereits schwangere Marceline im März 1939 Tochter Elizabeth zur Welt brachte. Hans hatte eine sehr gute Position bei Siemens und die ersten Kriegsjahre verliefen für Deutschland gut und siegreich. Bald nach der Ankunft war es ihm gelungen, ein schönes Haus mit Garten in Schmargendorf zu erwerben, so hatte die Familie ein recht angenehmes Leben. Marcelines Schwester Charlotte, verheiratet mit dem feschen aus Ostpreußen stammenden Georg Günther, war ebenfalls in Berlin ansässig. Die kleine Elizabeth, Liest genannt, hatte ein Kindermädchen, die Lena. Als Liesl einmal auf allen Vieren im Garten herumkroch, in der Erde wühlte und dann die Finger in den Mund steckte, meinte Lena gelassen: „Dreck scheuert den Magen”, ein Ausspruch, den Marceline späterhin immer gerne verwendete.
Am 7. Dezember 1941 wurde ich, die kleine Ursula, geboren. Ein glücklicher Tag für mich und die Familie aber verhängnisvoll für Deutschland, da nach dem Tag der Bombardierung der Japaner von Pearl Harbor die USA in den Krieg eintraten. Eine entscheidende Wende hatte begonnen, welche schließlich zur Niederlage Deutschlands führen sollte.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele Im Winter 1941 begann das Bomben in Berlin, zunächst mit Brandbomben; einmal gab es einen Einschlag in unseren Luftschutzkeller durch die Türe vom kleinen Hof; Mutti war erstaunlich ruhig und hat gleich mit der Schaufel aus der Sandkiste Sand auf die zischende Bombe draufgestreut. Als ich darüber meine Verwunderung aussprach, sagte sie ruhig: „So haben wir’s doch in den Vorbereitungen gelernt“, was mir grossen Eindruck machte. Bald darauf geht Marceline sicherheitshalber nach Feldenhofen, als ich ihr dazu geraten hatte mit der Bemerkung: „Geh’ ruhig hin, haben wir den ersten Weltkrieg gut in Feldenhofen überstanden, werden wir es in dem zweiten auch tun“.
In der Familie Bertele wurden schwerwiegende Entscheidungen getroffen: Hans entschloss sich bei Siemens zu bleiben und dachte, dass es für Marceline und die Kinder das Beste und Sicherste wäre ins Gut Feldenhofen, das seiner Mutter gehörte, zu übersiedeln. Feldenhofen, ein Besitz von zirka zweihundert Hektar, hauptsächlich Waldbestand, befand sich in der Südsteiermark, welche nach dem Ersten Weltkrieg an das neugegründete Jugoslawien abgetreten werden musste. Diese Übersiedlung aber würde ohne der deutschen Kinderschwester Lena vor sich gehen müssen. Kurzum, Lena wurde entweder entlassen oder verließ die Familie auf eigenen Wunsch. Zwar gebar Marceline freudig Kinder aber außer sie zu stillen, hatte sie keine Idee wie man ansonsten einen Säugling zu betreuen hatte. Diese Aufgabe hatten immer die jeweiligen Kinderschwestern übernommen. Nun aber wurde die arme kleine Ursula rachitisch und litt fortwährend unter Durchfall. So fasste man den Entschluss sie nicht nach Feldenhofen mitzunehmen, sondern schickte sie stattdessen zur Omi (Marcelines Mutter Emy) nach Gaaden, wo sie höchst liebevoll aufgenommen und in die kundigen Hände der guten Nana übergegeben wurde.
Also zog Marceline mit nur fünf Kindern ab nach Feldenhofen, welches in der Nähe der Stadt Windischgraz, jetzt Slovenj Gradec, gelegen war. Anfangs konnte Marceline dort noch ein friedliches und unbekümmertes Leben genießen und die Kinder konnten überall frei und unbeschwert herumtoben. Dann kam 1945.
Nach einer abenteuerlichen Reise, die in seinen Memoiren detailliert beschrieben ist, traf Hans erst im September in Jugoslawien ein und musste mit dem Schrecken erfahren, dass seine Frau und die Kinder in einem Lager bei Cilli von den Tito-Partisanen gefangen gehalten wurden. Typhus und Hunger herrschten dort. Es war ein wahres Wunder, dass Marceline und alle fünf Kinder überlebten. Hans, der die dem Russischen sehr ähnliche slowenische Sprache beherrschte, konnte sich mit der Kommissärin des Lagers verständigen und gab ihr den Englischunterricht, den sie von ihm als Gegenleistung für eine Gefälligkeit begehrte. So konnte er die Freilassung von Marceline und seinen Kindern „erarbeiten“. Die Lagerkommissärin konnte ihre frisch erworbenen Englischkenntnisse nicht mehr verwerten, kurz danach hatte sie sich erschossen. Aber Gott und ihr zu Dank war die Familie wieder auf freiem Fuß.
Man fuhr zurück nach Feldenhofen. Gutgesinnte Nachbarn und ehemaliges Dienstvolk aber rieten unbedingt zum raschen Verlassen von Slowenien. Schweren Herzens brach die Familie schließlich gleich nach Weihnachten, am Stefanitag 1945 wieder auf und schlich sich über einen Schmuggelpfad, den Hans kannte davon. Ein Grenzbach, an dem andauernd patrouilliert wurde, musste überquert werden. Alles verlief ohne Hindernis. Angelangt auf der Anhöhe, am Ufer auf der österreichischen Seite, bestens sichtbar von der slowenischen Seite aus, blieb Marceline stehen und rief höchst erleichtert laut aus: „Na, wenn ich gewusst hätte, dass es so leicht vor sich gehen würde, hätt´ ich noch mehr Zeugs mitnehmen können!” Wäre in diesem Augenblich die Patrouille plötzlich erschienen, hätten sie alle erschossen. Wenig hätte es gegolten, dass sie sich schon jenseits des Grenzbaches befunden hatten.
Die Familie wurde freundlich von Onkel Harald Reininghaus, Omis Halbbruder, in Schloss Isenrode (Steiermark) aufgenommen. Im Februar 1947 wurde der kleine Nachzügler, der Uly geboren. Als bei Marceline die Wehen einsetzten, wurde sie durch den hohen Schnee per Schlitten nach Graz in die Klinik gebracht.
Im August 1947 ging es für die Familie Bertele weiter nach England, wo Hans mit einem englischen Bekannten eine Elektrogesellschaft gegründet hatte.
Ursula, das Gaadner Kind, lernte erst kurz vor der Abreise ihre Eltern kennen. Bis dahin hatte sie immerhin einmal eine Postkarte von ihrer Mutti bekommen, mit zwei Rehen in einem tief verschneiten Wald, die sie jetzt noch lieb in ihrem Besitz bewahrt. Nun wurde sie von Nana vom Haus am Berg den Hang hinabgeschickt, wo ein Pfad ins Dorf führte: „Die zwei Leute, die Du den Hang hinaufkommen sehen wirst, das sind Deine Eltern. Lauf hinunter und begrüße sie schön.”
Was sich dabei alles abspielte, wäre eine Geschichte für sich. Dann erblickte ich sie zum ersten Mal. Mit ihren Wanderschuhen, kurzen Socken, jeder mit einem Rucksack auf dem Rücken kamen sie mir entgegen. Sie zählten damals 46 (Marceline) und 44 (Hans) Jahre und kamen mir furchtbar alt vor. Vor allem die liebe Mutti wegen ihrer weißblonden Haare. In dem Zusammenhang ist es interessant, dass ich mir nie zuvor solche Gedanken wegen des Alters gemacht hatte. Sowohl die Omi wie die Nana waren für mich einfach zeitlos gewesen.
Ein paar Wochen später wurde ich nun mit nach England genommen und das neue Baby, der Uly, Jolly genannt, um ihn vom Günther-Uly (Sohn von Marcelines Schwester Charlotte) unterscheiden zu können, wurde bei Omi in Gaaden gelassen und in Nanas Obhut gegeben. Ein Kindertausch, sozusagen.
Die zwölf Jahre, die wir daraufhin in England verbrachten, waren für Mutti, wie ich sie fortan nennen werde, wohl die schwersten ihres ganzen Lebens gewesen. Baba (so wollte Hans von uns Kindern genannt werden) hatte mit einem Vorschuss von der neu gegründeten Elektrogesellschaft ein schönes Haus mit großem Garten gekauft, welches Mutti sehr gefiel. Aber die Arbeit dort war für sie unermesslich schwer, vor allem das Wäschewaschen, denn es gab keine Waschmaschine. Die Weißwäsche kochte sie in einem großen elektrisch angetrieben Kessel, der sich unten in einem Raum neben der Küche befand, welcher als Waschküche und allgemeiner Abstellraum für Gartenwerkzeuge und Sonstiges diente. Danach musste sie die Wäsche dann per Hand schwemmen und auswinden. In den Schulferien halfen wir vier Mädel mit und hängten sie dann oben am Tennisplatz an der Wäscheleine auf. Sonst machte Mutti alles ganz alleine. Bei dem häufigen englischen Regen musste die Wäsche jedoch immer wieder rasch hineingeholt und bei nächster Gelegenheit dann wieder aufgehängt werden. Im Haus war keine Möglichkeit vorhanden sie zu trocknen. Meine älteste Schwester Emy war Mutti eine sehr große Hilfe. Als wir nach England übersiedelten, war sie sechzehn Jahre alt. Sie half beim Kochen und nähte Kleider für Liesl und mich. Marci, die zweitälteste, half mit dem Bügeln und draußen im Garten, oblag ihr auch das Zurückschneiden der Hecke. Bei mehr als einem halben Hektar Größe war das keine leichte Arbeit. Liesl und später auch ich, wurden zum Stopfen der Socken eingespannt, von denen es mehr als genug gab. Ebenso wurden wir beide mit dem Geschirrabwaschen beauftragt. Am Wochenende mussten alle Kinder im Garten mithelfen. Er war auf einem ziemlich steilen Hang gelegen. Das Haus befand sich in seinem unteren Drittel. Mutti hatte sich ganz oben einen Gemüsegarten anlegen lassen. Otto und Hansi stachen die Beete für sie um. Dort oben hatte Mutti auch ihre Hühner und wir hatten Hasen, die unsere Schwester Marci betreute. Zirka ab 1955 hatten wir dann eine Waschmaschine, die aber nicht schleuderte. Dafür gab es ein „Auswindegerät“, das am Waschbecken befestigt war und per Hand in Gang gesetzt werden musste. Mit der Zeit leistete Baba sich auch ein Auto. Das erste wurde schon sehr bald von meiner Schwester Marci über den Haufen gefahren. Ich, damals 14 Jahre alt, war Copilot, was niemand wissen durfte! Um sich ein neues leisten zu können, verkaufte Baba dann seine wertvollste Uhr.
Wir vier Mädchen besuchten alle dieselbe Klosterschule, die beides – Volks- und Mittelschule unterrichtete. Mutti erzählte mir einmal, dass die Schulvorsteherin, Nonne Mother Mary John, ihr bei ihrem ersten Besuch von einem Traum erzählt hatte: Eine Familie aus dem verwüsteten Zentraleuropa würde nach England kommen und die Eltern sie um Aufnahme ihrer vier Mädchen in der Schule bitten. Sie solle sie alle aufnehmen, wurde ihr im Traum gesagt – was sie auch herzlich getan hat. Selbstredend, so meine ich ist, dass den Eltern dadurch in dieser ausgezeichneten Privatschule keine großen Kosten auferlegt wurden. Mutti sagte manchmal auf ihre ihr ganz eigene Art: „Ich bin nicht fromm”, womit sie scheinbar nur meinte, dass sie nicht jeden Sonntag in die Kirche ging. Aber anlässlich des Traumes der lieben Nonne dachte sie doch, dass es sich um ein wunderbare Fügung Gottes handelte. Mother Mary John war aus einem belgischen Orden, so musste sich Mutti mit ihr in Französisch verständigt haben, denn sie sprach kein Englisch.
Das Schönste für uns Kinder war das Mutti immer für uns da war. Sie war sozusagen immer für uns zuhause. In der Früh war sie da, machte das Frühstück für uns, nahm es mit uns ein. Als wir von der Schule kamen, machte sie uns die Jause. Als wir Jüngsten der Familie dann schon selbstständiger waren, bereiteten wir uns die Jause zwar selbst, liefen aber zuerst hinauf in den Garten, um Mutti, die im Gemüsegarten oder mit ihren Hühnern beschäftigt war, zu begrüßen.
Welch´ traurigen Gegensatz dazu bieten Mütter heutzutage, die auch ohne es nötig zu haben untertags nur weg von zuhause irgendwo arbeiten wollen. Das Resultat ist ein hinkendes, oftmals zerrüttetes Familienleben und – oft gar keines mehr. Jeder nur für sich…
Mutti bedachte jeden von uns immer mit den unterschiedlichsten liebevollen und besonderen Aufmerksamkeiten. Ich erwähne hier nur diejenigen, die sie mir zudachte und die ich so dankbar in Erinnerung behalten habe: Natürlich hatte ich zu Beginn kein Wort Englisch gesprochen. Mutti, obwohl sie mit Arbeit überhäuft war, kaufte mir eigens ein großes Bilderbuch, das von einem kleinen Buben in Mexiko handelte. Am großen Tisch in der Küche saßen wir dann an den Abenden zusammen, ich auf Muttis Schoss und sie las mir daraus vor: „Pedro was a little boy…” Da war das Bild mit Pedro und einem bepackten Esel neben einem Kaktus. Und ich las stockend nach. Als ich elf Jahre alt war, arrangierte Mutti für mich einen Austausch mit der befreundeten Gustav Harmer-Familie. Der jüngere Sohn, Conrad, gleich alt wie mein Bruder Hansi, kam einen Monat zu uns nach England und ich konnte den ganzen Monat Juli bei Harmers, anfangs in Ottakring dann hauptsächlich draußen in Spillern verbringen. Die jüngste Tochter, Mette, war in meinem Alter. Alles für mich so schön arrangiert, von der lieben Mutti. Im Jahr 1956 fand in London eine berühmt gewordene Konzertaufführung von Don Giovanni in der Royal Festival Hall statt. Unser Verwandter, Eberhard Wächter, sang den Don Giovanni. Auch besonders war für mich, als Mutti mich zu Cavallería Rusticana undI Pagliaccimit in die Oper nach Covent Garden nahm. Und viel später dann, wenn wir nach Wien auf Besuch kamen, stand in unserem Zimmer immer ein Zyklamen-Stock zur Begrüßung…
Eineinhalb Jahre nach unserer Übersiedlung nach England wurde uns zu Muttis großer Freude der kleine Jolly geschickt. Ihr kleines Nesthäkchen. Er wurde uns gemeinsam mit einem Steirermädel übersandt, das teils als Kindermädchen für ihn und teils als allgemeine Haushaltshilfe für Mutti dienen sollte. Sie taugte weder für das eine noch das andere und verließ uns bereits nach einem Jahr.
Ein paar Jahre danach waren für Baba äußerst schwierige Zeiten herangebrochen und es begannen unangenehme Jahre in England. Ausgangspunkt war ein arges Zerwürfnis mit seinem englischen Gesellschafter, der ihn fälschlich wegen Betrug anklagte. Fern der Heimat schien sich damals alles gegen ihn zu wenden. Er wusste nicht mehr ein noch aus und war nahe daran den Kampf aufzugeben. Mutti jedoch ermutigte ihn: „Hans, kämpfe bis zum Schluss. Nur dann habe ich vollen Respekt vor Dir. Riskieren wir, was du im schlimmsten Fall für möglich hältst.” Die Angelegenheit klärte sich zu seinen Gunsten aber natürlich auch mit seinem Austritt aus der Firma.
Österreich war damals noch von den Alliierten besetzt gewesen. Wien teilweise, Niederösterreich aber vollständig von den Russen. Die Eltern zogen es daher vor mit der Familie weiterhin in England zu bleiben. Mit seinem beruflichen Neuanfang als beratender Ingenieur hatte Hans zu wenig Aufträge und nahm dann dankbar die Stelle eines Lektors bei Woolwich Polytechnic an. Die Vorlesungen dauerten oft bis spät in den Abend hinein und so kam er todmüde und abgerackert mit dem Zug aus London. Jeden Abend machte sich Mutti auf den Weg um ihn von der Station abzuholen. Zwar wohnten wir nur zehn Minuten entfernt, doch der Weg dorthin war eher gruselig. Man musste an einem steilen unbeleuchteten Felsabfall der North Downs entlanggehen, der gegenüber der breitangelegten Schienenanlage, den Ausweichstellen für die Züge und einem Kohlengrosshändler lag. So ging es noch einige Jahre dahin, bis endlich die gute Nachricht eintraf, dass Baba zum Ordentlichen Professor für Industrielle Elektronik an der Technischen Hochschule in Wien ernannt worden war. Die Freude mit der Mutti diese Nachricht empfing, war unbeschreiblich. Als sie England verließ und auf dem Boot nach Ostende an Deck stand, sagte sie: „Gott sei Dank. Nun bin ich endlich kein elender Ausländer mehr!” Das Schöne an England, so wie sie meinte, war gewesen, dass sie immer ganz und gar für ihren Mann und ihre Kinder da sein konnte. Ansonsten war ihr alles fremd geblieben. Die Sprache lernte sie nur recht mangelhaft zu beherrschen und ihr Akzent war stark geblieben. Auch hatte sie keine Freundinnen gefunden. Zwar gab es bei uns zu Hause immer ein reges Gesellschaftsleben mit häufigen Mittag- und Abendessen an den Wochenenden, aber alle die kamen waren Freunde und Bekannte vom Baba.
In Wien zogen die Eltern in die schöne große Wohnung am Franziskanerplatz ein. Dort konnten beide noch etwas über zwanzig glückliche Jahre verbringen. Ständig gab es Besuch von Kindern und Enkelkindern und sie waren von netten Dienstboten umgeben. Es wurden unentwegt muntere und interessante Mittag- und Abendessen für Muttis Großfamilie (von der Bertele-Familie war Hans der letzte Nachkomme) und den großen Freundeskreis veranstaltet. Auch an der Hochschule gab es oft Veranstaltungen, zu denen auch die Damen gebeten waren. Marceline war immer mächtig stolz auf alle Ehrungen, die ihrem Hans zuteil wurden. Zuhause gab man schöne Kammermusik-Abende, an denen Hans am Klavier, begleitet von zwei Geigen spielenden Freunden musizierte. Das ganze Jahr hindurch liebte es Hans vor oder nach dem Abendessen, auf dem schönen großen Bösendorfer Flügel, den ihm Marceline zur Hochzeit zum Geschenk gemacht hatte, zu spielen. Marceline saß dabei, im Salon au coin du feu – ob der Kamin nun angezündet war, oder nicht. Und in den Pausen seines Spiels pflegte sie zu sagen: „Sehr schön, Herr Mandi“ (ihr Kosename für Hans).
Matthäus Spechtler, direkter Nachkomme von Therese und Johann Peter von Reininghaus´ Tochter Luise (3.1.1851 – 15.10.1924, verehelichte Piffl), deren Sohn Gustav Piffl und dessen Tochter Adolfine/Ina Ludowika Piffl, lebt mit seiner zweiten Frau Leanne (geborene Steenkamp) in Hout Bay/Kapstadt/Südafrika und ist unternehmerisch vielseitig tätig.
Neben Rabbiter Africa zeichnet das Ehepaar auch für CallJoe verantwortlich, ein gemeinsam mit Hutchinson 3 Austria geschnürtes e-sim-Paket, das speziell allen Europa-Touristen beste Verbindungen während ihres Aufenthaltes sichert.
Das große Herzensprojekt jedoch ist WAFRICA (Water for Africa) für das selbst Premier Alan Winde bereits seine Unterstützung zugesagt hat:
„IT IS OUR VISION, WITH THE HELP OF OUR GLOBALLY UNIQUE SYSTEM, TO CURB WATER POVERTY NOT JUST IN AFRICA, BUT ALSO ON ALL CONTINENTS, AND TO SAVE MILLIONS OF HUMAN LIVES. ACCESS TO DRINKING WATER IS A HUMAN RIGHT. WE MAKE IT REALITY. OUR FOCUS IS ON: PRODUCTION, COMMISSIONING, CREATING JOBS, LICENSING, SALES, INTERNATIONALIZATION & SAVING LIVES“
WHAT WAFRICA WILL ACHIEVE We provide filtered and chilled drinking water | We provide free high-speed WiFi to those within a 500 metre radius of our system | We make a contribution to environmental protection | We only work with renewable energy | We will create thousands of new jobs | We save lives | We reduce up to 50% of plastic waste | We create new infrastructures We secure income for the people | We set signs and trends and serve the community.
The potential for WAFRICA is unspeakable, as more than 600 million people in Africa alone are without water and around 2 billion people worldwide according to the united nations. WAFRICA will first be launched in the South African market and then within the rest of southern Africa followed by targeted countries internationally. As a “Proudly South African” declared invention, WAFRICA will start its triumphant march from South Africa and save millions of lives. The production costs of one system is refinanced after approximately six months, based on a small community of 5000 inhabitants who regularly consume our water at an average price of R3 per 5 litres. The entire business model is designed to provide people with clean water at a price that is up to 90% cheaper and still beneficial. In addition the poorest of the poor will receive our water for free. People will not only appreciate WAFRICA but also love it, because water is life and the current prices for drinking water are pure usury.
WHY WAFRICA The most important thing at the moment is to build the first fully functional prototype. As soon as we have finished this first prototype, we will benefit from international funding from the Deutsche Entwicklungsgesellschaft DEG (German Development Agency, Johannesburg office) in the amount of at least 2 million Euros. I have already been promised this funding in writing, as DEG has classified the WAFRICA project as “the most innovative and most important project for the African continent in years.”
Furthermore, I was able to generate considerable interest from Premier Alan Winde, and he has assured me of his full support in officially launching the first system, which will generate enormous media coverage. I quit my job as a CMO of an international company because I was overwhelmed by the urgent need for water throughout the world and therefore founded WAFRICA. I financed the entire development of the system through to market readiness from my own resources. WAFRICA is my life and together we will save lives and be internationally successful. I have the commitment to international funding in the amount of 2 million euros = R 36m, as well as a brilliant team of international colleagues and technicians who have performed all of their services free of charge to WAFRICA. In this context, I would like to mention that all future employees (WAFRICA water warriors) will for the most part be seniors, as they have the necessary reputation and respect, and more than 95% of the employees will be people of colour. Furthermore, there will be an NGO within the company that will focus on the education of children in primary schools, since education is of the greatest importance to our youth and a means for a secure future.
We therefore kindly invite you to become an integral part of WAFRICA and to finance the first prototype so that we can start the project together. Let’s change the world together, save human lives, create jobs and become internationally successful.
Alles hatte 1853 damit begonnen, dass Adolf Ignaz Mautner seinen beiden Töchtern Therese und Emilie und deren Ehemännern Johann Peter und Julius Reininghaus einen beruflichen Start ins gemeinsame Leben ermöglichte, indem er das Kapital für den Erwerb der kleinen Brauerei zu Steinfeld bei Graz zur Verfügung stellte. Das, was den beiden Ehepaaren und ihren Nachkommen danach unter anderem mit dem Unternehmen Brauerei Brüder Reininghaus gelang, hat beispiellose steirische Wirtschaftsgeschichte geschrieben. So trägt das Areal am Steinfeld zu Recht den Namen Reininghausgründe, welche eine einzigartige historische Bedeutung für den Wohlstand und Aufstieg von Graz haben.
Nach dem Tod von Peter I. Reininghaus waren die Reininghausgründe allmählich in einen Dornröschenschlaf zurückgefallen, aus dem sie nun durch die Planung eines lebendigen Stadtviertels erweckt werden sollen. Dort, wo einst fortschrittlich Bier gebraut wurde, soll bis 2027 ein neuer Stadtteil entstehen, der rund 10.000 Bewohnern Platz bietet. Wie in seiner Blütezeit soll Graz-Reininghaus auch zukünftig wirtschaftliche, kulturelle und soziale Impulse setzen. Denkmalgeschützte Industriegebäude, wie Tennenmälzerei, Malzsilo, Markthalle, Brunnenhaus und die Villa Keil wurden glücklicherweise in das architektonische Konzept integriert und sollen auch im 21. Jahrhundert anmutig an den einstigen Pioniergeist der Reininghaus erinnern.
Prolog
Das Schicksal findet seine eigenen Wege, um das zusammenzuführen, was zusammengehört. So fanden bereits Rike & Abi Reininghaus im Februar 2021 auf wundersame Weise ihren Weg zu uns (aber das ist eine eigene Geschichte 🙂 ). Gemeinsam konnte daraufhin viel verschollen gedachtes Material gesichtet und veröffentlicht werden, unter anderem auch Bildmaterial von Adolf Ignaz´ fünftem Kind, Emilie. Ein solches Foto war es dann auch, in das sich eine steirische Maklerin verliebte, als sie das world wide web nach Inhalten für ihr Projekt durchsuchte. Unweigerlich musste sie dabei natürlich auf dynastiemautnermarkhof.com stoßen und gelangte so – zu mir. Bereits nach kurzem Gespräch teilten wir die Begeisterung für das Potential und die Möglichkeiten, die sich durch die Erschließung der Liegenschaften EZ 1821 und EZ 1863 gemeinsam mit der Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage GmbH für das Projekt boten. Hatte doch die BARI mit der Namensgebung „Julius“ und „Emilie“ für ihre beiden Bauteile bereits begonnen einen Konnex zur Familie herzustellen, so konnte darüber hinaus doch noch weit mehr getan werden, um historische Anerkennung und Wertschätzung für die beiden Namensgeber und ihre Familien zu schaffen. Gesagt getan. Ein kleines Konzept wurde geschrieben, Frau Herzeg / Delta Immobilien, legte es ihren Auftraggebern vor und ein Vertrag wurde mit der BARI abgeschlossen:
§ 1 Zielsetzung dieser Vereinbarung Durch die Namensgebung der Bauteile Reininghaus 1b in Julius und Bauteil Reininghaus 2a in Emilie, die auf die Vorfahren der Familien Reininghaus und Mautner Markhof Bezug nehmen, soll einerseits mit Hilfe der Familiengeschichte eine Vermarktungsunterstützung und andererseits eine historische Anerkennung und Wertschätzung für die Namensgeber geschaffen werden. § 2 Verwendung der Namen und Familiengeschichte Es soll entweder eine Tafel mit den relevanten Mitgliedern (5 – 7 Personen) der Familien Reininghaus/Mautner Markhof an den Haupteingangsfassaden der zwei Bauteile (Variante 1) oder 7 kleinere Namenstafeln am jeweiligen Eingang der 7 Häuser (Variante 2) angebracht werden. Welche der Varianten zum Einsatz kommt obliegt der Bank Austria Real Invest Immobilien- Kapitalanlage GmbH. Im Gegenzug erhält die Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage GmbH unentgeltlich die Werknutzungsbewilligung für die Verwendung der von der Namensgeberin zur Verfügung gestellten Texte und Bilder die Familiengeschichte Reininghaus und Mautner Markhof betreffend zur Vermarktung der in der Präambel näher bezeichneten „Reininghausgründe“ bzw. die auf diesem Areal von ihr erbauten oder geplanten Quartiere und Bauten. § 3 Umsetzung Texte und Gestaltung bis hin zu den Druckdaten der in § 2 genannten Tafeln, werden in Orientierung am Auftritt der beiden Liegenschaften (Farbklima, Schrift) von der Firma ÜberInc Werbeagentur und Marketing Consulting GmbH (FN 197386z) nachfolgend „Agentur“ genannt und vertreten durch die Geschäftsführerin Frau Beate Hemmerlein, geliefert. Die BARI verpflichtet sich die vollständigen Produktions- und Montagekosten der Tafel(n) zu übernehmen und trägt Sorge dafür, dass diese ordnungsgemäß spätestens mit Fertigstellung der Bauteile angebracht sind. Agentur und Namensgeberin liefern unentgeltlich die vereinbarten Fotos 1 x Emilie und 1 x Julius in Internetauflösung sowie entsprechende Texte, die in unveränderter Form einzig für die Online- Vermarktung der beiden Bauteile (Emilie Bauteil Reininghaus 2a und Julius Bauteil Reininghaus 1b) verwendet werden dürfen.
Die Brüder Reininghaus kehren zurück zu Ihrem Ursprung
Mit der Erschließung der Liegenschaften EZ 1821 und EZ 1863 führt die Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage GmbH die Steinfeldgründe nun im 21. Jahrhundert wieder zurück zu ihrem Ursprung.
Wohnen, arbeiten, leben & gedeihen
Julius und Emilie Reininghaus – ein liebendes Powerpaar des 19. Jahrhunderts. Seite an Seite stehend – symbolisiert durch die beiden Bauteile DAS JULIUS und DAS EMILIE – zeichneten sie von Beginn an gemeinsam mit Johann Peter und Therese für den Aufbau und Aufstieg des Steinfeldes verantwortlich. Zwei liebende Ehepaare, die sich den Werten „Fleiß und Wille“ ihres Vaters und Mentors ebenso verschrieben hatten, wie dem Familiensinn und karitativem Engagement. Die beiden Liegenschaften setzen sich aus insgesamt 7 Einheiten zusammen, die, als Reminiszenz, nach weiteren Familien-Persönlichkeiten benannt, auch symbolhaft für ihre Namensgeber und deren Eigenschaften und Errungenschaften stehen sollen.
Bauteil Julius
Haus „Mautner Markhof“
Namensgeber dieser Immobilie ist Adolf Ignaz Mautner Ritter von Markhof, Stammvater der gleichnamigen Dynastie und Kapitalgeber und wirtschaftliches Vorbild für die Erschließung der Reininghausgründe. Er ging nicht nur als Bierbrauer und Erfinder in die Geschichte ein, sondern vor allem auch als Pionier sozialer Reformen, für die er u. a. geadelt wurde.
Haus „Julius“
Benannt nach Julius Reininghaus, dem Mastermind bei der Erfindung zur Erzeugung der Presshefe. Chemiker, Wissenschaftler und Genie – ein Bill Gates des 19. Jahrhunderts.
Haus „Johann Dietrich“ Johann Dietrich „Hans“ von Reininghaus war als jüngster Sohn von Johann Peter und Therese zuerst als Prokurist in das Familienunternehmen eingebunden, machte sich danach jedoch aufgrund seiner vielseitigen technischen Begabungen als Ingenieur, Erfinder und Leiter der Portorose Aktiengesellschaft einen eigenen Namen. Seiner Ehe mit Virginia „Gina“ Agujari, der späteren Gina Conrad von Hötzendorf, entsprang u. a. Sohn Peter, der ab 1920 die Geschicke der Brauerei für fünf Jahrzehnte lenken sollte.
Bauteil Emilie
Haus „Johann Peter“
Johann Peter, später geadelt zum Edlen von Reininghaus, ist diese Immobilie gewidmet. Sein Schaffen und Werken war so umfangreich, dass es sich am besten mit den Worten von Zeitzeugen wiedergeben lässt. Als Schwiegersohn von A. I. Mautner Ritter von Markhof war er nicht nur Wirtschaftspionier und begnadeter Kaufmann, sondern als empfindsamer Förderer der Künste auch selbst Dichter und Entdecker des großen steirischen Schriftstellers Peter Rosegger.
Haus „Therese“ / Haus „Emilie“
Den beiden Schwestern und Pionierinnen des 19. Jhds. sind diese beiden Häuser gewidmet. Seite an Seite, so wie sie ein Leben lang beieinander und füreinander am Steinfeld standen, so präsentieren sich nun ebendort diese beiden Immobilien und strahlen die Wärme und familiäre Geborgenheit aus, mit der Therese und Emilie ein Leben lang ihre Ehemänner, ihre Kinder und die Menschen der Region versorgten. Therese, als Gattin von Johann Peter Edler von Reininghaus, und Emilie, als Ehefrau von Julius Reininghaus, beide Töchter von Adolf Ignaz Mautner von Markhof, waren maßgeblich an der Entwicklung des Steinfelds und am Aufstieg der „Brüder Reininghaus“ beteiligt.
Haus „Peter“
Als Enkel von Johann Peter und Therese und Sohn von Johann Dietrich und Virginia „Gina“ Agujari, wurde Peter von Reininghaus nicht nur bereits in Steinfeld geboren, sondern lenkte auch für mehr als fünf Jahrzehnte die Geschicke der Brauerei. So trägt dieser mächtige Bauteil zu Recht seinen Namen und soll daran erinnern, wie Intelligenz, Loyalität, Fleiß und Wille einen beispiellosen Wiederaufbau und Aufstieg auch nach den dunkelsten Zeiten ermöglichen können.
Das Projekt konnte dank dem großen Interesse und Engagement von Renate Herzeg / Delta Immobilien verwirklicht und mit März 2023 zum Abschluss gebracht werden.
Making of der Gedenktafeln auf den Reininghausgründen der Familie Mautner Markhof/Reininghaus
Samstag, 11. Dezember 1965. In der großen, damals noch sogenannten Conte Corti-Wohnung im dritten Stock des Hauses Nummer 1 am Wiener Franziskanerplatz, war die dort beinahe vollzählig versammelte Familie Bertele bereits um 7 Uhr morgens auf den Beinen. Nur zwei der Geschwister, Emy und Hansi, waren leider Gottes nicht anwesend.
Das unaufhaltsame Ticken und Klingeln von einem Drittel der ungefähr 120 Steh-, Tisch- oder Laterndluhren, die sich über die ganze Wohnung verteilten, hatte so manches Familienmitglied schlaflos gehalten. Jedenfalls schien niemand einen Wecker gebraucht zu haben. Am allerwenigsten ich Ursula, die künftige Braut, mit Kosenamen Ucki. Schon vor 7 Uhr war ich aufgestanden, um das Badezimmer in meinem Appartement für die restliche Geschwisterschar frei zu machen. So riesig die Wohnung auch war, verfügte sie über nur zwei Badezimmer und diese noch dazu ohne Dusche. Nichts desto trotz wollte jedes der Geschwister seine Morgentoilette genießen, deswegen hatte ich es sehr eilig.
Selbst dem sonst so äußerst autoritären Familienvater Hans, Baba gerufen (weder Papa noch Papi, sondern seit eh und jeh auf eigenen Wunsch so genannt, anscheinend, weil mein ältester Bruder Otto das Wort Papa bei einem seiner ersten Sprachversuche so herausgebracht hatte), war es an diesem Morgen nicht gelungen, die Familie ordnungsgemäß und gesittet zum gemeinsamen Frühstück um den Speiszimmertisch zu versammeln. Manch eines der Kinder wagte es sogar der väterlichen Autorität dahingehend zu trotzen, indem es, stehend, Vorräte, die für die kommenden Tage gedacht waren, bereits an diesem Morgen genüsslich verzehrte. Nur aufgrund des besonderen Tages war es glücklicherweise nicht zu einem Krach gekommen.
Pünktlich um 9 Uhr läutete es an der Tür. Damals hatte es auf der 1. Stiege des alten ehrwürdigen Hauses noch keinen Aufzug gegeben (es existiert noch eine zweite, bescheidenere Stiege, die man durch den Hof erreichen kann). Man musste das prächtige breit angelegte steinerne Stiegenhaus zu Fuß begehen. Hohe Stockwerke gab es da, bis zum dritten Stock mit bis zu vier Meter hohen Plafonds. Keinen Schummel mit Hochparterre und Mezzanin, wie es in Wien im 19. Jahrhundert dann eingeführt wurde.
Es hatte die junge Friseurin aus der Weihburggasse an der Tür geläutet. Ein liebes Geschöpf, das ich gut kannte, weil sie mir in der Faschingszeit die Haare für die Bälle immer recht schön machte. Keine leichten und dankbaren Haare, die meinigen – seit jeher wie Spinnenweben. Aber dank ihr war ich binnen einer halben Stunde schon recht hübsch aufgeputzt. Leider kann ich mich weder an ihren, noch den Namen des damals sehr bekannten Salons, der schon längst nicht mehr existiert, erinnern.
Wiederum läutete es. Diesmal wurde das wunderschöne Brautbouquet geliefert. Es hatte kaum einen Weg zurückzulegen, die Blumenhandlung befand sich praktisch ums Ecke, in der Singerstraße, in einer der Dependancen des Franziskanerklosters.
Die Hochzeit sollte um 11 Uhr, gleich gegenüber in der Franziskanerkirche stattfinden. Nur ein paar Schritte waren es vom Haus und ich wollte nur im Brautkleid, ohne Mantel und sonstigen Schutz, den Platz überqueren. Obwohl der Tag kalt war, nur ein paar wenige Grade über Null, schien die Sonne bei blauem Himmel. Welch’ ein Glück, ich würde trocken und ohne einen Schirm zu benötigen die Kirche erreichen können.
Eine halbe Stunde vor dem Gang zur Kirche sollten sich engerer Familienmitglieder unten in der Halle versammeln, um den von Onkel Bili sorgsam geplanten Brautzug zu bilden. Mittlerweile gab es ein lustiges Getümmel in der Wohnung. Nur Baba verfügte über einen eigenen Cut, ich glaube er hatte ihn für die Hochzeit extra anfertigen lassen (den Zylinder hatte er allerdings verweigert). Otto und der noch junge aber hochgewachsene Ulrich hatten sich ihre Outfits in der Leihanstalt besorgt; irgendwo draußen an der Wieden oder im dritten Bezirk – ein Wiener Moss Bros. Auch sie gingen ohne Zylinder.
Ich schließlich kleidete mich in ein schlichtes, langärmeliges Brautkleid und Schwester Liesl – so denke ich jedenfalls – setzte mir den Schleier und das kleine zierliche Kopfband auf. Liesl war bereits seit einigen Jahren in Pakistan mit Syed Afzel Naqvi verheiratet gewesen und hatte damals schon drei oder vier Kinder. Sie war am Vorabend angereist, wie immer sprühend voller Lebensenergie und keine Spur von Jetlag. Bildschön war sie, in einen prachtvollen Sari gekleidet. Für den Weg zur Kirche allerdings und um in ihr nicht zu erfrieren, wurde ihr dann glücklicherweise ein Pelzmantel geliehen.
Etwas vor halb elf begaben sich die meisten der Familie hinunter in die Halle, um sich von Onkel Bili in den Brautzug “einordnen“ zu lassen. Nur Baba und ich warteten weiterhin oben, weshalb ich über das, was sich unten abspielte, nicht berichten kann. Jedenfalls löste Onkel Bili alles, auch laut Protokoll, bestens. Protokoll gab es da genug und Onkel Bili hatte seinen Spaß daran. Dazu muss ich nun natürlich und endlich auf den spanischen Bräutigam José Manuel Allendesalazar Valdés kommen und auf die restlichen, die den Brautzug bildeten.
Mein zukünftiger Mann, ein junger Diplomat, war am 8. Dezember mit seinen Eltern von Madrid nach Wien geflogen. Seine Cousine und ihr Mann hatten – zusammen mit einer 14jährigen Nichte, die als älteste Tochter ihren Vater vertrat – die Reise von Madrid über Paris im Zug unternommen. Sowohl Josés Vater sowie Guillermo, der Mann seiner Cousine, waren Militärs im Rang eines Oberst und erschienen beide in Uniform. Und beide mit vielen Medaillen dekoriert. Guillermo war im Zweiten Weltkrieg als blutjunger Mann Mitglied der Blauen Division und – zur Bekämpfung des Bolschewismus – mit ihr und der deutschen Armee in Russland gewesen, wo er mit dem Eisernen Kreuz mit der Swastika ausgezeichnet worden war (er trug es aber nicht unter den sonstigen Medaillen). Diese spanische Familiengruppe war die kurze Strecke vom Hotel Kaiserin Elisabeth in der Weihburggasse zu Fuß gegangen und hatte so schon viele Blicke auf sich gezogen. Auch die spanische Botschaft, die komplett erschienen war, erregte bei den vielen Zaungästen am Platz große Aufmerksamkeit. Vor allem die ausnahmslos gutaussehenden Herren in der auffallend schönen, dunkelblauen, mit Goldfäden verbrämten Diplomatenuniform, die natürlich auch vom Bräutigam getragen wurde. Eigens für die Hochzeit hatte er sie schneidern lassen. Ein teurer Spaß. Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten gewährte Kredite, die von den jungen Diplomaten euphemistisch der Sarg genannt wurden. Für die Herren war es ein ausgesprochener Gala-Tag. Außer meiner Schwester Liesl, gekleidet im Sari, und möglicherweise auch mir, der Braut, konnte keine anwesende Dame auch nur annähernd so viel Aufsehen erregen.
Anhand der mittlerweile schon vergilbten Fotos ist es mir gelungen, den Brautzug, der vom Haus zur Kirche schritt, wieder zu rekonstruieren. Angeführt wurde er von José Manuel mit seiner Mutter Carmen am Arm. Nur drei erwachsene männliche Berteles konnte man zählen – meinen Vater Hans mit seinen Söhnen Otto und Uly. Ein Familienschicksal an spärlich vorhandenen männlichen Nachkommen, das sich auch in meiner Generation fortsetzt. Nur ein einziger ist übrig, der den Familiennamen vererben kann – und dieser lebt in England. Ganz im Gegenteil mütterlicherseits, bei der Familie Mautner Markhof, welche zahlreich vertreten war. Sie teilt sich in die Linie der “weißen“ (blonden) Mautners, abstammend von Georg II. Anton und Emy Reininghaus, und die der “schwarzen” (dunkelhaarig), abstammend von Theodor I.. Marceline, meine Mutter, war als Tochter Georg Antons folglich eine „weiße“ Mautner Markhof. Unter den “Schwarzen”, ragte damals Manfred I. heraus, nicht nur aufgrund seiner beachtlichen Körpergröße, sondern auch sehr würdig mit Zylinder. Inmitten des Brautzuges auch die gute alte Tante Hansi, Witwe von Onkel Werner Reininghaus, die mir lieberweise das von mir selbst entworfene Brautkleid genäht hatte.
So schritten alle feierlich über den Platz und endlich in die Kirche. Dort, in einer der ersten Bänke, saß die liebe Omi, Emy Reininghaus/Mautner Markhof, damals noch keine achtzig Jahre alt. Etwas jünger, als ich heute bin, feierte ich doch im Dezember 2021 meinen achtzigsten Geburtstag. Erstaunlich, wie sich die Wahrnehmung ändert, waren mir doch sowohl sie als auch die Bertele-Großmutter, genannt Momo, uralt vorgekommen, auch schon lange davor, als sie rückblickend noch keine sechzig Jahre zählten. Anwesend waren auch der Photograph vom renommierten Atelier Winkler Ecke Singerstraße, den ich extra gebeten hatte, während der Kommunion vom Fotografieren abzusehen. Der sehr gute Orgelspieler und Priester, der die Messe las und uns traute, waren Freunde von Baba. José Manuel und ich hatten bereits am Vortag mit dem jungen bebrillten Pater Ludwig, der wie eine Eule aussah, die Zeremonie geprobt. Babas Freund hingegen war ein blendend aussehender, graumelierter Mann, vom Erzbischofamt, der jedoch bald nach unserer Hochzeit das Priesteramt zurücklegen sollte. Die Mautner-Familie, hätte es gerne gesehen, wenn die Trauung vom lieben alten Pfarrer Oppolzer, der irgendwo im Wienerwald eine Pfarre betreute, vorgenommen worden wäre. Mir selbst wäre Pater Cornelius von Heiligenkreuz am liebsten gewesen, doch Baba hatte eisern auf seinen Pater Bachleitner bestanden und wie bei allen Dingen, die er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, war daran durch nichts und niemanden zu rütteln.
Ein weiteres etwas ungewöhnliches Schauspiel bot das Aufgebaut an Trauzeugen, das nach spanischer Sitte üblich war. José Manuel hatte seinerseits seinen Vater, Guillermo, den Mann seiner Cousine, den spanischen Botschafter und zwei weitere Mitglieder der spanischen Botschaft – – insgesamt fünf. Onkel Bili, soviel ich mich erinnere, war in Sorge, dass unsere Seite zu kurz kommen könnte und so bat er als meine Trauzeugen seinen ältesten Bruder Georg III. Buwa, damals Oberhaupt der “weißen“ Mautner Markhof-Linie, und auch meinen Bruder Otto. Der jüngste spanische Diplomat wurde dafür auch auf unserer Seite des Altars platziert, um das optische Bild ausgeglichener zu gestalten. Eigentlich ganz amüsant, an welche Kleinigkeiten man sich nach so vielen Jahren noch erinnert! Dazu fällt mir auch die spanische Sitte des “Brautkaufs” ein. 13 neue glänzende Peseta-Münzen hatte José Manuel eigens dafür mitgebracht.
Nach der Messe wurden die Papiere in der Sakristei unterschrieben, dort begaben sich anschließend auch alle Hochzeitsgäste hin, um uns ihre Glückwünsche auszusprechen. Noch immer habe ich Tränen in den Augen, jedes Mal, wenn ich das Foto der lieben Omi betrachte, als sie mich zutiefst ergriffen umarmte. Momo, Babas Mutter Elsa Arailsa Bertele, spanisch-baskischer Herkunft, konnte nicht anwesend sein, weil sie, obwohl gleichaltrig wie Omi, bereits damals schwer von heftigen Gelenksschmerzen geplagt, in einem von Klosterschwestern geführten Heim in Vorarlberg, am anderen Ende von Österreich, weilte.
Draußen am Franziskanerplatz hatten trotz der Kälte sehr viele Zaungäste ausgehaart, um die Hochzeitsgesellschaft noch einmal beim Verlassen der Kirche zu betrachten. Auch wurde über das Ereignis am nächsten Tag in einer der Zeitungen in der Rubrik Wien intim berichtet. Merkwürdigerweise erschien ein Foto der Trauung auch zwei Jahre später als Titelbild des Presse-Artikels Am liebsten eine Kirche mit Freitreppe. Wir erfuhren darüber über seltsame Umwege: Ein Kollege José Manuels erhielt den Zeitungsauschnitt in Dakar/Senegal von seinem österreichischen Kollegen und schickte ihn uns dann weiter nach Lima (Peru war José Manuels erster Auslandsposten).
Um 13.00 Uhr fand das Mittagessen im Hotel Bristol statt. En petit comité – es waren ca. 30 Personen geladen. Omi und José Manuels Vater, damals auch fast achtzig, konnten sich bestens auf französisch unterhalten. Der Botschafter, Antonio Luna, der kein Berufsdiplomat, sondern lange Jahre hindurch in Den Haag am Obersten Gerichtshof tätig gewesen war, hatte sehr gut deutsch gesprochen. Die anderen Botschaftsmitglieder weniger, weshalb man sie zur spanischen Familientruppe platziert hatte. Alles war bestens verlaufen.
Um 15.00 Uhr fand dann der riesige Empfang in der Wohnung am Franziskanerplatz statt. Das Catering, wie man heutzutage sagt, wurde vom Gerstner ausgerichtet. Damals noch unter der Leitung der guten alte Frau Gerstner und das Geschäft war noch auf der anderen Seite der Kärntnerstraße. Hauptsächlich ich selbst hatte die Vorbereitungen mit ihr getroffen und natürlich nur lauter köstliche Sachen gewählt. Österreicher sind ja nicht nur Feinschmecker, sondern auch zu jeder Stunde bereit es sich mit Speis und Trank gut gehen zu lassen. Alle waren sie gekommen, die Kirchengäste und darüber hinaus noch viele, viele mehr. Fast durchgehend Freunde der Eltern und natürlich die Mitglieder der zahlreichen Mautner Markhof-Verwandtschaft. In der heutigen Zeit hat sich das wesentlich verändert, da die meisten Hochzeitsgäste aus jungen Leuten bestehen, den Freunden des Hochzeitspaares.
Zum Abschluss noch etwas Lustiges: In Baba war in den Tagen kurz vor der Hochzeit plötzlich die Befürchtung aufgestiegen, dass der Boden im Salon, dem schwächsten Teil in der Mitte der Wohnung, durchbrechen könnte (das Haus stammt laut Rudolf Kisch ursprünglich aus dem 14. Jahrhundert). Baba bekam Angst vor dem großen Andrang, der zu erwarten war. So kam ihm – dem Ingenieur – endlich eine Lösung in den Sinn: Er stellte den schweren Eichenholz-Tisch mit der rosa Marmorplatte unter den großen Luster in die Mitte des Salons. Ein schwerer Tisch stellte zweifellos eine kleinere Gefahr als fünfzehn oder zwanzig Leute dar. Ende gut, alles gut. Der Salonboden brach nicht zusammen.
Am nächsten Morgen, Sonntag, fast noch im Morgengrauen, gingen José Manuel und ich den kurzen Weg vom Hotel Elisabeth die Weihburggasse entlang zur Franziskanerkirche, um vor unserem Abflug noch die 8 Uhr Messe zu besuchen. Noch bevor wir den Platz erreichten, bog plötzlich meine liebe Mutti mit meinem Brautstrauß in Händen ums Eck und kam uns entgegen. Es war eine völlige Überraschung. Muttis Augen waren feucht und aus meinen flossen die Tränen, als ich sie umarmte, während sie mir den Brautstrauß überreichte. Wir wechselten kaum ein Wort, begleiteten Mutti zum Tor des Hauses, hielten für sie die schwere dunkelgrüne Türe offen und blickten ihr nach, als sie im Dunkel der Halle verschwand.
Diese Begegnung bleibt für mich einer der schönsten und ergreifendsten Momente der Hochzeit und auch heute noch, wenn ich diese Zeilen schreibe, habe ich das Bild der geliebten Mutter vor mir.
Anlässlich der Hagenbund-Ausstellung im Leopold Museum wurden auch Werke ausgestellt, die die „Brauerei Mautner Markhof“ aus den Augen zeitgenössischer Künstler zeigen.
Sozialkritische Kunst der Zwischenkriegszeit
Nach dem Zerfall der Donaumonarchie stellte die politische und wirtschaftliche Notlage und die daraus resutierenden sozialen Spannungen die junge Republik Österreich vor eine Zerreißprobe. Die im Roten Wien seit 1919 mit absoluter Mehrheit regierenden Sozialdemokraten propagierten den „Neuen Menschen“ als kulturelles Gegenmodell zur katholisch-konservativen Politik der christlich-soziale geprägten Staatsregierungen. Die Versorgungsengpässe, galoppierende Arbeitslosenzahlen, Hyperinflation, Währungsverfall und die daraus resultierende weit verbreitete Armut stürzten den Künstlerbund Hagen bis in die 1930er Jahre wiederholt in existenzielle Krisen: Ausstellungen konnten im Winter nicht beheizt werden und 1932 war man genötigt, Kunstwerke im Tausch gegen Lebensmittel anzubieten.
Die prekären Lebensrealitäten der Zwischenkriegszeit spiegeln sich in den Werken von Karl Hauk, Otto Rudolf Schatz, Felix Albrecht Harta oder Carry Hauser die zwischen 1925 und 1930 dem Hagenbund beitraten, wider. „Man spürt in diesem Künstlerkreis intensiver als anderswo in Wien den Atem der Gegenwart“, schrieb das Neue Wiener Journal 1931. Auch stilistisch progressiv, repräsentierte die Kunst des Hagenbundes eine radikale Moderne, die nach dem Austritt mehrerer Gründungsmitglieder und Verfechter der Wiener Stilkunst auch vereinsintern an Einfluss gewann.
Als „Propagandist“ des Roten Wien schuf Schatz mehrere ausdrucksstarke Holzschnittfolgen, darunter „Die Stimme der Arbeit“, worin er die Situation des Proletariats in der Großstadt anprangerte. So wie z. B. in seinen nüchternen Ansichten überdimensionaler Kesselräume in denen der Mensch allenfalls als Staffage Platz findet.
Noisy, smokey and stinking of the streets, the tavern shakes as greetings echo around battle-weary soldiers, prostitutes and drunks, all demanding more … more music, more food, more beer. They were drinking dunkels, dark German-style lagers made through top-fermentation techniques with similar taste profiles to Belgian Dubbels and English Porter.
We’re in late 1830s Vienna, the soon-to-be capital of the sprawling Austro-Hungarian Empire. It’s a city of intrigue, betrayal and dingy coffee houses with a reputation for serving the worst beer in Europe. Production is fractured, brewers disinterested, ingredients low quality. Disguised with herbs and spices ranging through ginger, laurel, and rosemary, contemporary sources report tankards of foul smelling beer, and lots of flatulence.
Into this bleak social landscape came Anton Dreher Snr, scion of a local brewing family whose beer production and finances were both struggling, along with my ancestor, Adolph Ignaz Mautner Markhof a mutton chopped brewer and Dreher Snr’s main competitor as soon-to-be Beer Barons.
Brewers such as Dreher Snr and Mautner Markhof were 19th century beer-nerds, curious about the science of brewing and happy to get stuck into the rough and tumble of commerce. For decades, these two sparred for technological and commercial advantage, until the Dreher family lost interest and Mautner Markhof’s descendents absorbed Dreher’s prime Schwechat brewery into their own operations.
Fast-forward to the 1970s and it is endless supplies of cola and fizzy orange that shape my earliest memories of childhood holidays with my maternal grandparents in Vienna, and visits to extended family living in the Schwechat brewery. But as I grew into my teens, the beer made its appearance: my brothers and I secretly flipped open bottles we found in cellars and store rooms pursing our lips as we sipped the bitter Vienna Lager.
It was common for young brewers in the early 1800s to travel and work across Germany, Belgium and Britain. In search of knowledge, Dreher Snr and his friend and business partner Gabriel Sedlmayr from Munich’s famous Spaten brewery, took to the road – and they didn’t care how they got their information.
British industrialists were notoriously secretive, but nonetheless – perhaps naively – welcomed the pair into their breweries, where the ambitious friends embarked on what can only be described as industrial espionage, including using an adapted walking cane to steal away liquid samples.
At the start of the nineteenth century, British breweries had began using heated air to dry the malt, achieving an evenly roasted product with little scorching. Returning to Vienna, Dreher Snr experimented with British kilning methods, creating a lightly caramelised amber malt. He called it Vienna Malt, mixed it with lager yeast and brewed a reddish-copper lager with a delicate, slightly bready profile reminiscent of British pale ale. The beer was released in 1841 as ‘Lager Vienna Type’ or Vienna-style lager, and so started Vienna’s Golden Beer Century.
The Lager’s superior structure and flavour immediately appealed to the jaded and abused palettes of the Viennese, offering a cleaner, fresher taste. The resulting morning sore heads were soothed with reviving breads such as the Kaiser-Semmel, a hugely popular sweet, white, segmented roll. Viennese bakeries had long done good business, using copious amounts of fresh yeast, easily available from top-fermented ale production popular in pre 1840-Vienna.
Production of Vienna Lager, however, posed a problem. Bottom-fermented lagers like Dreher’s did not produce fresh yeast, Viennese bakers were soon short of supplies.
Into this culinary emergency stepped Adolph Ignaz Mautner Markhof supported by his sons (he had ten children and 72 grandchildren). Renting breweries in the districts of St. Marx and Floridsdorf in 1848 Adolph Ignaz partnered with his sons-in-law Julius and Peter Reininghaus in the southern Austrian town of Graz. Together they developed a brand new process to produce yeast strains from bottom-fermented tanks (pressed yeast) – a system that became informally known as the ‘Mautner Markhof filter yeast process’.
The bakers were not slow to show their gratitude. This pressed yeast won a huge cash prize from the powerful Viennese Bakers Guild. A fortune quickly followed which – riches that made possible the purchase by the Mautner Markhof family of Dreher’s original Schwechat brewery in the late 1920s during the global financial crash.
After the economic devastation of World War 1 Vienna Lager never regained its status in its home market, with the Viennese turning to wine and other brews.
However, in the early 2000s, North American craft beer revivalists began dusting off recipes for this forgotten lager, inspiring a handful of breweries in Austria and the UK to follow. They have produced a choice of palatable drinks with robust malt, clean yeast characters, and a light amber colour shot through with the red of the original Vienna Lagers.
It’s a welcome revival of this very particular beer – along with a crate full of memories from my family history.
Damals, im Wien der 1860er Jahre, nachdem die Stadtbefestigungen abgerissen und das Glacis aufgelassen wurde, schossen auf der neu angelegten Ringstraße großzügig angelegte Palais aus dem Boden hervor. Am Parkring, Ecke Zedlitzgasse entstand eines davon – das „Dumbapalais“. Der aus Griechenland stammende Industrielle, Wohltäter und Politiker Nikolaus Dumba ließ es für sich im Neorenaissance-Stil erbauen. Mit der Innenausstattung seiner Wohnung wurde vorerst Hans Makart beauftragt. Von der von Makart eingerichteten Bibliothek existiert ein Bild, gemalt von Rudolf von Alt, auf dem nur wenige Bücher zu sehen sind und der Raum so schrecklich schwerfällig und überladen scheint, dass einem die „Grausbirnen“ aufsteigen. Später zog Dumba, der ein großer Musikliebhaber war und dessen Liebe vor allem Schubert galt, den jungen Gustav Klimt hinzu und gab ihm den Auftrag, zwei sogenannte Supraporten für das Musikzimmer zu malen. Eines war der Musik gewidmet, das andere stellte Schubert am Klavier sitzend dar. Es war die Zeit, als Klimt in seinen Anfängen und den Fußstapfen Makarts folgend, sich noch eifrig am Dekorieren der Ringstraßenpalais beteiligte.
Mitte der 1920er Jahre war Erwin Böhler (aus der Familie Gebrüder Böhler Edelstahlwerke) in einer der Wohnungen des Palais Dumba mit seiner Familie ansässig geworden. Das Ehepaar führte ein reges gesellschaftliches Leben und veranstaltete während der Faschingszeit märchenhafte Bälle für ihre beiden Töchter. Einladungen dazu waren bei der damaligen Wiener Jugend mehr als begehrt. Kaum vorstellbar, dass diese in der vollmöblierten Wohnung von Nikolaus Dumba hätten stattfinden können, es wäre ja kaum Platz zum Tanzen gewesen. Immerhin, die Wohnung der Böhlers befand sich im ersten Stock, also am Piano nobile.
Einer der Glücklichen, die im Februar des Jahres 1925 eine Einladung zum Hausball erhalten hatten, war der fesche 23 jährige Hans von Bertele. Hans war ein begabter und eifriger Student der Technischen Hochschule gewesen, der nicht nur gewissenhaft studierte, sondern auch immer dort, wo es etwas zu feiern gab, gerne mit dabei war. Es blieben ihm noch ein paar Jahre bis zum Ende seines Studiums, und Eltern von Töchtern im herannahenden heiratsfähigen Alter sahen in ihm bereits einen potentiellen Schwiegersohn mit vielversprechender Zukunft. So war er überall gerne eingeladen und gesehen. Vor allem auf diversen Tanzveranstaltungen, da er als hervorragender Walzertänzer auch Damen mit überflüssigen Pfunden federleicht über das Parkett zu führen wusste (er hatte die damals vor einigen Jahren gegründete Tanzschule Willy Elmayer besucht). Im Jahr 1924 hatte der erste Wiener Philharmonikerball stattgefunden, für den Richard Strauss eigens eine Festfanfare komponierte. Alles in allem ein unvergessliches Ereignis. Für die Eröffnung wurde dem Jungherren Hans eine zwar hübsche aber sehr gut gepolsterte Comtesse zugeteilt, die sich für den Ball in allzu kleine, sehr hohe Stöckelschuhe hineingezwängt hatte und so bereits nach der Eröffnung den verbleibenden Abend mit schmerzenden Füßen und ohne Schuhe am Tisch ihrer Eltern sitzend verbringen musste. Hans absolvierte zwar regelmäßig Höflichkeitsbesuche, nutzte aber die restliche Zeit, um mit einigen der hübschesten Debütantinnen unbeschwert das Tanzbein zu schwingen. Den „Techniker Cercle„ hatte er mit Lorle, der älteren der beiden Böhler-Töchter eröffnet. Sowohl von den Eltern der schuhlosen Comtesse (wie er sie zu nennen pflegte) als auch von Lorles Eltern wurde er mit recht wohlwollenden Augen betrachtet. Hans hatte die Böhler-Töchter Lorle und Trautl bei Wagemann auf der Wienzeile kennengelernt. Obwohl Lorle die hübschere von beiden war, hatte ihm die stillere Trautl besser gefallen, da er, sehr vielseitig interessiert, das Gespräch lieber selber führte, als sich „Mädchen-Geschnatter“ anhören zu müssen.
Bei der Einladung zum Hausball bei Böhlers handelte es sich um einen Maskenball. Hans musste nicht lange hin- und herüberlegen wie er sich verkleiden sollte – er würde als Seeräuber gehen. Er hatte nicht die Absicht sich mit seinem Kostüm viel Mühe zu geben. Seine alte eng anliegende Bergsteigerhose, die nur bis übers Knie reichte, und ein kragenloses weißes Hemd, dessen Ärmeln er aufkrempelte, mussten reichen. Darüber zog er das dunkelgrüne Gilet mit Silberknöpfen vom Steireranzug seines Vaters an. Investieren musste er nur noch in ein Paar weiße dünne Kniestrümpfe und ein grellrotes Kopftüchel, mit dem er sein dichtes dunkles Haar zusammenbinden konnte, das er sich in Hinblick auf den Ball hatte extra länger wachsen lassen. Fertig gekleidet und zum Abgehen bereit, entkam er nicht dem Spott und Gelächter seiner Schwester Mädi, die wie man damals sagte, im Backfischalter war: “Na, du gekünstelter Pirat in feinen schwarzen Tanzschuhen würdest nicht einmal für einen Raub am Neusiedlersee taugen.” Hans, bestens gelaunt, lachte mit. “Aber sicherlich gut genug, um ein paar jungen Mädchen den Kopf zu verdrehen. In zwei, drei Jahren, wenn Du an die Reihe kommst und zu einem Maskenball geladen bist, wirst Du zweifellos wochenlang darüber nachdenken, wie Du Dich verkleiden kannst“ konterte er. “Uh, da freue ich mich jetzt schon drauf! Sag´, Du, wirst so auf die Straße gehen?“„Nein du Dummkopf. Da zieh’ ich natürlich meinen Lodenmantel drüber.”“Hast Du die Maske mit?” “Nein. Schau’ Kleine, danke, da bist Du doch zu etwas nützlich.” Und schon eilte Hans in sein Zimmer zurück, steckte die Maske in eine der Manteltaschen, sagte seinen Eltern “Gute Nacht” und war schnell durch die Haustür verschwunden. Er hatte sich am Stephansplatz vor dem Rothberger Warenhaus mit seinem Freund Georg Rendezvous gegeben. Er ging zu Fuß, denn es war nur ein kurzer Weg von der Loidoldgasse. Georg kam verspätet mit der Straßenbahn aus Döbling. Hans, mittlerweile ungeduldig, trat von einem Fuß auf den anderen, um sich an diesem eiskalten Abend warm zu halten. “Jetzt fehlt mir nur noch, dass es zu schneien beginnt” dachte er zunehmend missmutig. Passanten glotzten ihn an und betrachteten ihn ob des roten Kopftüchels, das ihm halb über die Stirn reichte und im Nacken zugebunden war, argwöhnisch. Endlich tauchte sein Freund auf. Die beiden eilten die Wollzeile hinunter zum Ring.
Im Dumba-Palais bei Böhlers angekommen, zogen sie im Vorzimmer ihre Mäntel aus. Georg, schlicht in einem dunklen Anzug, setzte sich nun einen großen Turban auf und montierte einen riesigen Schnurrbart. “Ein Prinz aus dem Orient, halb europäisiert?! Dein Kostüm hat Dich ja noch weniger Mühe gekostet als mich das Meinige” meinte Hans anerkennend. Daraufhin maskierten sich die beiden Freunde und traten in den großen Saal ein, wo eine kleine Musik-Kapelle, bestehend aus Klavier und Streichern, munter spielte und bereits reges Getümmel herrschte. Am Eingang stand das Ehepaar Böhler, unmaskiert mit schneeweißer Perücke, festlich in Rokoko Kostüme gekleidet und begrüßte seine Gäste. “Na, ihr beiden” lachte Erwin Böhler. “Ihr werdet mir ja noch das Haus unsicher machen.“ “Nein, keine Sorge, wir sind ja nur Schafe in Wolfskleidung” entgegnete Georg schlagfertig. Gleich darauf trennten sich die beiden Freunde. Georg, ohne lange zu zögern, forderte ein molliges verschleiertes Mädchen in Haremshosen zum Tanz auf. “Wie für einander geschaffen” sagte er munter, worauf sie ein flüchtiges Lächeln erwiderte.
Hans hingegen nahm sich vorerst etwas Zeit und schlenderte umher, bevor er sich auch unter die Tänzer mischte. So kam er in den angrenzenden, ebenfalls hell beleuchteten Salon, wo die Möbel belassen worden waren. Da hingen eine reizvolle neapolitanische Tänzerin, gemalt von Anton Romako sowie zwei Landschaftsbilder von Carl Moll an den Wänden. Bevölkert war der Raum mit einigen eifrigen Tänzern, die eine kleine Verschnaufpause suchten. Der folgende Raum, noch im Halbdunkel gehalten, war das Speisezimmer, wo ein schönes reichhaltiges Buffet bereitstand. “An Appetit fehlt es mir nicht, aber ich werde mich doch zuerst auf das Tanzparkett begeben und etwas Bewegung machen“ dachte er bei sich. Zurück im Ballsaal schaute er sich so unauffällig wie möglich nach Trautl Böhler um, aber aufgrund der Masken konnte er sie nicht ausfindig machen. Also meinte er bei sich “Wahl aufs Geratewohl”, ging auf ein schwarzhaariges Mädchen im Neapolitaner Kostüm zu und forderte sie mit folgenden Worten zum Tanz auf: “Ich habe gerade Ihr Bildnis im Wohnzimmer bewundert doch das Original ist viel besser. Bitten Sie mich aber nicht mit Ihnen eine Tarantella zu tanzen.” Das Mädchen lachte hellauf: “Werd’ ich nicht tun, Sie schamloser Pirat. Ich begnüge mich mit einem Wiener Walzer oder mit diesem Quickstepp, der jetzt gerade spielt.” Die Kapelle spielte flott und Hans tanzte mit einer Unterbrechung am guten Buffet unentwegt weiter. Kurz vor Mitternacht war Damenwahl und es herrschte ein regelrechtes G´riss um unseren Seeräuber.
Hans, als Witwer und auf seine alten Tage, stellte eine Familienchronik zusammen. Dabei nimmt der Abend bei Böhlers einen ganz besonderen Platz ein. Ich, seine Tochter, möchte die weiteren Ereignisse mit seinen eigenen Worten wiedergeben: “…An den Böhler Hausball erinnere ich mich immer gerne. Es waren drei schöne Räume im ersten Stockwerk des alten Dumbapalais, die von dem bekannten Architekten, Josef Hoffmann, in der Art der Wiener Werkstätte offen und luftig eingerichtet waren. Im großen Speisezimmer hingen drei eindrucksvolle Bilder von Klimt, darunter ein Obstgarten, eine Seenlandschaft und noch ein anderer Moderner, an den Wänden. Im Speisesaal gab es ein freistehendes, niedriges Buffet. Die Mädchen waren maskiert. Nachher, um Mitternacht, wurde Demaskierung angeordnet. Dabei bemerkte ich, dass eine hübsche, als Pierrot verkleidete junge Dame, den spitzen, hohen Pierrot Hut abnahm und dabei das schönste blonde Haar erblicken ließ. Für schönes Blondhaar habe ich damals schon geschwärmt und so goldfarbig gleichmäßiges hatte ich es noch nie gesehen. Sofort kam ein Gespräch zustande und viel später bekam ich zu hören, ich hätte eineinhalb Stunden nur von meinen Motorraderlebnissen erzählt. Meine Begeisterung war aber auf Resonanz gestoßen, denn schließlich sagte mir die schöne blonde Dame: ‘Heuer kann ich Sie nicht einladen, denn meine Mutter hat vor kurzem ein Kind bekommen aber nächstes Jahr müssen Sie zu uns kommen. Geben Sie mir doch eine Karte, lieber motorradfahrender Seeräuber.”…
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Rosa Rosà – Enkeltochter von Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof
/in Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinCarl Ferdinands älteste Tochter, Harriet, heiratete Ernst Baron von Haynau, einen Nachkommen jenes berüchtigten k.u.k. Offiziers Julius von Haynau, der nach der Revolution 1848 alle Feinde der Monarchie gnadenlos bekämpft hatte und wegen seiner vielen Todesurteile in Ungarn heute noch als „persona non grata“ gilt. Ihre gemeinsame Tochter Edith (18.11.1884 – 1978, verehelichte Arnaldi) besuchte für zwei Jahre die Wiener Kunstschule für Frauen und Mädchen. 1908 heiratete sie den ebenfalls künstlerisch ambitionierten italienischen Juristen und Journalisten Ulrico Arnaldi, zog mit ihm nach Rom und bekam zwischen 1909 und 1915 vier Kinder.
Unter dem Pseudonym Rosa Rosà wurde Edith künstlerisch tätig und berühmt, ihre Werke wurden im New Yorker Guggenheim Museum gezeigt. Der italienische Künstler Filippo Tommaso Marinetti (1876 – 1944), Kopf der avantgardistischen Futuristen, nannte sie „la geniale Viennese“. Obwohl die Malerin, Schriftstellerin und Fotografin zu den großen Vergessenen der österreichischen Kunst- und Kulturgeschichte zählt, werden ihre Werke heutzutage immer wieder gewürdigt, wie z. B. auf der Biennale von Venedig.
Edyth von Haynau, bekannt unter dem Pseudonym Rosa Rosà
Wolfgang Glück – fast ein Oscar für Mautner Markhof
/in Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinHilde Jäger und Franz Glück
Hilde Jäger-Sunstenau (*18.3.1903, † 25.7.1989), Tochter von Hertha und Gustav Jäger und Enkeltochter von Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof, wurde knapp nach Erbau der Villa ihrer Eltern geboren und bewohnte sie bis zu ihrem Tod. Nach der Matura viel umworben, sollte sie ursprünglich den bekannten Nationalökonomen und späteren Nobelpreisträger Friedrich von Hayek ehelichen, entschied sich aber dann dazu den Literaturgelehrten, Kunsthistoriker, Schriftsteller und späteren Museumsdirektor Franz Glück 1924 zu heiraten. Ihm fühlte sie sich auch kulturell und politisch verbunden. Franz Glück begann in einem Verlagshaus zu arbeiten, bekam aber 1938 aufgrund seiner jüdischen Abstammung Berufsverbot erteilt. Offiziell sieben Jahre lang arbeitslos, arbeitete er inoffiziell für den Kunstbuchverlag weiter, übersetzte aus dem Italienischen und wurde unter der Hand bezahlt. Wie so viele war er nach der verrückten Nazi-Rassenlehre „zu wenig Jude, um eingesperrt zu werden, aber zu viel Jude, um so wie bisher weiterleben zu können“. Nach dem Krieg, ab 1949, leitete Hilde den Österreichischen Friedensrat und Franz, bis 1968, als Direktor das Historische Museum der Stadt Wien. So war er 1959 hauptverantwortlich für die Überführung dessen Bestände vom Rathaus ins neu erbaute Haupthaus am Karlsplatz. Seine Fachbibliothek gelangte an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar. Politisch unterschieden sich Franz und Hilde vom bürgerlich-konservativen Rest der Familie, indem sie sich der Ideologie der kommunistischen Partei verbunden fühlten. So herrschte neben den Animositäten der Schwägerinnen Hilde und Hildegard (Ehefrau ihres Bruders Hanns Jäger-Sunstenau) auch dadurch dicke Luft zwischen den beiden Familien, die das Familienanwesen auf der Landstraße gemeinsam bewohnten. Obwohl das Haus nur einen Eingang besitzt, war die „Trennlinie“ der Wohneinheiten so gezogen, dass man beim Betreten durch Teile der „Glück-Wohnung“ gehen musste. Auch im Garten hatte es einen gedachten Trennungsstrich gegeben, der keinesfalls überschritten werden durfte. Hilde und Franz hatten ein einziges Kind, ihren Sohn Wolfgang.
Franz Glück
Franz und Hilde Glück
Franz Glück (li) am Rednerpult bei der Eröffnung des Wien Museums, 1959.
Wolfgang Glück – einer der bekanntesten Regisseure der Nachkriegszeit
Wolfgang (*25.9.1929, † 13.12.2023) wurde zu einem der erfolgreichsten österreichischen Regisseure der Nachkriegszeit. Als junger Mann erlebte er die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und die Schwierigkeiten, die seine Familie wegen ihrer jüdischen Vergangenheit ausgesetzt waren. „Ich besuchte den evangelischen Religionsunterricht, und das gar nicht ungern. Umso merkwürdiger war es für mich als Kind zu erfahren, dass ich von Seiten der Familie her ‚jüdisch versippt‘ und somit ein Mensch zweiten Ranges war.“ Schon als 14Jähriger inszenierte er Amateuraufführungen für Studentenbühnen und träumte von einer Karriere als Mime: „Anfangs wollte ich selbstverständlich Schauspieler werden, aber im Reinhardt Seminar hat mir eine Kollegin gesagt, dass ich mit ‚dem Gesicht‘ für Liebhaber nie in Frage käme. Das war noch ein Tritt auf meinen Komplex. Ich kam nie mehr wieder zum Unterricht.“ Als Konsequenz wurde er Regisseur und arbeitete mit Kortner, Felsenstein und Ambesser zusammen. Er inszenierte an fast allen großen deutschsprachigen Bühnen, beginnend mit dem Burgtheater, den Bregenzer und Salzburger Festspielen und war auch gefragter Filmregisseur. Er arbeitete eng mit seinen Freunden Otto Schenk und Friedrich Torberg zusammen und verfilmte zwei von Torbergs Werken, den „Schüler Gerber“ und „Auch das war Wien“, das in der Emigration entstanden und 1984 posthum erschienen war. Seine eigenen Erlebnisse im Jahr 1938 machten es ihm zum Bedürfnis Torbergs Roman 1987 unter dem Titel „38 − auch das war Wien“ bzw. „38 – Heim ins Reich“ zu inszenieren, um die großen Probleme zu schildern, denen die jüdische Bevölkerung ausgesetzt war. Der Hauptdarsteller wurde als Wolfgangs Alter Ego identifiziert. Obwohl er den begehrten Academy Award letztendlich nicht gewinnen konnte, so war der Film doch beachtenswerter Weise in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ für den Oscar nominiert worden und Wolfgang Glück wurde drei Jahre später für elf Jahre als ordentliches Mitglied in die „Academy of Motion Picture Art and Sciences“ aufgenommen, deren Angehörige für die jährlichen Oscar-Vergabe in Hollywood stimmberechtigt sind. Obwohl er einer der meistbeschäftigten Regisseure war, ist er immer bescheiden geblieben und hat sich selbst mehr als einen „Handwerker“ betrachtet. Privat war er in erster Ehe (1962 – 1967) mit Christiane Hörbiger verheiratet, die auch nach der Scheidung weiterhin hochachtungsvoll von ihm sprach und ihn dankbar für ihren Durchbruch im Theater- und Filmgeschäft verantwortlich machte. 1972 heiratete er Claudia Hahne, mit der er zwei Töchter und einen Sohn hat.
Wolfgang Glück
Filmplakat „38 − auch das war Wien“
Wolfgang Glück (li) bei einer Ehrung durch Kulturstadtrat Andreas Mailat-Pokorny (re), dazwischen Hilde Sochor und Hugo Pepper.
Der „Markhof“ – Rennstall des Victor Ritter Mautner von Markhof
/in Victor Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinDas Gut, zwischen Schönfeld und Marchegg, an der heutigen Landstraße L2, rund 2 km östlich von Schönfeld, wurde nach seinem ehemaligen Besitzer Victor Ritter Mautner von Markhof benannt. Es befindet sich im „Dreiländereck“ der niederösterreichischen Katastralgemeinden Schönfeld, Breitensee und Marchegg. Die Gebäude der Liegenschaft sind auf diese drei Katastralgemeinden verteilt, das Gut selbst grenzt auch noch an eine vierte Katastralgemeinde: Oberweiden.
Josephinische Landesaufnahme 1773 – 1781
Verteilung des „Markhof“ auf die Kastralgemeinden Schönfeld, Marchegg und Breitensee
Gut Markhof mit der Rennbahn und der unmittelbar angrenzenden Bahn in der Katastralgemeinde Oberweiden
Graf Apponyi hatte bereits 1885 auf der Hutweide in Oberweiden eine Pferde Trainingsbahn angelegt. Unmittelbar angrenzend an das Flurgelände Satzling (abgeleitet von „Setzling“, Gebiet das aufgeforstet werden musste), das dafür durch den Sandboden prädestiniert war, entstand in den folgenden Jahren eine große Anlage.
Nathaniel Meyer Freiherr von Rothschild, der in den 1880er Jahren sein Interesse für Pferde, vor allem für das gesellschaftliche Ereignis des Pferderennens entwickelte, hatte seine Tiere zunächst in einem Gestüt in Enzesfeld untergebracht. Gemeinsam mit Graf Kinsky beauftragte er den Architekten Josef Drexler auf einer Fläche von 50 ha eine Pferde-Trainir-Anstalt bei Schönfeld-Lassee mit Rennbahn, Stallgebäude, Hufschmiede und Wohngebäude zu errichten. In der Zeitung „Sport“ [Organ des Jockey-Club für Österreich, Wien, SA 14. August 1886] wird bereits über diese Anlage berichtet.
Pferde-Trainir-Anstalt bei Schönfeld-Lassee
Jockey Wohngebäude, spätere „Fahringervilla“ und Gasthaus.
Trainervilla
Pferde-Trainir-Anstalt bei Schönfeld-Lassee
Die großen Rennerfolge für die Rothschild Pferde blieben aber aus, sodass Nathaniel bereits in den 1890er Jahren sein Interesse am Pferderennsport wieder verloren hatte und den Stall sukzessive verkleinerte. Er verkaufte Rennbahn und Gut Schönfeld in der Zeit von 1896 – 1898 an Victor Ritter Mautner von Markhof, der bis heute Namensgeber für beides geblieben ist. Victor baute das Gut aus und machte daraus einen Rennstall von internationalem Rang, der zumeist 50 bis 70 Pferde umfasste. So erstreckten sich Rennstall und Pferdezucht mit allen zugehörigen Flächen schließlich wie folgt über vier Katastralgemeinden:
Nathaniel Meyer Freiherr von Rothschild
Victor Gottlieb Johann Ritter Mautner von Markhof
Zu Beginn verbuchte der Mautner‘sche Stall die größten Erfolge auf der Hindernisbahn. Der Hindernisstall, von Victor 1897 gegründet, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts der erfolgreichste in der ganzen Monarchie und wurde 1904 von George Herbert geleitet. Seine Pferde gewannen je fünfmal die Große Wiener Steeplechase und den Preis von Reichenau, je zweimal die Große Kottingbrunner Handicap-Steeplechase und je einmal die Prager Mai-Steeplechase. Victor selbst war ein großer Schimmel Liebhaber und so gehörten auch seine besten Steepler Hableany, Formidable II und Perchance dieser Rasse an. Ab 1903 stellten sich auch die ersten Erfolge auf der Flachbahn für die Mautner‘schen Pferde ein. Bereits im Jahr 1904 verfügte Victor Mautner von Markhofs Stall Monarchie weit über die größte Anzahl sich im Training befindlicher Pferde und die Namen vieler großer Rennpferde waren untrennbar mit seinem Reitstall verbunden. Auch Victor selbst konnte große Erfolge bei internationalen Rennen erzielen.
Bereits seit 1899 war er im gleichnamigen Gestüt der Zucht hochwertiger Rennpferde nachgegangen. Auf den Parzellen in Breitensee, die er 1909 von Nikolaus Fürst Pàlffy erworben hatte, errichtete er dann ein Gestüt mit 6 Stallgebäuden, 12 Pferdeauslaufkoppeln und Wohnungen für das Personal. Zunächst befanden sich dort 2 Deckhengste, 26 Mutterstuten und 25 Fohlen u. Jährlinge. Entsprechend seiner Vorliebe, waren die ersten Mutterstuten Schimmel. Ab 1912 war sein Rennstall bereits der zweitgrößte Österreich-Ungarns. 30 Trainer betreuten 58 Pferde, davon 53 siegreiche, womit eine Gewinnsumme von 402.000,- Kronen (1 Krone entsprach ca. € 5,-) erzielt wurde. Schon im darauffolgenden Jahr rückte Victor mit einer Gewinnsumme von 681.000,- Kronen an die Spitze. 1917 gewann er sein erstes Derby und der Rennstall konnte die Rekordsumme von 930.000,- Kronen aufweisen. Der Bestand zählte 19 Mutterstuten, von denen 10 – aus England und Deutschland importiert – sehr guter Abstammung waren, sodass, wenn nicht 1918 mit dem Ende der Monarchie auch das Ende für den Mautner‘schen Rennstall gekommen wäre, die eigene Zucht stärker zur Gewinnsumme des Rennstalles beigetragen hätte. Die Rekordsumme wurde zu diesem Zeitpunkt nämlich noch hauptsächlich von seinen Pferden aus fremden Zuchten und vor allem von San Gennaro erlaufen, welcher davon allein 540.000,- Kronen eingebracht hatte. Als Deckhengst stand ihm zuletzt unter anderem der englische Miethengst Robert le Diable v. Ayrshire a. d. Rose Bay v. Melton zur Verfügung, der mit seiner Decktaxe von 3000,- Kronen der teuerste Beschäler in Österreich-Ungarn war [Jantsch 1968, S. 75].
Chronik Der Markhof Pferdetrainer 1890 – 1919
Gestüt Markhof, Jahresbericht Decksaison 1913
Gestüt Markhof, Jahresbericht Decksaison 1917
Geflügeldiebstahl am Gut des Victor Mautner v. Markhof, Niederösterreichischer Grenzbote, 9. Juni 1918, S. 6, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
Um Zeit mit seinen Pferden verbringen zu können, ließ Victor auf dem Gut in Schönfeld eine prächtige Herrschaftsvilla mit Gartenbrunnen errichten. So fügten sich Villa und Trainingsetablissement in ein idyllisches Ensemble ineinander. Umgeben von den weiten, kahlen Fluren des Marchfeldes, befand sich die grüne Oase – eine ca. 14 ha große Parkanlage – gebildet von Föhren, Birken und Eichen. Längs des Wäldchens, das im Sommer kühlen Schatten spendete und das Gut vor den häufigen Winden schützte, zog sich die Galoppbahn hin. Sie bestand aus Gras- und Sand-Track mit einer Geraden von 1200 Metern. 1902 – 1912 erweiterte Victor die Gebäude um einen Wintergarten, Fremdenzimmer, Portierswohnung und Umfriedungsmauer (Architekt Neumann in Wien). In dieser Zeit wurde auch ein Maschinenhaus errichtet und das Gestüt mit Hilfe eines Dieselaggregats elektrifiziert. Es entstanden Wohnungen für die Angestellten und Verwaltungsgebäude mit Garagen. Eine moderne Brunnenanlage mit Windrädern, elektrischen Pumpen und einem Reservoir für 31.000 Liter diente zur Bewässerung der Gras- und Sandbahn. Die Pferdeboxen waren beheizbar und es gab sogar ein eigenes Schwimmbecken für die Tiere. Das Gut entsprach dem neusten Stand der Technik und die Anlage bot insgesamt die besten Trainingsbedingungen in nächster Nähe zur Residenzstadt.
Herkules Statue am Markhof, im Hintergrund die Villa
Villa Markhof
Nach Victor Ritter Mautner von Markhofs Ableben am 10. Mai 1919, wurde der „Markhof“ vom Wiener Jockey Club (ab 1923 Jockey Club für Österreich) erworben, allerdings ohne Übernahme der Pferde. Es wurden diverse Umbauten und Adaptierungen am Gut durchgeführt. Der Galopprennsport hatte in der Donaumonarchie seine Blütezeit erlebt, die Gründung des Jockey Clubs 1866 war für den Beginn des modernen und organisierten Galopprennsports in Österreich gestanden. Auch hier hatte der Erste Weltkrieg dieses goldene Zeitalter abrupt beendet, der Jockey Club konnte sich von den Nachwehen des Krieges nicht erholen und wurde 1932 aufgelöst. So wurden auch die Betriebe in Markhof und Kottingbrunn veräußert und das Gestütsmaterial gelangte am 11. Februar 1932 zur Versteigerung.
Doch auch nach Victors Tod war die Familie Mautner Markhof weiterhin eng mit dem Pferdesport verbunden geblieben. Vorallem die Donauauen rund um die beiden Floridsdorfer Villen wurden gerne für ausgiebige Ausritte genutzt. Das damals wenig verbaute Umfeld der Pragerstrasse hatte ja Platz für Stallungen und Ausläufe, so wurden dort Pferde gezüchtet und als Renn- bzw. Kutschenfahrpferde, vor allem von Theodor I. genutzt. 1926 bis 1933 sollte aber das Rote Nachkriegs-Wien den 1173 Wohnungen umfassenden „Karl-Seitz-Hof“ im direkten Umfeld der Familie errichten. Das soziale Umfeld Floridsdorfs hatte begonnen sich zu ändern. Daher wollte Theodors älterer Sohn, Gerhard Mautner Markhof, 1935 die Gelegenheit nutzen, den gesamten Markhof, der abermals zur Versteigerung gelangen sollte, für sich und seine junge Familie zu erwerben. Die gemeinsamen Wohnverhältnisse dreier Generationen in der Villa Mautner waren ihm wohl zu eng geworden. Dies wurde jedoch dadurch vereitelt, dass sich unter den anderen Bewerbern um das „Mustergut Markhof“ auch ein Strohmann des Reichsluftfahrtsministers Hermann Göring befunden hatte und man Gerhard zu verstehen gab, er hätte sich vom Kaufansinnen zurückzuziehen. So war aus der „Rücksiedlung“ der Mautner Markhofs ins Marchfeld leider nichts geworden. Dennoch sollte sich die Familie, in der Person Gerhards jüngern Bruders Manfred I., allerdings erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs, des Markhofs annehmen. Das Areal der heutigen „Wohnanlage Trabrenngründe“ (vulgo Rennbahnweg) im 22. Wiener Gemeindebezirk wurde ab 1894 vom Wiener Trabrennverein (WTV) genutzt. Von 1895 bis 1897 entstand dort nach Entwürfen der Planungsgemeinschaft Brüder Josef und Anton Drexler ein Pferdegestüt und Trainingszentrum für Traber mit einer 1.200 Meter langen Rennbahn. Die „Gestüt Kagran“ genannte Anlage, die auch einen Wasserturm enthielt, erstreckte sich vom heutigen Rennbahnweg nordöstlich bis etwas über die Maculangasse hinweg. Das Gestüt sollte der Hebung der Qualität der Pferdezucht in Österreich insgesamt und die Trainingsrennbahn auch als Aushilfsrennbahn für die Trabrennbahn Krieau im Wiener Prater dienen. Als sich die Stadterweiterung Wiens auch jenseits der Donau stärker zu entwickeln begann, kaufte die Stadt Wien 1963 die so genannten „Trabrenngründe“ für umgerechnet etwas mehr als 2 Millionen Euro vom Trabrenn-Verein unter der damaligen Präsidentschaft von Manfred I. Mautner Markhof. Um für den Trabrennverein einen gewissen Ersatz zu schaffen, gelang es Manfred 1965, Areale des einstigen Gestütsteil Markhof – freilich ohne zugehöriger Rennbahn – für den Verein zu erwerben. Das nunmehr als „Gestüt Schönfeld“ bezeichnetete Mustergestüt mit seinem architektonisch originellen Baurund Victor Mautner Markhofs, war dann jahrzenhtelang im Besitz des WTV, bis es schließlich aus Kostengründen veräußert wurde.
Liste der Bieter des 1935 zum öffentlichen Verkauf ausgeschriebenen Gutes Markhof. No 6 Gerhard Mautner Markhof.
Heute ist das ursprünglich zusammenhängende Gut geteilt. Der Teil nördlich der L2, der heute die Bezeichnung „Gut Markhof“ trägt, besteht aus zwei Adressen – Markof I und Markhof II – und hat unterschiedliche Besitzer:
Das „Markhof Gestüt“, der Teil südlich der L2 in der Katastralgemeinde Breitensee, wird wieder als Pferdegestüt geführt.
Brandenstein am Markhof
1966 wurde der „Markhof“ nördlich der L2 von Franz Steiner an Josef Brandenstein verkauft. Die Eintragung ins Grundbuch erfolgte am 2. Mai 1966. In der Übertragungsurkunde ist auch der Kaufpreis angeführt. Es kam auch zu einem Tausch gegen eine Villa am Attersee. Das Gut befand sich insgesamt in einem desolaten Zustand. Die einstige Villa bzw. das Herrnhaus, war derart baufällig geworden, dass es von Brandenstein abgetragen werden musste. Der Großteil der Gebäude wurde aber wieder in Stand gesetzt und renoviert, so auch das Pförtnerhaus. Brandenstein errichtete einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau und anderen für das Marchfeld typischen Feldfrüchten. Josef Brandenstein verstarb am 12. April 1983. Sein Sohn Markus Brandenstein übernahm den Betrieb. Im selben Jahr wurde der erste Spargel auf den Ackerflächen des Gutes gepflanzt. 1985 gab es dann die erste Spargelernte. Im Jahr 1990 erfolgte die Umstellung auf einen Biobetrieb. Zum damaligen Zeitpunkt war der Markhof der größte Biobetrieb Österreichs. Er entwickelte sich verstärkt in Richtung Bio-Gemüse-Anbau. Neben dem Spargel, für den der Markhof weit über die Grenzen des Marchfeldes hinaus bekannt ist, gehören auch Artischocken und anderes Gemüse zum Produktsortiment des Hofes. Getreide wird heute nur noch in kleinem Umfang heute noch angebaut. Zum Gut gehören heute 110 ha Ackerflächen und 35 ha Wald.
Alle Gäste, die nicht nur an erstklassigem Gemüse, sondern auch an der Geschichte des Markhof interessiert sind, werden von der Familie Brandenstein mit einer kleinen Broschüre über die Historie des Gutes begrüßt.
Broschüre der Familie Brandenstein über die Geschichte des Markhof.
Familie Brandenstein, A-2293 Marchegg, Gut Markhof I, Tel: +43 2285 6247
Für Marceline Bertele von Grenadenberg – ein Denkmal der besten aller Mütter
/in Georg II. Anton Mautner von Markhof /von Ursula Bertele de AllendesalazarIch glaube, ich kann im Namen aller meiner sechs Geschwister – ob lebend oder schon verschieden – sagen, dass wir die beste und liebste aller Mütter hatten. Mein Geschenk an sie, zum Muttertag 2023, ist es, dass ich versuche ihr mit meinen Worten ein Denkmal zu setzen. Meiner Mutter Marceline, die ihrem Mann und ihren Kinder einfach alles bedeutete. Auch ihrer großen Verwandtschaft war sie stets in Liebe und Großherzigkeit zugetan. Keinen schöneren Wunsch kann ich äußern, als dass ich jedem Ehemann und jedem Kind so eine Gattin und Mutter, wie Marceline wünsche.
Marceline Bertele von Grenadenberg geb. Mautner von Markhof
Marceline, älteste Tochter von Georg II. Anton Mautner Markhof und Emy Reininghaus, wurde am 3. Mai 1901 geboren. Sie wuchs in Wien/Floridsdorf auf, in der schönen Mautner Villa mit dem großen Garten. Ziemlich früh schon bekam sie eine französische Gouvernante und Erzieherin – Maury genannt. So sprach Marceline auch bald perfekt Französisch. Eine öffentliche Schule hatte sie nie besucht, soweit wir wissen.
Als Marceline noch sehr jung war, hatte einmal die Sorge bestanden, dass sie Schaden an der Lunge hätte, womöglich an Tuberkulose leiden könnte, wie es damals noch sehr häufig der Fall gewesen war. Ihr Vater selbst war mit ihr zur Kur gefahren, ich glaube auf den Semmering, wo sie wieder vollends gesundete. Für ihren Vater empfand Marceline stets höchste Verehrung. Einer ihrer Erinnerungen an ihn war eine gemeinsame Reise nach Venedig, auf die er sie eigens mitgenommen hatte. Mehr als der Zauber der prächtigen Gebäude und die so einmalige Lage, waren ihr der traurige Zerfall, die Dekadenz und Stagnation der Stadt in bedrückender Erinnerung geblieben.
Zu ihren sechs Geschwistern hatte Marceline immer eine äußerst gute und liebevolle Beziehung. Große Achtung empfand sie lebenslang für ihren Bruder Buwa. Selbst später noch, bei heiklen Fragen, die unsere Familie Bertele betrafen, wurde Buwa von ihr befragt und sein Rat befolgt.
Marceline Mautner von Markhof
Marceline mit ihrem Onkel Gustav II. v. Reininghaus, 1902
Die Geschwister Georg III. Buwa, Charlotte, Gustav I. und Marceline Mautner von Markhof
Emy mit ihren Kindern Georg III. Buwa und Marceline
Marceline (li) und Georg III. Buwa Mautner von Markhof
Marceline mit Bruder Georg III. Buwa
Marceline, Georg III. Buwa und Gustav I. im Garten der elterlichen Villa in Floridsdorf
Marceline Mautner von Markhof mit Schwester Charlotte
Emy Mautner von Markhof mit ihren Kindern Gustav I., Georg III. Buwa, Charlotte und Marceline
Emy Mautner von Markhof mit den Kindern Georg III. Buwa, Marceline, Gustav I. und Charlotte (von links nach rechts)
Marceline mit den Geschwistern Therese, Charlotte, Georg III. Buwa und Gustav I. Mautner von Markhof
Georg III. Mautner von Markhof mit den Geschwistern Marceline, Charlotte, Therese und Gustav I. (von links nach rechts)
Marceline mit ihrem Bruder Georg III. Buwa
Marceline mit ihren Schwestern Therese (li) und Charlotte (re)
Genauso wie ihre Mutter, die mit Leidenschaft Glatthaar-Foxterrier züchtete und zu Ausstellungen nahm, hatte Marceline eine Vorliebe für Hunde. Später wurde aus ihr auch eine begeisterte Reiterin. Sie besaß eine schöne fuchsfarbene Stute, die sie Goldie nannte. Mit ihr ritt sie kreuz und quer übers Überschwemmungsgebiet und auf den Bisamberg.
Marceline Mautner von Markhof, 1920
Sie hatte es nicht eilig zu heiraten. Sie liebte das traute Familienleben in Floridsdorf und die Sommermonaten, die die Familie in Baden, in einer der schönen Villen in der damaligen Berggasse (jetzt Marchetstrasse) ich glaube Nr. 72, verbrachte – und ihre Passion galt zu diesem Zeitpunkt ja auch noch den Pferden. Einmal war sie schwer gestürzt, Goldie war aus irgendeinem Grund durchgegangen. Besorgniserregend lange war sie daraufhin mit einer Gehirnerschütterung bewusstlos gewesen; als sie sich wieder erholt hatte, ritt sie fröhlich weiter.
Den Beginn der großen Liebe meiner Eltern habe ich bereits geschildert. Im darauffolgenden Herbst hatten beide viele schöne Streifzüge miteinander unternommen. Marceline hatte immer gutes Hausbrot mit Schinkenbelag dabei, das Hans, der zu jeder Zeit Appetit hatte, mit großer Wonne verzehrte. An einem dieser wundersamen Herbsttage spazierte das Paar in der Au von Spillern und von dort hinauf zur märchenhaften Burg Kreuzenstein bei Korneuburg. Dort sprachen sie sich zuerst über die Zukunft aus, dann über eine gute Art des Zusammenlebens. An diesem Nachmittag verlobten sie sich. Beim Verabschieden sagte Marceline laut und bestimmt: „Guten Abend – alles ist sehr gut aber ich will viele Kinder.“ Worauf Hans ebenso bestimmt antwortete: „Ich auch, gute Nacht!“ Bald danach machte Hans den offiziellen Antragsbesuch bei Marcelines Vater in Floridsdorf. Georg Anton empfing ihn sehr nett und meinte zum Schluss: „Merk Dir, die Ehe ist ein Kunstwerk, an dem man sein ganzes Leben baut, einmal schwer der eine, einmal schwer der andere.“ Worte, die er bereits auch seiner Tochter eingeschärft hatte. Da Hans und Marceline bereits verlobt waren, stellte sich bei ihr das Verlangen ein, sobald wie möglich auch ihren zukünftigen Schwiegervater kennenzulernen, um feststellen zu können, dass er weder glatzköpfig sei noch Brillen trug. Zwar war Hans´ Vater von kleingewachsener Statur, aber in den beiden Punkten, auf die Marceline so großen Wert legte, entsprach er völlig ihrem Wunsch: keine Glatze und keine Brillen, obwohl er bereits im einundsiebzigsten Lebensjahr war. Die Hochzeit fand am 19. April 1928 in Floridsdorf statt. Leider kann ich darüber nichts berichten. Ich habe nur das Glück, die Menükarte meines Großvaters zu besitzen. Auf ihr befindet sich ein wunderschönes Foto vom glücklichen jungen Paar.
Hochzeitseinladung von Hans Bertele und Marceline Mautner Markhof
Bekanntgabe zur Vermählung von Hans Bertele und Marceline Mautner Markhof
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele
Am 19. April 1928 war unsere Hochzeit; die kirchliche Trauung fand in der kleinen Pfarrkirche in Jedlersee statt; Marceline und ich fuhren mit dem Mautner’schen Pferdewagen hin und zurück. Dann gab es ein feierliches, grosses Hochzeitsessen im schönen Haus Floridsdorf, Pragerstrasse 20; nachher wurde alle Gäste vor dem Haus auf der Stiege – freundlich gruppiert – fotographiert. Das Wetter war nicht sehr schön, sondern kühl und bewölkt; leider blühten die schönen Magnolien hinter dem Haus im Park noch nicht. Dann fuhren wir mit dem Auto auf den Semmering, blieben dort ein oder zwei Tage und von dort begann die eigentliche Hochzeitsreise mit dem Zug. Der Schwiegervater hatte eine schöne Seefahrt auf dem Schiff Ozeania (ca. 4000 Tonnen) für uns vorbereitet. Wir fuhren nach Genua mit dem Schlafwagen; beim Einsteigen am Semmering fiel der Mutti meine kleine Reisetasche auf den Kopf, aber das störte die freundliche Stimmung nicht. Mit dem Schiff fuhren wir von Genua über Korsika, über Palma de Mallorca, Málaga mit einem kleinen Ausflug nach Granada, über Gibraltar, über Lissabon in Portugal, und die Isle of Wight nach Hamburg; in Hamburg stiegen wir in den Vier-Jahreszeiten ab, hatten dort ein gutes Essen im Uhlenhorster Fährhaus, fuhren nach Magdeburg zu einem kurzen Besuch zu den Baensch und zurück nach Wien. Die nächsten Monate wohnten wir im Stöckl in Floridsdorf; inzwischen versuchte Marceline mit ihrer Mutter eine Wohnung in Wien zu finden, denn damals war das Wohnungfinden in Wien gar nicht leicht. Marceline hatte von vornherein die vernünftige Ansicht, die Wohnung sollte nicht weit von meinem Arbeitsplatz – der Elin – Volksgartenstrasse 1 – sein.
Zwei Jahre nach der Hochzeit war dann der kleine Otto erschienen. Marceline wurde ein großer Kindersegen beschert, genauso wie sie es sich es erträumt hatte. Ihr Mann, Hans, war begeisterter Bergsteiger. Nachdem jedoch zwei seiner Kameraden abgestürzt oder sonst wie auf den Bergen verunglückt waren und er schon drei Kinder gezeugt hatte, gab er dieses Hobby auf. Wahrscheinlich hatte Marcelines tatkräftiges Bitten dabei den wesentlich Ausschlag gegeben. Neun Monate nach seiner letzten großen Bergtour wurde der kleine Hansi geboren. In ihn setzte Vater dann die größten Hoffnungen, dass er einmal eine brillante Karriere machen würde.
Die ersten Jahre ihrer Ehe verbrachten Marceline und Hans in der Lackierergasse im 9. Wiener Bezirk.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele
Mit einiger Mühe fanden Marceline und ihre Mutter eine schöne Wohnung in der Lackierergasse/Ecke Garnisongasse; gegenüber war nur ein stockhohes Arbeitsgebäude des Allgemeinen Krankenhauses. Die verschiedenen Zimmer der Wohnung waren daher von Morgen bis zum Abend besonnt, da die Wohnung um das Eck ging. Eine sehr schöne Einrichtung für diese Wohnung wurde vom Schwiegervater beim Architekten Wimmer bestellt. Vor Weihnachten zogen wir ein; es war lange noch nicht fertig, obwohl Marceline gesagt hatte: „Ich zieh’ erst ein, wenn das Handtuch auf dem letzten Haken hängt!“ Wir hatten aber Betten und einen Esstisch, etwas Material in der Küche und allmählich wurde dann die Wohnung, so wie auf den Bildern dargestellt ist.
In meinem Buch Das Haus am Froschplatz, eine Wiener Geschichte – etwas auf Roman aufgeputzt – schildere ich, wie sie danach eine Villa mit schönem großen Garten im 19. Bezirk, die zwangsversteigert werden sollte, kaufen wollten. Marceline war diese Idee – der Kinder wegen – besonders lieb. Ihr Vater jedoch bat das junge Ehepaar es nicht zu tun: Hans hatte bei Elin zwar ein gutes Einkommen, aber man hätte dafür scheinbar auch Fonds oder Anteile der Brauerei liquidieren müssen. Die Zeiten und die allgemeine finanzielle Lage hatten begonnen immer schwieriger zu werden. Meine Eltern erfüllten Georg Antons Bitte und nahmen vom Kauf Abstand.
Hans, der junge Ingenieur, hatte sich bei der Elin rasch einen guten Namen gemacht. Und wo einer Erfolg hat, stehen Neider meist gleich um die Ecke. Beim großen Durcheinander nach dem Anschluss Österreichs wurde er von denjenigen, die ihm seinen guten Ruf und Erfolg nicht gönnten, rasch auf eine mindere, seinen Qualifikationen in keiner Weise entsprechenden Position geschoben. Doch bei Siemens in Berlin war man bereits auf ihn aufmerksam geworden und so konnte er bereits im September 1938 eine adäquate Stelle im riesigen Konzern antreten.
Die Familie Bertele, mit bereits vier Kindern, war also im September 1938 nach Berlin übersiedelt, wo die bereits schwangere Marceline im März 1939 Tochter Elizabeth zur Welt brachte. Hans hatte eine sehr gute Position bei Siemens und die ersten Kriegsjahre verliefen für Deutschland gut und siegreich. Bald nach der Ankunft war es ihm gelungen, ein schönes Haus mit Garten in Schmargendorf zu erwerben, so hatte die Familie ein recht angenehmes Leben. Marcelines Schwester Charlotte, verheiratet mit dem feschen aus Ostpreußen stammenden Georg Günther, war ebenfalls in Berlin ansässig. Die kleine Elizabeth, Liest genannt, hatte ein Kindermädchen, die Lena. Als Liesl einmal auf allen Vieren im Garten herumkroch, in der Erde wühlte und dann die Finger in den Mund steckte, meinte Lena gelassen: „Dreck scheuert den Magen”, ein Ausspruch, den Marceline späterhin immer gerne verwendete.
Am 7. Dezember 1941 wurde ich, die kleine Ursula, geboren. Ein glücklicher Tag für mich und die Familie aber verhängnisvoll für Deutschland, da nach dem Tag der Bombardierung der Japaner von Pearl Harbor die USA in den Krieg eintraten. Eine entscheidende Wende hatte begonnen, welche schließlich zur Niederlage Deutschlands führen sollte.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele
Im Winter 1941 begann das Bomben in Berlin, zunächst mit Brandbomben; einmal gab es einen Einschlag in unseren Luftschutzkeller durch die Türe vom kleinen Hof; Mutti war erstaunlich ruhig und hat gleich mit der Schaufel aus der Sandkiste Sand auf die zischende Bombe draufgestreut. Als ich darüber meine Verwunderung aussprach, sagte sie ruhig: „So haben wir’s doch in den Vorbereitungen gelernt“, was mir grossen Eindruck machte. Bald darauf geht Marceline sicherheitshalber nach Feldenhofen, als ich ihr dazu geraten hatte mit der Bemerkung: „Geh’ ruhig hin, haben wir den ersten Weltkrieg gut in Feldenhofen überstanden, werden wir es in dem zweiten auch tun“.
In der Familie Bertele wurden schwerwiegende Entscheidungen getroffen: Hans entschloss sich bei Siemens zu bleiben und dachte, dass es für Marceline und die Kinder das Beste und Sicherste wäre ins Gut Feldenhofen, das seiner Mutter gehörte, zu übersiedeln. Feldenhofen, ein Besitz von zirka zweihundert Hektar, hauptsächlich Waldbestand, befand sich in der Südsteiermark, welche nach dem Ersten Weltkrieg an das neugegründete Jugoslawien abgetreten werden musste. Diese Übersiedlung aber würde ohne der deutschen Kinderschwester Lena vor sich gehen müssen. Kurzum, Lena wurde entweder entlassen oder verließ die Familie auf eigenen Wunsch. Zwar gebar Marceline freudig Kinder aber außer sie zu stillen, hatte sie keine Idee wie man ansonsten einen Säugling zu betreuen hatte. Diese Aufgabe hatten immer die jeweiligen Kinderschwestern übernommen. Nun aber wurde die arme kleine Ursula rachitisch und litt fortwährend unter Durchfall. So fasste man den Entschluss sie nicht nach Feldenhofen mitzunehmen, sondern schickte sie stattdessen zur Omi (Marcelines Mutter Emy) nach Gaaden, wo sie höchst liebevoll aufgenommen und in die kundigen Hände der guten Nana übergegeben wurde.
Also zog Marceline mit nur fünf Kindern ab nach Feldenhofen, welches in der Nähe der Stadt Windischgraz, jetzt Slovenj Gradec, gelegen war. Anfangs konnte Marceline dort noch ein friedliches und unbekümmertes Leben genießen und die Kinder konnten überall frei und unbeschwert herumtoben. Dann kam 1945.
Nach einer abenteuerlichen Reise, die in seinen Memoiren detailliert beschrieben ist, traf Hans erst im September in Jugoslawien ein und musste mit dem Schrecken erfahren, dass seine Frau und die Kinder in einem Lager bei Cilli von den Tito-Partisanen gefangen gehalten wurden. Typhus und Hunger herrschten dort. Es war ein wahres Wunder, dass Marceline und alle fünf Kinder überlebten. Hans, der die dem Russischen sehr ähnliche slowenische Sprache beherrschte, konnte sich mit der Kommissärin des Lagers verständigen und gab ihr den Englischunterricht, den sie von ihm als Gegenleistung für eine Gefälligkeit begehrte. So konnte er die Freilassung von Marceline und seinen Kindern „erarbeiten“. Die Lagerkommissärin konnte ihre frisch erworbenen Englischkenntnisse nicht mehr verwerten, kurz danach hatte sie sich erschossen. Aber Gott und ihr zu Dank war die Familie wieder auf freiem Fuß.
Man fuhr zurück nach Feldenhofen. Gutgesinnte Nachbarn und ehemaliges Dienstvolk aber rieten unbedingt zum raschen Verlassen von Slowenien. Schweren Herzens brach die Familie schließlich gleich nach Weihnachten, am Stefanitag 1945 wieder auf und schlich sich über einen Schmuggelpfad, den Hans kannte davon. Ein Grenzbach, an dem andauernd patrouilliert wurde, musste überquert werden. Alles verlief ohne Hindernis. Angelangt auf der Anhöhe, am Ufer auf der österreichischen Seite, bestens sichtbar von der slowenischen Seite aus, blieb Marceline stehen und rief höchst erleichtert laut aus: „Na, wenn ich gewusst hätte, dass es so leicht vor sich gehen würde, hätt´ ich noch mehr Zeugs mitnehmen können!” Wäre in diesem Augenblich die Patrouille plötzlich erschienen, hätten sie alle erschossen. Wenig hätte es gegolten, dass sie sich schon jenseits des Grenzbaches befunden hatten.
Die Familie wurde freundlich von Onkel Harald Reininghaus, Omis Halbbruder, in Schloss Isenrode (Steiermark) aufgenommen. Im Februar 1947 wurde der kleine Nachzügler, der Uly geboren. Als bei Marceline die Wehen einsetzten, wurde sie durch den hohen Schnee per Schlitten nach Graz in die Klinik gebracht.
Im August 1947 ging es für die Familie Bertele weiter nach England, wo Hans mit einem englischen Bekannten eine Elektrogesellschaft gegründet hatte.
Ursula, das Gaadner Kind, lernte erst kurz vor der Abreise ihre Eltern kennen. Bis dahin hatte sie immerhin einmal eine Postkarte von ihrer Mutti bekommen, mit zwei Rehen in einem tief verschneiten Wald, die sie jetzt noch lieb in ihrem Besitz bewahrt. Nun wurde sie von Nana vom Haus am Berg den Hang hinabgeschickt, wo ein Pfad ins Dorf führte: „Die zwei Leute, die Du den Hang hinaufkommen sehen wirst, das sind Deine Eltern. Lauf hinunter und begrüße sie schön.”
Was sich dabei alles abspielte, wäre eine Geschichte für sich. Dann erblickte ich sie zum ersten Mal. Mit ihren Wanderschuhen, kurzen Socken, jeder mit einem Rucksack auf dem Rücken kamen sie mir entgegen. Sie zählten damals 46 (Marceline) und 44 (Hans) Jahre und kamen mir furchtbar alt vor. Vor allem die liebe Mutti wegen ihrer weißblonden Haare. In dem Zusammenhang ist es interessant, dass ich mir nie zuvor solche Gedanken wegen des Alters gemacht hatte. Sowohl die Omi wie die Nana waren für mich einfach zeitlos gewesen.
Ein paar Wochen später wurde ich nun mit nach England genommen und das neue Baby, der Uly, Jolly genannt, um ihn vom Günther-Uly (Sohn von Marcelines Schwester Charlotte) unterscheiden zu können, wurde bei Omi in Gaaden gelassen und in Nanas Obhut gegeben. Ein Kindertausch, sozusagen.
Die zwölf Jahre, die wir daraufhin in England verbrachten, waren für Mutti, wie ich sie fortan nennen werde, wohl die schwersten ihres ganzen Lebens gewesen. Baba (so wollte Hans von uns Kindern genannt werden) hatte mit einem Vorschuss von der neu gegründeten Elektrogesellschaft ein schönes Haus mit großem Garten gekauft, welches Mutti sehr gefiel. Aber die Arbeit dort war für sie unermesslich schwer, vor allem das Wäschewaschen, denn es gab keine Waschmaschine. Die Weißwäsche kochte sie in einem großen elektrisch angetrieben Kessel, der sich unten in einem Raum neben der Küche befand, welcher als Waschküche und allgemeiner Abstellraum für Gartenwerkzeuge und Sonstiges diente. Danach musste sie die Wäsche dann per Hand schwemmen und auswinden. In den Schulferien halfen wir vier Mädel mit und hängten sie dann oben am Tennisplatz an der Wäscheleine auf. Sonst machte Mutti alles ganz alleine. Bei dem häufigen englischen Regen musste die Wäsche jedoch immer wieder rasch hineingeholt und bei nächster Gelegenheit dann wieder aufgehängt werden. Im Haus war keine Möglichkeit vorhanden sie zu trocknen. Meine älteste Schwester Emy war Mutti eine sehr große Hilfe. Als wir nach England übersiedelten, war sie sechzehn Jahre alt. Sie half beim Kochen und nähte Kleider für Liesl und mich. Marci, die zweitälteste, half mit dem Bügeln und draußen im Garten, oblag ihr auch das Zurückschneiden der Hecke. Bei mehr als einem halben Hektar Größe war das keine leichte Arbeit. Liesl und später auch ich, wurden zum Stopfen der Socken eingespannt, von denen es mehr als genug gab. Ebenso wurden wir beide mit dem Geschirrabwaschen beauftragt. Am Wochenende mussten alle Kinder im Garten mithelfen. Er war auf einem ziemlich steilen Hang gelegen. Das Haus befand sich in seinem unteren Drittel. Mutti hatte sich ganz oben einen Gemüsegarten anlegen lassen. Otto und Hansi stachen die Beete für sie um. Dort oben hatte Mutti auch ihre Hühner und wir hatten Hasen, die unsere Schwester Marci betreute. Zirka ab 1955 hatten wir dann eine Waschmaschine, die aber nicht schleuderte. Dafür gab es ein „Auswindegerät“, das am Waschbecken befestigt war und per Hand in Gang gesetzt werden musste. Mit der Zeit leistete Baba sich auch ein Auto. Das erste wurde schon sehr bald von meiner Schwester Marci über den Haufen gefahren. Ich, damals 14 Jahre alt, war Copilot, was niemand wissen durfte! Um sich ein neues leisten zu können, verkaufte Baba dann seine wertvollste Uhr.
Wir vier Mädchen besuchten alle dieselbe Klosterschule, die beides – Volks- und Mittelschule unterrichtete. Mutti erzählte mir einmal, dass die Schulvorsteherin, Nonne Mother Mary John, ihr bei ihrem ersten Besuch von einem Traum erzählt hatte: Eine Familie aus dem verwüsteten Zentraleuropa würde nach England kommen und die Eltern sie um Aufnahme ihrer vier Mädchen in der Schule bitten. Sie solle sie alle aufnehmen, wurde ihr im Traum gesagt – was sie auch herzlich getan hat. Selbstredend, so meine ich ist, dass den Eltern dadurch in dieser ausgezeichneten Privatschule keine großen Kosten auferlegt wurden. Mutti sagte manchmal auf ihre ihr ganz eigene Art: „Ich bin nicht fromm”, womit sie scheinbar nur meinte, dass sie nicht jeden Sonntag in die Kirche ging. Aber anlässlich des Traumes der lieben Nonne dachte sie doch, dass es sich um ein wunderbare Fügung Gottes handelte. Mother Mary John war aus einem belgischen Orden, so musste sich Mutti mit ihr in Französisch verständigt haben, denn sie sprach kein Englisch.
Das Schönste für uns Kinder war das Mutti immer für uns da war. Sie war sozusagen immer für uns zuhause. In der Früh war sie da, machte das Frühstück für uns, nahm es mit uns ein. Als wir von der Schule kamen, machte sie uns die Jause. Als wir Jüngsten der Familie dann schon selbstständiger waren, bereiteten wir uns die Jause zwar selbst, liefen aber zuerst hinauf in den Garten, um Mutti, die im Gemüsegarten oder mit ihren Hühnern beschäftigt war, zu begrüßen.
Welch´ traurigen Gegensatz dazu bieten Mütter heutzutage, die auch ohne es nötig zu haben untertags nur weg von zuhause irgendwo arbeiten wollen. Das Resultat ist ein hinkendes, oftmals zerrüttetes Familienleben und – oft gar keines mehr. Jeder nur für sich…
Mutti bedachte jeden von uns immer mit den unterschiedlichsten liebevollen und besonderen Aufmerksamkeiten. Ich erwähne hier nur diejenigen, die sie mir zudachte und die ich so dankbar in Erinnerung behalten habe: Natürlich hatte ich zu Beginn kein Wort Englisch gesprochen. Mutti, obwohl sie mit Arbeit überhäuft war, kaufte mir eigens ein großes Bilderbuch, das von einem kleinen Buben in Mexiko handelte. Am großen Tisch in der Küche saßen wir dann an den Abenden zusammen, ich auf Muttis Schoss und sie las mir daraus vor: „Pedro was a little boy…” Da war das Bild mit Pedro und einem bepackten Esel neben einem Kaktus. Und ich las stockend nach. Als ich elf Jahre alt war, arrangierte Mutti für mich einen Austausch mit der befreundeten Gustav Harmer-Familie. Der jüngere Sohn, Conrad, gleich alt wie mein Bruder Hansi, kam einen Monat zu uns nach England und ich konnte den ganzen Monat Juli bei Harmers, anfangs in Ottakring dann hauptsächlich draußen in Spillern verbringen. Die jüngste Tochter, Mette, war in meinem Alter. Alles für mich so schön arrangiert, von der lieben Mutti. Im Jahr 1956 fand in London eine berühmt gewordene Konzertaufführung von Don Giovanni in der Royal Festival Hall statt. Unser Verwandter, Eberhard Wächter, sang den Don Giovanni. Auch besonders war für mich, als Mutti mich zu Cavallería Rusticana und I Pagliacci mit in die Oper nach Covent Garden nahm. Und viel später dann, wenn wir nach Wien auf Besuch kamen, stand in unserem Zimmer immer ein Zyklamen-Stock zur Begrüßung…
Eineinhalb Jahre nach unserer Übersiedlung nach England wurde uns zu Muttis großer Freude der kleine Jolly geschickt. Ihr kleines Nesthäkchen. Er wurde uns gemeinsam mit einem Steirermädel übersandt, das teils als Kindermädchen für ihn und teils als allgemeine Haushaltshilfe für Mutti dienen sollte. Sie taugte weder für das eine noch das andere und verließ uns bereits nach einem Jahr.
Familie Bertele in England, 1950. Otto, Marceline, Uly „Jolly“ und Hans mit seiner Mutter Elsa „Momo“.
Hans Bertele von Grenadenberg
Ein paar Jahre danach waren für Baba äußerst schwierige Zeiten herangebrochen und es begannen unangenehme Jahre in England. Ausgangspunkt war ein arges Zerwürfnis mit seinem englischen Gesellschafter, der ihn fälschlich wegen Betrug anklagte. Fern der Heimat schien sich damals alles gegen ihn zu wenden. Er wusste nicht mehr ein noch aus und war nahe daran den Kampf aufzugeben. Mutti jedoch ermutigte ihn: „Hans, kämpfe bis zum Schluss. Nur dann habe ich vollen Respekt vor Dir. Riskieren wir, was du im schlimmsten Fall für möglich hältst.” Die Angelegenheit klärte sich zu seinen Gunsten aber natürlich auch mit seinem Austritt aus der Firma.
Österreich war damals noch von den Alliierten besetzt gewesen. Wien teilweise, Niederösterreich aber vollständig von den Russen. Die Eltern zogen es daher vor mit der Familie weiterhin in England zu bleiben. Mit seinem beruflichen Neuanfang als beratender Ingenieur hatte Hans zu wenig Aufträge und nahm dann dankbar die Stelle eines Lektors bei Woolwich Polytechnic an. Die Vorlesungen dauerten oft bis spät in den Abend hinein und so kam er todmüde und abgerackert mit dem Zug aus London. Jeden Abend machte sich Mutti auf den Weg um ihn von der Station abzuholen. Zwar wohnten wir nur zehn Minuten entfernt, doch der Weg dorthin war eher gruselig. Man musste an einem steilen unbeleuchteten Felsabfall der North Downs entlanggehen, der gegenüber der breitangelegten Schienenanlage, den Ausweichstellen für die Züge und einem Kohlengrosshändler lag. So ging es noch einige Jahre dahin, bis endlich die gute Nachricht eintraf, dass Baba zum Ordentlichen Professor für Industrielle Elektronik an der Technischen Hochschule in Wien ernannt worden war. Die Freude mit der Mutti diese Nachricht empfing, war unbeschreiblich. Als sie England verließ und auf dem Boot nach Ostende an Deck stand, sagte sie: „Gott sei Dank. Nun bin ich endlich kein elender Ausländer mehr!” Das Schöne an England, so wie sie meinte, war gewesen, dass sie immer ganz und gar für ihren Mann und ihre Kinder da sein konnte. Ansonsten war ihr alles fremd geblieben. Die Sprache lernte sie nur recht mangelhaft zu beherrschen und ihr Akzent war stark geblieben. Auch hatte sie keine Freundinnen gefunden. Zwar gab es bei uns zu Hause immer ein reges Gesellschaftsleben mit häufigen Mittag- und Abendessen an den Wochenenden, aber alle die kamen waren Freunde und Bekannte vom Baba.
In Wien zogen die Eltern in die schöne große Wohnung am Franziskanerplatz ein. Dort konnten beide noch etwas über zwanzig glückliche Jahre verbringen. Ständig gab es Besuch von Kindern und Enkelkindern und sie waren von netten Dienstboten umgeben. Es wurden unentwegt muntere und interessante Mittag- und Abendessen für Muttis Großfamilie (von der Bertele-Familie war Hans der letzte Nachkomme) und den großen Freundeskreis veranstaltet. Auch an der Hochschule gab es oft Veranstaltungen, zu denen auch die Damen gebeten waren. Marceline war immer mächtig stolz auf alle Ehrungen, die ihrem Hans zuteil wurden. Zuhause gab man schöne Kammermusik-Abende, an denen Hans am Klavier, begleitet von zwei Geigen spielenden Freunden musizierte. Das ganze Jahr hindurch liebte es Hans vor oder nach dem Abendessen, auf dem schönen großen Bösendorfer Flügel, den ihm Marceline zur Hochzeit zum Geschenk gemacht hatte, zu spielen. Marceline saß dabei, im Salon au coin du feu – ob der Kamin nun angezündet war, oder nicht. Und in den Pausen seines Spiels pflegte sie zu sagen: „Sehr schön, Herr Mandi“ (ihr Kosename für Hans).
Hans und Marceline Bertele, Starnberger See 1960, aufgenommen von Tochter Ursula Ucki
Hans Bertele mit Tochter Ursula Ucki, Franziskanerplatz 1960
Emy Mautner von Markhof im Kreise ihrer Kinder Georg III. Buwa, Marceline, Peter, Therese, Gustav I., Charlotte und Karlmann (von links nach rechts)
Marceline Bertele v. Grenadenberg mit Bruder Georg III. Buwa Mautner Markhof
Marceline Bertele an ihrem 80. Geburtstag, Mai 1981, im Kreise ihrer Familie. Tochter Liesl, Schwiegertochter Monica, Tochter Ursula „Ucki“, Sohn Uly „Jolly“, Tochter Emy, Tochter Marci und Sohn Otto.
Marceline Bertele, geborene Mautner von Markhof
In großer Liebe und Dankbarkeit, deine Tochter Ucki
Matthäus Spechtler – Water for Africa
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinMatthäus Spechtler, direkter Nachkomme von Therese und Johann Peter von Reininghaus´ Tochter Luise (3.1.1851 – 15.10.1924, verehelichte Piffl), deren Sohn Gustav Piffl und dessen Tochter Adolfine/Ina Ludowika Piffl, lebt mit seiner zweiten Frau Leanne (geborene Steenkamp) in Hout Bay/Kapstadt/Südafrika und ist unternehmerisch vielseitig tätig.
Neben Rabbiter Africa zeichnet das Ehepaar auch für CallJoe verantwortlich, ein gemeinsam mit Hutchinson 3 Austria geschnürtes e-sim-Paket, das speziell allen Europa-Touristen beste Verbindungen während ihres Aufenthaltes sichert.
Das große Herzensprojekt jedoch ist WAFRICA (Water for Africa) für das selbst Premier Alan Winde bereits seine Unterstützung zugesagt hat:
„IT IS OUR VISION, WITH THE HELP OF OUR GLOBALLY UNIQUE SYSTEM, TO CURB WATER POVERTY NOT JUST IN AFRICA, BUT ALSO ON ALL CONTINENTS, AND TO SAVE MILLIONS OF HUMAN LIVES. ACCESS TO DRINKING WATER IS A HUMAN RIGHT. WE MAKE IT REALITY. OUR FOCUS IS ON: PRODUCTION, COMMISSIONING, CREATING JOBS, LICENSING, SALES, INTERNATIONALIZATION & SAVING LIVES“
Matthäus & Leanne Spechtler
Mattäus und Leanne Spechtler
WHAT WAFRICA WILL ACHIEVE
We provide filtered and chilled drinking water | We provide free high-speed WiFi to those within a 500 metre radius of our system | We make a contribution to environmental protection | We only work with renewable energy | We will create thousands of new jobs | We save lives | We reduce up to 50% of plastic waste | We create new infrastructures We secure income for the people | We set signs and trends and serve the community.
The potential for WAFRICA is unspeakable, as more than 600 million people in Africa alone are without water and around 2 billion people worldwide according to the united nations. WAFRICA will first be launched in the South African market and then within the rest of southern Africa followed by targeted countries internationally. As a “Proudly South African” declared invention, WAFRICA will start its triumphant march from South Africa and save millions of lives. The production costs of one system is refinanced after approximately six months, based on a small community of 5000 inhabitants who regularly consume our water at an average price of R3 per 5 litres. The entire business model is designed to provide people with clean water at a price that is up to 90% cheaper and still beneficial. In addition the poorest of the poor will receive our water for free. People will not only appreciate WAFRICA but also love it, because water is life and the current prices for drinking water are pure usury.
WHY WAFRICA
The most important thing at the moment is to build the first fully functional prototype. As soon as we have finished this first prototype, we will benefit from international funding from the Deutsche Entwicklungsgesellschaft DEG (German Development Agency, Johannesburg office) in the amount of at least 2 million Euros. I have already been promised this funding in writing, as DEG has classified the WAFRICA project as “the most innovative and most important project for the African continent in years.”
Furthermore, I was able to generate considerable interest from Premier Alan Winde, and he has assured me of his full support in officially launching the first system, which will generate enormous media coverage. I quit my job as a CMO of an international company because I was overwhelmed by the urgent need for water throughout the world and therefore founded WAFRICA. I financed the entire development of the system through to market readiness from my own resources. WAFRICA is my life and together we will save lives and be internationally successful. I have the commitment to international funding in the amount of 2 million euros = R 36m, as well as a brilliant team of international colleagues and technicians who have performed all of their services free of charge to WAFRICA. In this context, I would like to mention that all future employees (WAFRICA water warriors) will for the most part be seniors, as they have the necessary reputation and respect, and more than 95% of the employees will be people of colour. Furthermore, there will be an NGO within the company that will focus on the education of children in primary schools, since education is of the greatest importance to our youth and a means for a secure future.
We therefore kindly invite you to become an integral part of WAFRICA and to finance the first prototype so that we can start the project together. Let’s change the world together, save human lives, create jobs and become internationally successful.
Matt Spechtler founder
Premier Alan Winde über WAFRICA
Reininghausgründe 2021 – zurück zum Ursprung
/in Allgemein /von Beate HemmerleinAlles hatte 1853 damit begonnen, dass Adolf Ignaz Mautner seinen beiden Töchtern Therese und Emilie und deren Ehemännern Johann Peter und Julius Reininghaus einen beruflichen Start ins gemeinsame Leben ermöglichte, indem er das Kapital für den Erwerb der kleinen Brauerei zu Steinfeld bei Graz zur Verfügung stellte. Das, was den beiden Ehepaaren und ihren Nachkommen danach unter anderem mit dem Unternehmen Brauerei Brüder Reininghaus gelang, hat beispiellose steirische Wirtschaftsgeschichte geschrieben. So trägt das Areal am Steinfeld zu Recht den Namen Reininghausgründe, welche eine einzigartige historische Bedeutung für den Wohlstand und Aufstieg von Graz haben.
Nach dem Tod von Peter I. Reininghaus waren die Reininghausgründe allmählich in einen Dornröschenschlaf zurückgefallen, aus dem sie nun durch die Planung eines lebendigen Stadtviertels erweckt werden sollen. Dort, wo einst fortschrittlich Bier gebraut wurde, soll bis 2027 ein neuer Stadtteil entstehen, der rund 10.000 Bewohnern Platz bietet. Wie in seiner Blütezeit soll Graz-Reininghaus auch zukünftig wirtschaftliche, kulturelle und soziale Impulse setzen. Denkmalgeschützte Industriegebäude, wie Tennenmälzerei, Malzsilo, Markthalle, Brunnenhaus und die Villa Keil wurden glücklicherweise in das architektonische Konzept integriert und sollen auch im 21. Jahrhundert anmutig an den einstigen Pioniergeist der Reininghaus erinnern.
Prolog
Das Schicksal findet seine eigenen Wege, um das zusammenzuführen, was zusammengehört. So fanden bereits Rike & Abi Reininghaus im Februar 2021 auf wundersame Weise ihren Weg zu uns (aber das ist eine eigene Geschichte 🙂 ). Gemeinsam konnte daraufhin viel verschollen gedachtes Material gesichtet und veröffentlicht werden, unter anderem auch Bildmaterial von Adolf Ignaz´ fünftem Kind, Emilie. Ein solches Foto war es dann auch, in das sich eine steirische Maklerin verliebte, als sie das world wide web nach Inhalten für ihr Projekt durchsuchte. Unweigerlich musste sie dabei natürlich auf dynastiemautnermarkhof.com stoßen und gelangte so – zu mir. Bereits nach kurzem Gespräch teilten wir die Begeisterung für das Potential und die Möglichkeiten, die sich durch die Erschließung der Liegenschaften EZ 1821 und EZ 1863 gemeinsam mit der Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage GmbH für das Projekt boten. Hatte doch die BARI mit der Namensgebung „Julius“ und „Emilie“ für ihre beiden Bauteile bereits begonnen einen Konnex zur Familie herzustellen, so konnte darüber hinaus doch noch weit mehr getan werden, um historische Anerkennung und Wertschätzung für die beiden Namensgeber und ihre Familien zu schaffen. Gesagt getan. Ein kleines Konzept wurde geschrieben, Frau Herzeg / Delta Immobilien, legte es ihren Auftraggebern vor und ein Vertrag wurde mit der BARI abgeschlossen:
§ 1 Zielsetzung dieser Vereinbarung
Durch die Namensgebung der Bauteile Reininghaus 1b in Julius und Bauteil Reininghaus 2a in Emilie, die auf die Vorfahren der Familien Reininghaus und Mautner Markhof Bezug nehmen, soll einerseits mit Hilfe der Familiengeschichte eine Vermarktungsunterstützung und andererseits eine historische Anerkennung und Wertschätzung für die Namensgeber geschaffen werden.
§ 2 Verwendung der Namen und Familiengeschichte
Es soll entweder eine Tafel mit den relevanten Mitgliedern (5 – 7 Personen) der Familien Reininghaus/Mautner Markhof an den Haupteingangsfassaden der zwei Bauteile (Variante 1) oder 7 kleinere Namenstafeln am jeweiligen Eingang der 7 Häuser (Variante 2) angebracht werden. Welche der Varianten zum Einsatz kommt obliegt der Bank Austria Real Invest Immobilien- Kapitalanlage GmbH. Im Gegenzug erhält die Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage GmbH unentgeltlich die Werknutzungsbewilligung für die Verwendung der von der Namensgeberin zur Verfügung gestellten Texte und Bilder die Familiengeschichte Reininghaus und Mautner Markhof betreffend zur Vermarktung der in der Präambel näher bezeichneten „Reininghausgründe“ bzw. die auf diesem Areal von ihr erbauten oder geplanten Quartiere und Bauten.
§ 3 Umsetzung
Texte und Gestaltung bis hin zu den Druckdaten der in § 2 genannten Tafeln, werden in Orientierung am Auftritt der beiden Liegenschaften (Farbklima, Schrift) von der Firma ÜberInc Werbeagentur und Marketing Consulting GmbH (FN 197386z) nachfolgend „Agentur“ genannt und vertreten durch die Geschäftsführerin Frau Beate Hemmerlein, geliefert. Die BARI verpflichtet sich die vollständigen Produktions- und Montagekosten der Tafel(n) zu übernehmen und trägt Sorge dafür, dass diese ordnungsgemäß spätestens mit Fertigstellung der Bauteile angebracht sind. Agentur und Namensgeberin liefern unentgeltlich die vereinbarten Fotos 1 x Emilie und 1 x Julius in Internetauflösung sowie entsprechende Texte, die in unveränderter Form einzig für die Online- Vermarktung der beiden Bauteile (Emilie Bauteil Reininghaus 2a und Julius Bauteil Reininghaus 1b) verwendet werden dürfen.
Projekt
Die Brüder Reininghaus kehren
zurück zu Ihrem Ursprung
Mit der Erschließung der Liegenschaften EZ 1821 und EZ 1863 führt die Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage GmbH die Steinfeldgründe nun im 21. Jahrhundert wieder zurück zu ihrem Ursprung.
Wohnen, arbeiten, leben & gedeihen
Julius und Emilie Reininghaus – ein liebendes Powerpaar des 19. Jahrhunderts. Seite an Seite stehend – symbolisiert durch die beiden Bauteile DAS JULIUS und DAS EMILIE – zeichneten sie von Beginn an gemeinsam mit Johann Peter und Therese für den Aufbau und Aufstieg des Steinfeldes verantwortlich. Zwei liebende Ehepaare, die sich den Werten „Fleiß und Wille“ ihres Vaters und Mentors ebenso verschrieben hatten, wie dem Familiensinn und karitativem Engagement. Die beiden Liegenschaften setzen sich aus insgesamt 7 Einheiten zusammen, die, als Reminiszenz, nach weiteren Familien-Persönlichkeiten benannt, auch symbolhaft für ihre Namensgeber und deren Eigenschaften und Errungenschaften stehen sollen.
Bauteil Julius
Haus „Mautner Markhof“
Namensgeber dieser Immobilie ist Adolf Ignaz Mautner Ritter von Markhof, Stammvater der gleichnamigen Dynastie und Kapitalgeber und wirtschaftliches Vorbild für die Erschließung der Reininghausgründe. Er ging nicht nur als Bierbrauer und Erfinder in die Geschichte ein, sondern vor allem auch als Pionier sozialer Reformen, für die er u. a. geadelt wurde.
Haus „Julius“
Benannt nach Julius Reininghaus, dem Mastermind bei der Erfindung zur Erzeugung der Presshefe. Chemiker, Wissenschaftler und Genie – ein Bill Gates des 19. Jahrhunderts.
Haus „Johann Dietrich“
Johann Dietrich „Hans“ von Reininghaus war als jüngster Sohn von Johann Peter und Therese zuerst als Prokurist in das Familienunternehmen eingebunden, machte sich danach jedoch aufgrund seiner vielseitigen technischen Begabungen als Ingenieur, Erfinder und Leiter der Portorose Aktiengesellschaft einen eigenen Namen. Seiner Ehe mit Virginia „Gina“ Agujari, der späteren Gina Conrad von Hötzendorf, entsprang u. a. Sohn Peter, der ab 1920 die Geschicke der Brauerei für fünf Jahrzehnte lenken sollte.
Bauteil Emilie
Haus „Johann Peter“
Johann Peter, später geadelt zum Edlen von Reininghaus, ist diese Immobilie gewidmet. Sein Schaffen und Werken war so umfangreich, dass es sich am besten mit den Worten von Zeitzeugen wiedergeben lässt. Als Schwiegersohn von A. I. Mautner Ritter von Markhof war er nicht nur Wirtschaftspionier und begnadeter Kaufmann, sondern als empfindsamer Förderer der Künste auch selbst Dichter und Entdecker des großen steirischen Schriftstellers Peter Rosegger.
Haus „Therese“ / Haus „Emilie“
Den beiden Schwestern und Pionierinnen des 19. Jhds. sind diese beiden Häuser gewidmet. Seite an Seite, so wie sie ein Leben lang beieinander und füreinander am Steinfeld standen, so präsentieren sich nun ebendort diese beiden Immobilien und strahlen die Wärme und familiäre Geborgenheit aus, mit der Therese und Emilie ein Leben lang ihre Ehemänner, ihre Kinder und die Menschen der Region versorgten. Therese, als Gattin von Johann Peter Edler von Reininghaus, und Emilie, als Ehefrau von Julius Reininghaus, beide Töchter von Adolf Ignaz Mautner von Markhof, waren maßgeblich an der Entwicklung des Steinfelds und am Aufstieg der „Brüder Reininghaus“ beteiligt.
Haus „Peter“
Als Enkel von Johann Peter und Therese und Sohn von Johann Dietrich und Virginia „Gina“ Agujari, wurde Peter von Reininghaus nicht nur bereits in Steinfeld geboren, sondern lenkte auch für mehr als fünf Jahrzehnte die Geschicke der Brauerei. So trägt dieser mächtige Bauteil zu Recht seinen Namen und soll daran erinnern, wie Intelligenz, Loyalität, Fleiß und Wille einen beispiellosen Wiederaufbau und Aufstieg auch nach den dunkelsten Zeiten ermöglichen können.
Das Projekt konnte dank dem großen Interesse und Engagement von Renate Herzeg / Delta Immobilien verwirklicht und mit März 2023 zum Abschluss gebracht werden.
Making of der Gedenktafeln auf den Reininghausgründen der Familie Mautner Markhof/Reininghaus
Gedenktafel Emilie Reininghaus / Reininghausgründe
Johann Dietrich v. Reininghaus / Reininghauspark 2
Peter v. Reininghaus / Reininghauspark 4
Emilie Reininghaus / Reininghauspark 6
Adolf Ignaz Ritter Mautner v. Markhof / Unesco-Esplanade 10
Julius Reininghaus / Am Steinfeld 17
Johann Peter Edler v. Reininghaus / Am Steinfeld 19
Therese Edle v. Reininghaus / Am Steinfeld 21
Impressionen Reininghausgründe
XIV., Eggenberg, Reininghauspark
Impressionen Reininghausgründe 2023
Impressionen Reininghausgründe 2023
Impressionen Reininghausgründe 2023
Impressionen Reininghausgründe 2023
Impression Reininghausgründe Seeanlage 2023
Impressionen Reininghausgründe 2023/Am Steinfeld 17
Impressionen Reininghausgründe 2023
Reininghauspark 2023
Impressionen Reininghausgründe 2023
Impressionen Reininghausgründe 2023
Reininghausgründe/Mälzerei
Impressionen Reininghausgründe 2023/Reininghauspark 4
Impressionen Reininghausgründe 2023/Reininghauspark 6
Impressionen Reininghausgründe 2023/Unesco-Esplanade 10
Theodor Mautner Markhof, Beate Hemmerlein, Albrecht und Ulrike Reininghaus/Reininghausgründe/Unesco-Esplanade 10
Blick auf die Reininghausgründe vom Grazer Uhrturm
Dezember 1965, eine Hochzeit am Franziskanerplatz
/in Georg II. Anton Mautner von Markhof /von Ursula Bertele de AllendesalazarSamstag, 11. Dezember 1965. In der großen, damals noch sogenannten Conte Corti-Wohnung im dritten Stock des Hauses Nummer 1 am Wiener Franziskanerplatz, war die dort beinahe vollzählig versammelte Familie Bertele bereits um 7 Uhr morgens auf den Beinen. Nur zwei der Geschwister, Emy und Hansi, waren leider Gottes nicht anwesend.
Das unaufhaltsame Ticken und Klingeln von einem Drittel der ungefähr 120 Steh-, Tisch- oder Laterndluhren, die sich über die ganze Wohnung verteilten, hatte so manches Familienmitglied schlaflos gehalten. Jedenfalls schien niemand einen Wecker gebraucht zu haben. Am allerwenigsten ich Ursula, die künftige Braut, mit Kosenamen Ucki. Schon vor 7 Uhr war ich aufgestanden, um das Badezimmer in meinem Appartement für die restliche Geschwisterschar frei zu machen. So riesig die Wohnung auch war, verfügte sie über nur zwei Badezimmer und diese noch dazu ohne Dusche. Nichts desto trotz wollte jedes der Geschwister seine Morgentoilette genießen, deswegen hatte ich es sehr eilig.
Selbst dem sonst so äußerst autoritären Familienvater Hans, Baba gerufen (weder Papa noch Papi, sondern seit eh und jeh auf eigenen Wunsch so genannt, anscheinend, weil mein ältester Bruder Otto das Wort Papa bei einem seiner ersten Sprachversuche so herausgebracht hatte), war es an diesem Morgen nicht gelungen, die Familie ordnungsgemäß und gesittet zum gemeinsamen Frühstück um den Speiszimmertisch zu versammeln. Manch eines der Kinder wagte es sogar der väterlichen Autorität dahingehend zu trotzen, indem es, stehend, Vorräte, die für die kommenden Tage gedacht waren, bereits an diesem Morgen genüsslich verzehrte. Nur aufgrund des besonderen Tages war es glücklicherweise nicht zu einem Krach gekommen.
Pünktlich um 9 Uhr läutete es an der Tür. Damals hatte es auf der 1. Stiege des alten ehrwürdigen Hauses noch keinen Aufzug gegeben (es existiert noch eine zweite, bescheidenere Stiege, die man durch den Hof erreichen kann). Man musste das prächtige breit angelegte steinerne Stiegenhaus zu Fuß begehen. Hohe Stockwerke gab es da, bis zum dritten Stock mit bis zu vier Meter hohen Plafonds. Keinen Schummel mit Hochparterre und Mezzanin, wie es in Wien im 19. Jahrhundert dann eingeführt wurde.
Es hatte die junge Friseurin aus der Weihburggasse an der Tür geläutet. Ein liebes Geschöpf, das ich gut kannte, weil sie mir in der Faschingszeit die Haare für die Bälle immer recht schön machte. Keine leichten und dankbaren Haare, die meinigen – seit jeher wie Spinnenweben. Aber dank ihr war ich binnen einer halben Stunde schon recht hübsch aufgeputzt. Leider kann ich mich weder an ihren, noch den Namen des damals sehr bekannten Salons, der schon längst nicht mehr existiert, erinnern.
Wiederum läutete es. Diesmal wurde das wunderschöne Brautbouquet geliefert. Es hatte kaum einen Weg zurückzulegen, die Blumenhandlung befand sich praktisch ums Ecke, in der Singerstraße, in einer der Dependancen des Franziskanerklosters.
Die Hochzeit sollte um 11 Uhr, gleich gegenüber in der Franziskanerkirche stattfinden. Nur ein paar Schritte waren es vom Haus und ich wollte nur im Brautkleid, ohne Mantel und sonstigen Schutz, den Platz überqueren. Obwohl der Tag kalt war, nur ein paar wenige Grade über Null, schien die Sonne bei blauem Himmel. Welch’ ein Glück, ich würde trocken und ohne einen Schirm zu benötigen die Kirche erreichen können.
Eine halbe Stunde vor dem Gang zur Kirche sollten sich engerer Familienmitglieder unten in der Halle versammeln, um den von Onkel Bili sorgsam geplanten Brautzug zu bilden. Mittlerweile gab es ein lustiges Getümmel in der Wohnung. Nur Baba verfügte über einen eigenen Cut, ich glaube er hatte ihn für die Hochzeit extra anfertigen lassen (den Zylinder hatte er allerdings verweigert). Otto und der noch junge aber hochgewachsene Ulrich hatten sich ihre Outfits in der Leihanstalt besorgt; irgendwo draußen an der Wieden oder im dritten Bezirk – ein Wiener Moss Bros. Auch sie gingen ohne Zylinder.
Ich schließlich kleidete mich in ein schlichtes, langärmeliges Brautkleid und Schwester Liesl – so denke ich jedenfalls – setzte mir den Schleier und das kleine zierliche Kopfband auf. Liesl war bereits seit einigen Jahren in Pakistan mit Syed Afzel Naqvi verheiratet gewesen und hatte damals schon drei oder vier Kinder. Sie war am Vorabend angereist, wie immer sprühend voller Lebensenergie und keine Spur von Jetlag. Bildschön war sie, in einen prachtvollen Sari gekleidet. Für den Weg zur Kirche allerdings und um in ihr nicht zu erfrieren, wurde ihr dann glücklicherweise ein Pelzmantel geliehen.
Etwas vor halb elf begaben sich die meisten der Familie hinunter in die Halle, um sich von Onkel Bili in den Brautzug “einordnen“ zu lassen. Nur Baba und ich warteten weiterhin oben, weshalb ich über das, was sich unten abspielte, nicht berichten kann. Jedenfalls löste Onkel Bili alles, auch laut Protokoll, bestens. Protokoll gab es da genug und Onkel Bili hatte seinen Spaß daran. Dazu muss ich nun natürlich und endlich auf den spanischen Bräutigam José Manuel Allendesalazar Valdés kommen und auf die restlichen, die den Brautzug bildeten.
Mein zukünftiger Mann, ein junger Diplomat, war am 8. Dezember mit seinen Eltern von Madrid nach Wien geflogen. Seine Cousine und ihr Mann hatten – zusammen mit einer 14jährigen Nichte, die als älteste Tochter ihren Vater vertrat – die Reise von Madrid über Paris im Zug unternommen. Sowohl Josés Vater sowie Guillermo, der Mann seiner Cousine, waren Militärs im Rang eines Oberst und erschienen beide in Uniform. Und beide mit vielen Medaillen dekoriert. Guillermo war im Zweiten Weltkrieg als blutjunger Mann Mitglied der Blauen Division und – zur Bekämpfung des Bolschewismus – mit ihr und der deutschen Armee in Russland gewesen, wo er mit dem Eisernen Kreuz mit der Swastika ausgezeichnet worden war (er trug es aber nicht unter den sonstigen Medaillen). Diese spanische Familiengruppe war die kurze Strecke vom Hotel Kaiserin Elisabeth in der Weihburggasse zu Fuß gegangen und hatte so schon viele Blicke auf sich gezogen. Auch die spanische Botschaft, die komplett erschienen war, erregte bei den vielen Zaungästen am Platz große Aufmerksamkeit. Vor allem die ausnahmslos gutaussehenden Herren in der auffallend schönen, dunkelblauen, mit Goldfäden verbrämten Diplomatenuniform, die natürlich auch vom Bräutigam getragen wurde. Eigens für die Hochzeit hatte er sie schneidern lassen. Ein teurer Spaß. Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten gewährte Kredite, die von den jungen Diplomaten euphemistisch der Sarg genannt wurden. Für die Herren war es ein ausgesprochener Gala-Tag. Außer meiner Schwester Liesl, gekleidet im Sari, und möglicherweise auch mir, der Braut, konnte keine anwesende Dame auch nur annähernd so viel Aufsehen erregen.
Anhand der mittlerweile schon vergilbten Fotos ist es mir gelungen, den Brautzug, der vom Haus zur Kirche schritt, wieder zu rekonstruieren. Angeführt wurde er von José Manuel mit seiner Mutter Carmen am Arm. Nur drei erwachsene männliche Berteles konnte man zählen – meinen Vater Hans mit seinen Söhnen Otto und Uly. Ein Familienschicksal an spärlich vorhandenen männlichen Nachkommen, das sich auch in meiner Generation fortsetzt. Nur ein einziger ist übrig, der den Familiennamen vererben kann – und dieser lebt in England. Ganz im Gegenteil mütterlicherseits, bei der Familie Mautner Markhof, welche zahlreich vertreten war. Sie teilt sich in die Linie der “weißen“ (blonden) Mautners, abstammend von Georg II. Anton und Emy Reininghaus, und die der “schwarzen” (dunkelhaarig), abstammend von Theodor I.. Marceline, meine Mutter, war als Tochter Georg Antons folglich eine „weiße“ Mautner Markhof. Unter den “Schwarzen”, ragte damals Manfred I. heraus, nicht nur aufgrund seiner beachtlichen Körpergröße, sondern auch sehr würdig mit Zylinder. Inmitten des Brautzuges auch die gute alte Tante Hansi, Witwe von Onkel Werner Reininghaus, die mir lieberweise das von mir selbst entworfene Brautkleid genäht hatte.
So schritten alle feierlich über den Platz und endlich in die Kirche. Dort, in einer der ersten Bänke, saß die liebe Omi, Emy Reininghaus/Mautner Markhof, damals noch keine achtzig Jahre alt. Etwas jünger, als ich heute bin, feierte ich doch im Dezember 2021 meinen achtzigsten Geburtstag. Erstaunlich, wie sich die Wahrnehmung ändert, waren mir doch sowohl sie als auch die Bertele-Großmutter, genannt Momo, uralt vorgekommen, auch schon lange davor, als sie rückblickend noch keine sechzig Jahre zählten. Anwesend waren auch der Photograph vom renommierten Atelier Winkler Ecke Singerstraße, den ich extra gebeten hatte, während der Kommunion vom Fotografieren abzusehen. Der sehr gute Orgelspieler und Priester, der die Messe las und uns traute, waren Freunde von Baba. José Manuel und ich hatten bereits am Vortag mit dem jungen bebrillten Pater Ludwig, der wie eine Eule aussah, die Zeremonie geprobt. Babas Freund hingegen war ein blendend aussehender, graumelierter Mann, vom Erzbischofamt, der jedoch bald nach unserer Hochzeit das Priesteramt zurücklegen sollte. Die Mautner-Familie, hätte es gerne gesehen, wenn die Trauung vom lieben alten Pfarrer Oppolzer, der irgendwo im Wienerwald eine Pfarre betreute, vorgenommen worden wäre. Mir selbst wäre Pater Cornelius von Heiligenkreuz am liebsten gewesen, doch Baba hatte eisern auf seinen Pater Bachleitner bestanden und wie bei allen Dingen, die er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, war daran durch nichts und niemanden zu rütteln.
Ein weiteres etwas ungewöhnliches Schauspiel bot das Aufgebaut an Trauzeugen, das nach spanischer Sitte üblich war. José Manuel hatte seinerseits seinen Vater, Guillermo, den Mann seiner Cousine, den spanischen Botschafter und zwei weitere Mitglieder der spanischen Botschaft – – insgesamt fünf. Onkel Bili, soviel ich mich erinnere, war in Sorge, dass unsere Seite zu kurz kommen könnte und so bat er als meine Trauzeugen seinen ältesten Bruder Georg III. Buwa, damals Oberhaupt der “weißen“ Mautner Markhof-Linie, und auch meinen Bruder Otto. Der jüngste spanische Diplomat wurde dafür auch auf unserer Seite des Altars platziert, um das optische Bild ausgeglichener zu gestalten. Eigentlich ganz amüsant, an welche Kleinigkeiten man sich nach so vielen Jahren noch erinnert! Dazu fällt mir auch die spanische Sitte des “Brautkaufs” ein. 13 neue glänzende Peseta-Münzen hatte José Manuel eigens dafür mitgebracht.
Nach der Messe wurden die Papiere in der Sakristei unterschrieben, dort begaben sich anschließend auch alle Hochzeitsgäste hin, um uns ihre Glückwünsche auszusprechen. Noch immer habe ich Tränen in den Augen, jedes Mal, wenn ich das Foto der lieben Omi betrachte, als sie mich zutiefst ergriffen umarmte. Momo, Babas Mutter Elsa Arailsa Bertele, spanisch-baskischer Herkunft, konnte nicht anwesend sein, weil sie, obwohl gleichaltrig wie Omi, bereits damals schwer von heftigen Gelenksschmerzen geplagt, in einem von Klosterschwestern geführten Heim in Vorarlberg, am anderen Ende von Österreich, weilte.
Draußen am Franziskanerplatz hatten trotz der Kälte sehr viele Zaungäste ausgehaart, um die Hochzeitsgesellschaft noch einmal beim Verlassen der Kirche zu betrachten. Auch wurde über das Ereignis am nächsten Tag in einer der Zeitungen in der Rubrik Wien intim berichtet. Merkwürdigerweise erschien ein Foto der Trauung auch zwei Jahre später als Titelbild des Presse-Artikels Am liebsten eine Kirche mit Freitreppe. Wir erfuhren darüber über seltsame Umwege: Ein Kollege José Manuels erhielt den Zeitungsauschnitt in Dakar/Senegal von seinem österreichischen Kollegen und schickte ihn uns dann weiter nach Lima (Peru war José Manuels erster Auslandsposten).
Uckis und José Manuels Hochzeit in der Presse vom 8./9. April 1967.
Um 13.00 Uhr fand das Mittagessen im Hotel Bristol statt. En petit comité – es waren ca. 30 Personen geladen. Omi und José Manuels Vater, damals auch fast achtzig, konnten sich bestens auf französisch unterhalten. Der Botschafter, Antonio Luna, der kein Berufsdiplomat, sondern lange Jahre hindurch in Den Haag am Obersten Gerichtshof tätig gewesen war, hatte sehr gut deutsch gesprochen. Die anderen Botschaftsmitglieder weniger, weshalb man sie zur spanischen Familientruppe platziert hatte. Alles war bestens verlaufen.
Um 15.00 Uhr fand dann der riesige Empfang in der Wohnung am Franziskanerplatz statt. Das Catering, wie man heutzutage sagt, wurde vom Gerstner ausgerichtet. Damals noch unter der Leitung der guten alte Frau Gerstner und das Geschäft war noch auf der anderen Seite der Kärntnerstraße. Hauptsächlich ich selbst hatte die Vorbereitungen mit ihr getroffen und natürlich nur lauter köstliche Sachen gewählt. Österreicher sind ja nicht nur Feinschmecker, sondern auch zu jeder Stunde bereit es sich mit Speis und Trank gut gehen zu lassen. Alle waren sie gekommen, die Kirchengäste und darüber hinaus noch viele, viele mehr. Fast durchgehend Freunde der Eltern und natürlich die Mitglieder der zahlreichen Mautner Markhof-Verwandtschaft. In der heutigen Zeit hat sich das wesentlich verändert, da die meisten Hochzeitsgäste aus jungen Leuten bestehen, den Freunden des Hochzeitspaares.
Zum Abschluss noch etwas Lustiges: In Baba war in den Tagen kurz vor der Hochzeit plötzlich die Befürchtung aufgestiegen, dass der Boden im Salon, dem schwächsten Teil in der Mitte der Wohnung, durchbrechen könnte (das Haus stammt laut Rudolf Kisch ursprünglich aus dem 14. Jahrhundert). Baba bekam Angst vor dem großen Andrang, der zu erwarten war. So kam ihm – dem Ingenieur – endlich eine Lösung in den Sinn: Er stellte den schweren Eichenholz-Tisch mit der rosa Marmorplatte unter den großen Luster in die Mitte des Salons. Ein schwerer Tisch stellte zweifellos eine kleinere Gefahr als fünfzehn oder zwanzig Leute dar. Ende gut, alles gut. Der Salonboden brach nicht zusammen.
Am nächsten Morgen, Sonntag, fast noch im Morgengrauen, gingen José Manuel und ich den kurzen Weg vom Hotel Elisabeth die Weihburggasse entlang zur Franziskanerkirche, um vor unserem Abflug noch die 8 Uhr Messe zu besuchen. Noch bevor wir den Platz erreichten, bog plötzlich meine liebe Mutti mit meinem Brautstrauß in Händen ums Eck und kam uns entgegen. Es war eine völlige Überraschung. Muttis Augen waren feucht und aus meinen flossen die Tränen, als ich sie umarmte, während sie mir den Brautstrauß überreichte. Wir wechselten kaum ein Wort, begleiteten Mutti zum Tor des Hauses, hielten für sie die schwere dunkelgrüne Türe offen und blickten ihr nach, als sie im Dunkel der Halle verschwand.
Diese Begegnung bleibt für mich einer der schönsten und ergreifendsten Momente der Hochzeit und auch heute noch, wenn ich diese Zeilen schreibe, habe ich das Bild der geliebten Mutter vor mir.
Bräutigam José Manuel mit seiner Mutter Carmen de Allendesalazar am Weg zur Kirche.
Der spanische Botschafter, seine Frau, Georg III. Buwa Mautner Markhof, Otto Bertele und Elisabeth Naqvi (geb. Bertele) am Weg zur Kirche.
Gerhard Mautner Markhof und José Manuels Cousine am Weg zur Kirche.
Maria Pussy Mautner Markhof und Heinrich Baensch am Weg zur Kirche.
Christl und Manfred I. Mautner Markhof am Weg zur Kirche.
Ursula Ucki Bertele mit ihrem Vater Hans am Weg zur Kirche.
Ursula Ucki Bertele mit ihrem Vater Hans am Weg zum Altar. Links Karlmann Bili Mautner Markhof.
Ursula Ucki Bertele mit José Manuel am Altar.
Ursula Ucki mit Pater Ludwig und Pater Bachleitner während der Trauung.
Ursula Uckis Trauzeugen, Bruder Otto Bertele (Mitte) und Georg III. Buwa (rechts).
José Manuel, Ursula Ucki und Pater Bachleitner.
Ursula Ucki und José Manuel, frisch vermählt.
Manfred I. Mautner Markhof gratuliert dem Bräutigam Josè Manuel Allendesalazar.
Georg III. Buwa, Karlmann Bili Mautner Markhof, Brautmutter Marceline mit Hansi Reininghaus und Manfred II. Mautner Markhof (re).
José Manuel und Ursula mit Schwiegermutter Carmen de Allendesalazar
Maria Pussy, Marceline II., Gritine und Manfred I. Mautner Markhof
Maria Pussy, Karlmann Bili und Peter Mautner Markhof
Menükarte des Hochzeitsessens im Bristol mit Unterschriften der Gäste.
Bericht in der Rubrik Wien intim über Ursula Berteles Hochzeit.
Brauerei Mautner Markhof durch den Blickwinkel von Otto Rudolf Schatz/Hagenbund
/in Allgemein /von Beate HemmerleinAnlässlich der Hagenbund-Ausstellung im Leopold Museum wurden auch Werke ausgestellt, die die „Brauerei Mautner Markhof“ aus den Augen zeitgenössischer Künstler zeigen.
Sozialkritische Kunst der Zwischenkriegszeit
Nach dem Zerfall der Donaumonarchie stellte die politische und wirtschaftliche Notlage und die daraus resutierenden sozialen Spannungen die junge Republik Österreich vor eine Zerreißprobe. Die im Roten Wien seit 1919 mit absoluter Mehrheit regierenden Sozialdemokraten propagierten den „Neuen Menschen“ als kulturelles Gegenmodell zur katholisch-konservativen Politik der christlich-soziale geprägten Staatsregierungen. Die Versorgungsengpässe, galoppierende Arbeitslosenzahlen, Hyperinflation, Währungsverfall und die daraus resultierende weit verbreitete Armut stürzten den Künstlerbund Hagen bis in die 1930er Jahre wiederholt in existenzielle Krisen: Ausstellungen konnten im Winter nicht beheizt werden und 1932 war man genötigt, Kunstwerke im Tausch gegen Lebensmittel anzubieten.
Die prekären Lebensrealitäten der Zwischenkriegszeit spiegeln sich in den Werken von Karl Hauk, Otto Rudolf Schatz, Felix Albrecht Harta oder Carry Hauser die zwischen 1925 und 1930 dem Hagenbund beitraten, wider. „Man spürt in diesem Künstlerkreis intensiver als anderswo in Wien den Atem der Gegenwart“, schrieb das Neue Wiener Journal 1931. Auch stilistisch progressiv, repräsentierte die Kunst des Hagenbundes eine radikale Moderne, die nach dem Austritt mehrerer Gründungsmitglieder und Verfechter der Wiener Stilkunst auch vereinsintern an Einfluss gewann.
Als „Propagandist“ des Roten Wien schuf Schatz mehrere ausdrucksstarke Holzschnittfolgen, darunter „Die Stimme der Arbeit“, worin er die Situation des Proletariats in der Großstadt anprangerte. So wie z. B. in seinen nüchternen Ansichten überdimensionaler Kesselräume in denen der Mensch allenfalls als Staffage Platz findet.
Hagenbund
Kesselraum in der Brauerei Mautner Markhof, 1928. Gemalt von Otto Rudolf Schatz (Wien 1900 – 1961), Sammlung Daim.
Kesselraum in der Brauerei Mautner Markhof, ca. 1928. Gemalt von Otto Rudolf Schatz (Wien 1900 – 1961), Sammlung Daim.
Zedlitzhalle, Ausstellungshaus des Hagenbundes, 1908.
A Tankard full of Memories – Two centuries of Vienna Lager
/in Georg II. Anton Mautner von Markhof /von Bruce McMichaelWords Bruce McMichael
Noisy, smokey and stinking of the streets, the tavern shakes as greetings echo around battle-weary soldiers, prostitutes and drunks, all demanding more … more music, more food, more beer. They were drinking dunkels, dark German-style lagers made through top-fermentation techniques with similar taste profiles to Belgian Dubbels and English Porter.
We’re in late 1830s Vienna, the soon-to-be capital of the sprawling Austro-Hungarian Empire. It’s a city of intrigue, betrayal and dingy coffee houses with a reputation for serving the worst beer in Europe. Production is fractured, brewers disinterested, ingredients low quality. Disguised with herbs and spices ranging through ginger, laurel, and rosemary, contemporary sources report tankards of foul smelling beer, and lots of flatulence.
Into this bleak social landscape came Anton Dreher Snr, scion of a local brewing family whose beer production and finances were both struggling, along with my ancestor, Adolph Ignaz Mautner Markhof a mutton chopped brewer and Dreher Snr’s main competitor as soon-to-be Beer Barons.
Brewers such as Dreher Snr and Mautner Markhof were 19th century beer-nerds, curious about the science of brewing and happy to get stuck into the rough and tumble of commerce. For decades, these two sparred for technological and commercial advantage, until the Dreher family lost interest and Mautner Markhof’s descendents absorbed Dreher’s prime Schwechat brewery into their own operations.
Fast-forward to the 1970s and it is endless supplies of cola and fizzy orange that shape my earliest memories of childhood holidays with my maternal grandparents in Vienna, and visits to extended family living in the Schwechat brewery. But as I grew into my teens, the beer made its appearance: my brothers and I secretly flipped open bottles we found in cellars and store rooms pursing our lips as we sipped the bitter Vienna Lager.
It was common for young brewers in the early 1800s to travel and work across Germany, Belgium and Britain. In search of knowledge, Dreher Snr and his friend and business partner Gabriel Sedlmayr from Munich’s famous Spaten brewery, took to the road – and they didn’t care how they got their information.
British industrialists were notoriously secretive, but nonetheless – perhaps naively – welcomed the pair into their breweries, where the ambitious friends embarked on what can only be described as industrial espionage, including using an adapted walking cane to steal away liquid samples.
At the start of the nineteenth century, British breweries had began using heated air to dry the malt, achieving an evenly roasted product with little scorching. Returning to Vienna, Dreher Snr experimented with British kilning methods, creating a lightly caramelised amber malt. He called it Vienna Malt, mixed it with lager yeast and brewed a reddish-copper lager with a delicate, slightly bready profile reminiscent of British pale ale. The beer was released in 1841 as ‘Lager Vienna Type’ or Vienna-style lager, and so started Vienna’s Golden Beer Century.
The Lager’s superior structure and flavour immediately appealed to the jaded and abused palettes of the Viennese, offering a cleaner, fresher taste. The resulting morning sore heads were soothed with reviving breads such as the Kaiser-Semmel, a hugely popular sweet, white, segmented roll. Viennese bakeries had long done good business, using copious amounts of fresh yeast, easily available from top-fermented ale production popular in pre 1840-Vienna.
Production of Vienna Lager, however, posed a problem. Bottom-fermented lagers like Dreher’s did not produce fresh yeast, Viennese bakers were soon short of supplies.
Into this culinary emergency stepped Adolph Ignaz Mautner Markhof supported by his sons (he had ten children and 72 grandchildren). Renting breweries in the districts of St. Marx and Floridsdorf in 1848 Adolph Ignaz partnered with his sons-in-law Julius and Peter Reininghaus in the southern Austrian town of Graz. Together they developed a brand new process to produce yeast strains from bottom-fermented tanks (pressed yeast) – a system that became informally known as the ‘Mautner Markhof filter yeast process’.
The bakers were not slow to show their gratitude. This pressed yeast won a huge cash prize from the powerful Viennese Bakers Guild. A fortune quickly followed which – riches that made possible the purchase by the Mautner Markhof family of Dreher’s original Schwechat brewery in the late 1920s during the global financial crash.
After the economic devastation of World War 1 Vienna Lager never regained its status in its home market, with the Viennese turning to wine and other brews.
However, in the early 2000s, North American craft beer revivalists began dusting off recipes for this forgotten lager, inspiring a handful of breweries in Austria and the UK to follow. They have produced a choice of palatable drinks with robust malt, clean yeast characters, and a light amber colour shot through with the red of the original Vienna Lagers.
It’s a welcome revival of this very particular beer – along with a crate full of memories from my family history.
Artikel von Bruce McMichael im Magazin „Tonic“, Volume 3
Hans und Marceline Bertele v. Grenadenberg – der Beginn einer großen Liebe
/in Georg II. Anton Mautner von Markhof /von Ursula Bertele de AllendesalazarDamals, im Wien der 1860er Jahre, nachdem die Stadtbefestigungen abgerissen und das Glacis aufgelassen wurde, schossen auf der neu angelegten Ringstraße großzügig angelegte Palais aus dem Boden hervor. Am Parkring, Ecke Zedlitzgasse entstand eines davon – das „Dumbapalais“. Der aus Griechenland stammende Industrielle, Wohltäter und Politiker Nikolaus Dumba ließ es für sich im Neorenaissance-Stil erbauen. Mit der Innenausstattung seiner Wohnung wurde vorerst Hans Makart beauftragt. Von der von Makart eingerichteten Bibliothek existiert ein Bild, gemalt von Rudolf von Alt, auf dem nur wenige Bücher zu sehen sind und der Raum so schrecklich schwerfällig und überladen scheint, dass einem die „Grausbirnen“ aufsteigen. Später zog Dumba, der ein großer Musikliebhaber war und dessen Liebe vor allem Schubert galt, den jungen Gustav Klimt hinzu und gab ihm den Auftrag, zwei sogenannte Supraporten für das Musikzimmer zu malen. Eines war der Musik gewidmet, das andere stellte Schubert am Klavier sitzend dar. Es war die Zeit, als Klimt in seinen Anfängen und den Fußstapfen Makarts folgend, sich noch eifrig am Dekorieren der Ringstraßenpalais beteiligte.
Mitte der 1920er Jahre war Erwin Böhler (aus der Familie Gebrüder Böhler Edelstahlwerke) in einer der Wohnungen des Palais Dumba mit seiner Familie ansässig geworden. Das Ehepaar führte ein reges gesellschaftliches Leben und veranstaltete während der Faschingszeit märchenhafte Bälle für ihre beiden Töchter. Einladungen dazu waren bei der damaligen Wiener Jugend mehr als begehrt. Kaum vorstellbar, dass diese in der vollmöblierten Wohnung von Nikolaus Dumba hätten stattfinden können, es wäre ja kaum Platz zum Tanzen gewesen. Immerhin, die Wohnung der Böhlers befand sich im ersten Stock, also am Piano nobile.
Einer der Glücklichen, die im Februar des Jahres 1925 eine Einladung zum Hausball erhalten hatten, war der fesche 23 jährige Hans von Bertele. Hans war ein begabter und eifriger Student der Technischen Hochschule gewesen, der nicht nur gewissenhaft studierte, sondern auch immer dort, wo es etwas zu feiern gab, gerne mit dabei war. Es blieben ihm noch ein paar Jahre bis zum Ende seines Studiums, und Eltern von Töchtern im herannahenden heiratsfähigen Alter sahen in ihm bereits einen potentiellen Schwiegersohn mit vielversprechender Zukunft. So war er überall gerne eingeladen und gesehen. Vor allem auf diversen Tanzveranstaltungen, da er als hervorragender Walzertänzer auch Damen mit überflüssigen Pfunden federleicht über das Parkett zu führen wusste (er hatte die damals vor einigen Jahren gegründete Tanzschule Willy Elmayer besucht). Im Jahr 1924 hatte der erste Wiener Philharmonikerball stattgefunden, für den Richard Strauss eigens eine Festfanfare komponierte. Alles in allem ein unvergessliches Ereignis. Für die Eröffnung wurde dem Jungherren Hans eine zwar hübsche aber sehr gut gepolsterte Comtesse zugeteilt, die sich für den Ball in allzu kleine, sehr hohe Stöckelschuhe hineingezwängt hatte und so bereits nach der Eröffnung den verbleibenden Abend mit schmerzenden Füßen und ohne Schuhe am Tisch ihrer Eltern sitzend verbringen musste. Hans absolvierte zwar regelmäßig Höflichkeitsbesuche, nutzte aber die restliche Zeit, um mit einigen der hübschesten Debütantinnen unbeschwert das Tanzbein zu schwingen. Den „Techniker Cercle„ hatte er mit Lorle, der älteren der beiden Böhler-Töchter eröffnet. Sowohl von den Eltern der schuhlosen Comtesse (wie er sie zu nennen pflegte) als auch von Lorles Eltern wurde er mit recht wohlwollenden Augen betrachtet. Hans hatte die Böhler-Töchter Lorle und Trautl bei Wagemann auf der Wienzeile kennengelernt. Obwohl Lorle die hübschere von beiden war, hatte ihm die stillere Trautl besser gefallen, da er, sehr vielseitig interessiert, das Gespräch lieber selber führte, als sich „Mädchen-Geschnatter“ anhören zu müssen.
Bei der Einladung zum Hausball bei Böhlers handelte es sich um einen Maskenball. Hans musste nicht lange hin- und herüberlegen wie er sich verkleiden sollte – er würde als Seeräuber gehen. Er hatte nicht die Absicht sich mit seinem Kostüm viel Mühe zu geben. Seine alte eng anliegende Bergsteigerhose, die nur bis übers Knie reichte, und ein kragenloses weißes Hemd, dessen Ärmeln er aufkrempelte, mussten reichen. Darüber zog er das dunkelgrüne Gilet mit Silberknöpfen vom Steireranzug seines Vaters an. Investieren musste er nur noch in ein Paar weiße dünne Kniestrümpfe und ein grellrotes Kopftüchel, mit dem er sein dichtes dunkles Haar zusammenbinden konnte, das er sich in Hinblick auf den Ball hatte extra länger wachsen lassen. Fertig gekleidet und zum Abgehen bereit, entkam er nicht dem Spott und Gelächter seiner Schwester Mädi, die wie man damals sagte, im Backfischalter war: “Na, du gekünstelter Pirat in feinen schwarzen Tanzschuhen würdest nicht einmal für einen Raub am Neusiedlersee taugen.” Hans, bestens gelaunt, lachte mit. “Aber sicherlich gut genug, um ein paar jungen Mädchen den Kopf zu verdrehen. In zwei, drei Jahren, wenn Du an die Reihe kommst und zu einem Maskenball geladen bist, wirst Du zweifellos wochenlang darüber nachdenken, wie Du Dich verkleiden kannst“ konterte er. “Uh, da freue ich mich jetzt schon drauf! Sag´, Du, wirst so auf die Straße gehen?“„Nein du Dummkopf. Da zieh’ ich natürlich meinen Lodenmantel drüber.” “Hast Du die Maske mit?” “Nein. Schau’ Kleine, danke, da bist Du doch zu etwas nützlich.” Und schon eilte Hans in sein Zimmer zurück, steckte die Maske in eine der Manteltaschen, sagte seinen Eltern “Gute Nacht” und war schnell durch die Haustür verschwunden. Er hatte sich am Stephansplatz vor dem Rothberger Warenhaus mit seinem Freund Georg Rendezvous gegeben. Er ging zu Fuß, denn es war nur ein kurzer Weg von der Loidoldgasse. Georg kam verspätet mit der Straßenbahn aus Döbling. Hans, mittlerweile ungeduldig, trat von einem Fuß auf den anderen, um sich an diesem eiskalten Abend warm zu halten. “Jetzt fehlt mir nur noch, dass es zu schneien beginnt” dachte er zunehmend missmutig. Passanten glotzten ihn an und betrachteten ihn ob des roten Kopftüchels, das ihm halb über die Stirn reichte und im Nacken zugebunden war, argwöhnisch. Endlich tauchte sein Freund auf. Die beiden eilten die Wollzeile hinunter zum Ring.
Im Dumba-Palais bei Böhlers angekommen, zogen sie im Vorzimmer ihre Mäntel aus. Georg, schlicht in einem dunklen Anzug, setzte sich nun einen großen Turban auf und montierte einen riesigen Schnurrbart. “Ein Prinz aus dem Orient, halb europäisiert?! Dein Kostüm hat Dich ja noch weniger Mühe gekostet als mich das Meinige” meinte Hans anerkennend. Daraufhin maskierten sich die beiden Freunde und traten in den großen Saal ein, wo eine kleine Musik-Kapelle, bestehend aus Klavier und Streichern, munter spielte und bereits reges Getümmel herrschte. Am Eingang stand das Ehepaar Böhler, unmaskiert mit schneeweißer Perücke, festlich in Rokoko Kostüme gekleidet und begrüßte seine Gäste. “Na, ihr beiden” lachte Erwin Böhler. “Ihr werdet mir ja noch das Haus unsicher machen.“ “Nein, keine Sorge, wir sind ja nur Schafe in Wolfskleidung” entgegnete Georg schlagfertig. Gleich darauf trennten sich die beiden Freunde. Georg, ohne lange zu zögern, forderte ein molliges verschleiertes Mädchen in Haremshosen zum Tanz auf. “Wie für einander geschaffen” sagte er munter, worauf sie ein flüchtiges Lächeln erwiderte.
Hans hingegen nahm sich vorerst etwas Zeit und schlenderte umher, bevor er sich auch unter die Tänzer mischte. So kam er in den angrenzenden, ebenfalls hell beleuchteten Salon, wo die Möbel belassen worden waren. Da hingen eine reizvolle neapolitanische Tänzerin, gemalt von Anton Romako sowie zwei Landschaftsbilder von Carl Moll an den Wänden. Bevölkert war der Raum mit einigen eifrigen Tänzern, die eine kleine Verschnaufpause suchten. Der folgende Raum, noch im Halbdunkel gehalten, war das Speisezimmer, wo ein schönes reichhaltiges Buffet bereitstand. “An Appetit fehlt es mir nicht, aber ich werde mich doch zuerst auf das Tanzparkett begeben und etwas Bewegung machen“ dachte er bei sich. Zurück im Ballsaal schaute er sich so unauffällig wie möglich nach Trautl Böhler um, aber aufgrund der Masken konnte er sie nicht ausfindig machen. Also meinte er bei sich “Wahl aufs Geratewohl”, ging auf ein schwarzhaariges Mädchen im Neapolitaner Kostüm zu und forderte sie mit folgenden Worten zum Tanz auf: “Ich habe gerade Ihr Bildnis im Wohnzimmer bewundert doch das Original ist viel besser. Bitten Sie mich aber nicht mit Ihnen eine Tarantella zu tanzen.” Das Mädchen lachte hellauf: “Werd’ ich nicht tun, Sie schamloser Pirat. Ich begnüge mich mit einem Wiener Walzer oder mit diesem Quickstepp, der jetzt gerade spielt.” Die Kapelle spielte flott und Hans tanzte mit einer Unterbrechung am guten Buffet unentwegt weiter. Kurz vor Mitternacht war Damenwahl und es herrschte ein regelrechtes G´riss um unseren Seeräuber.
Hans, als Witwer und auf seine alten Tage, stellte eine Familienchronik zusammen. Dabei nimmt der Abend bei Böhlers einen ganz besonderen Platz ein. Ich, seine Tochter, möchte die weiteren Ereignisse mit seinen eigenen Worten wiedergeben: “…An den Böhler Hausball erinnere ich mich immer gerne. Es waren drei schöne Räume im ersten Stockwerk des alten Dumbapalais, die von dem bekannten Architekten, Josef Hoffmann, in der Art der Wiener Werkstätte offen und luftig eingerichtet waren. Im großen Speisezimmer hingen drei eindrucksvolle Bilder von Klimt, darunter ein Obstgarten, eine Seenlandschaft und noch ein anderer Moderner, an den Wänden. Im Speisesaal gab es ein freistehendes, niedriges Buffet. Die Mädchen waren maskiert. Nachher, um Mitternacht, wurde Demaskierung angeordnet. Dabei bemerkte ich, dass eine hübsche, als Pierrot verkleidete junge Dame, den spitzen, hohen Pierrot Hut abnahm und dabei das schönste blonde Haar erblicken ließ. Für schönes Blondhaar habe ich damals schon geschwärmt und so goldfarbig gleichmäßiges hatte ich es noch nie gesehen. Sofort kam ein Gespräch zustande und viel später bekam ich zu hören, ich hätte eineinhalb Stunden nur von meinen Motorraderlebnissen erzählt. Meine Begeisterung war aber auf Resonanz gestoßen, denn schließlich sagte mir die schöne blonde Dame: ‘Heuer kann ich Sie nicht einladen, denn meine Mutter hat vor kurzem ein Kind bekommen aber nächstes Jahr müssen Sie zu uns kommen. Geben Sie mir doch eine Karte, lieber motorradfahrender Seeräuber.”…
Hans Bertele von Grenadenberg
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Memoiren von Hans Bertele von Grenadenberg