GUSTAV PIFFL SCHREIBT IN SEINEN LEBENSERINNERUNGEN
„Ich war eben im Begriffe in Döbling, im Alter von sechs Jahren, die „Taferlklasse“ als „A-B-C-Schütze“ zu vollenden, als ich eines Tages zeitlich früh geweckt wurde mit der Freudenbotschaft mir sei die Teilnahme an der Goldenen Hochzeit der Urgroßeltern gestattet worden! Sei es, dass mich meine Eltern erst im letzten Moment überraschen wollten, sei es, dass mein Beisein erst in letzter Stunde erlaubt wurde, jedenfalls war meine Freude überwältigend, und selten in meinem Leben flog ich so rasch aus dem Bette, um mich unter meiner Erzieherin Anna Ansprengers Assistenz reisefertig zu machen. Etwa um acht Uhr dampfte der Eilzug vom Südbahnhofe ab, ich genoss die Fahrt, besonders über den Semmering, noch mehr, als gewöhnlich. Zahlreiche andere Festgäste benützten denselben Zug. Zur Feier der Goldenen Hochzeit war nach langem Hin- und Herberaten das Harter Schloss ausersehen worden. Die Wohnung am Franziskanerplatz hätte trotz ihrer Größe kaum gereicht, die zu erwartende große Zahl der Gratulanten aufzunehmen. Für die Urgroßeltern wäre es aber auch zu anstrengend gewesen, außer den Glückwünschen der großen Familie, auch jene aller Freunde und offiziellen Stellen, wie der Stadt Wien, dann jene von Angestellten und Arbeitern, Vereinen usw. entgegenzunehmen. Es musste also die Flucht ergriffen werden. Man dachte sogar daran ein großes Hotel in Nordtirol zu diesem Zwecke zu mieten, als schließlich durch die Wahl des Harter Schlosses eine ideale Lösung gefunden wurde. Freilich konnte selbst auf diesem Landsitze nicht die ganze Familie vereint werden. Außer dem dort ansässigen Stamme Reininghaus durften nur die Kinder und Schwiegerkinder des Jubelpaares, aber nicht einmal die Enkel teilnehmen; die Urenkel sollte aber ich allein vertreten. Für die Urgroßeltern wurde das sogenannte „Blaue Zimmer“ in der Harter Schlössler Villa hergerichtet.
Der 27. Juni 1881 bricht an, ein herrlich blauer Himmel lacht auf die Festgäste herab. Das Schloss selbst, vor allem aber die Kapelle sind mit blumendurchwirkten Reisiggirlanden reich geschmückt, Fahnen wehen, es herrscht ein reges Treiben, wie in einem Ameisenhaufen. Allmählich nehmen alle Festteilnehmer im Hof Aufstellung. Nun tritt das Jubelpaar heraus, Glückwünsche und Zurufe prasseln nieder und durch ein doppelseitiges Spalier schreitet es der Kapelle zu. Um auch nur den allernächsten Verwandten Platz bieten zu können, sind aus der Kapelle die hölzernen Bänke entfernt und nur durch wenige Sessel ersetzt worden. Vor der Kapelle aber, zur großen Linde hinüber, ist ein Leinwanddach gespannt, um den übrigen Teilnehmern für den Fall einer Wettertücke Unterstand zu geben.
Die festliche Handlung beginnt: Kanonikus Domherr Worm segnet das Jubelpaar ein, wohl niemand der Anwesenden kann sich dem tiefen Eindruck entziehen, wie die alten Leute nach fünfzig Jahren ihr Ja-Wort erneuern. Ich selbst durfte unmittelbar hinter Urgroßpapa stehen, fiel mir doch die ehrenvolle Aufgabe zu, assistiert von Frieda von Reininghaus, den Jubilanten die goldenen Eheringe – golden in des Wortes doppelter Bedeutung – zu reichen. Nach Beendigung der kirchlichen Feier erfolgt eine große Gruppenaufnahme vor den rosenumsponnenen Säulen des Südbalkons. Wie die Kapelle, würde auch das Speisezimmer nicht genügen, um allen Raum zu bieten; daher sind im Freien mehrere langgestreckte Tafeln, im Hofe zwischen der Speisezimmermauer und der große Esche, aufgeschlagen und reichlich geschmückt. Ein hier gespanntes Leinwanddach schützt nun vor den mittägigen Strahlen der Sonne. Das Diner beginnt. Die Kinder des Jubelpaares stellen sich mit Sprüchen ein, die Festreden schließen sich an und die Stimmung wird auf die höchste Stufe gehoben. Nach Tisch eine Ruhepause. Inzwischen hat ein Onkel eine Zigeunerkapelle gebracht und bei deren Klange entwickelt sich alsbald ein improvisierter Reigen der jüngeren Leute vor dem Speisezimmer. Die Jubilanten sehen vergnügt zu. Plötzlich erhebt sich Urgroßvater, fordert Urgroßmutter zum Tanze auf und unter stürmischem Jubel absolvieren sie eine Runde. Die Feier dauerte bis in die Abendstunden hinein. Dieser 27. Juni 1881 bildet die schönste Erinnerung meiner Jugend. Alle Teilnehmer wurden von den Urgroßeltern mit wertvollen Erinnerungen bedacht. Jeder erhielt ein Kristallkrügel, die silbernen Deckel zeigen das Relief des Jubelpaares, am Glas selbst sind Eingravierungen, für jeden eine Widmung. Mein Krügel trägt die Aufschrift: „Meinem lieben Urenkel Gusterle Pifferle als Darreicher der Eheringe.“ Allen erwachsenen Festgästen wurden aber Erinnerungsmedaillen als Uhranhänger zu tragen und außerdem wertvolle goldene Glashüttenuhren zu Teil.“
FESTSCHRIFT ZU EHREN DES 50ig JÄHRIGEN BRAUTPAAR-JUBILÄUMS
Wiener Salonblatt vom 19. Juni 1881
„Nichts Schön´res gibt´s auf Erden als lieben und geliebt zu werden.“
Davon weiß ein Brautpaar etwas zu sagen, welches nächstens zum dritten Male einander angetraut wird; davon wissen Herr Adolf Ignaz und Frau Julie Marcelline Mautner von Markhof etwas zu sagen, die am 27. Juni d. J. ihr goldenes Hochzeitsfest begehen werden. Mit dem Strom von echtester, aufrichtigster, innigster Liebe, wie er die Lebensbahn dieses goldenen Brautpaars durchflutet, könnten leichtlich etliche hundert eingetrocknete Menschenherzen zu frischem Liebestrieb gebracht werden. Ist es schon an und für sich ein seltenes und erhebendes Schauspiel, ein Menschenpaar vor sich zu haben, das ein halbes Jahrhundert hindurch in innigster Herzensgemeinschaft gelebt, Freud und Leid mit einander getragen, so wirkt ein solches Schauspiel umso erhebender, wenn es zugleich ein so reiches und schönes Bild bedeutenden Wirkens bietet, wie es uns im Rahmen des halben Jahrhunderts entgegentritt, welches das Ehepaar Mautner miteinander verlebt – dieses Ehepaar, das sich nicht damit begnügt hat, fünfzig Jahre glücklich mit einander zu leben und einander von ganzem Herzen zu lieben, sondern dieses halbe Jahrhundert hindurch bestrebt war, nach allen Seiten Liebe zu spenden und Liebe zu erwerben. Fünfzig Jahre hindurch die Pflichten gegen sich selbst und gegen die Menschheit in vollstem Ausmaß erfüllt und des schönsten Lohnes für diese Pflichterfüllung teilhaftig geworden zu sein – mit solchem Bewusstsein das goldene Hochzeitsfest zu begehen, ist ein Los, wie es nur wenigen Sterblichen beschieden ist. Tiefe und heilige Rührung muss jedem beim Anblick eines so schön harmonischen Doppel-Lebenslaufes überkommen, wie ihn das fünfzigjährige Ehebündnis Adolf Ignaz` mit Marcelline Mautner von Markhof bietet – dieses Muster-Menschenpaares, welches umgeben von einer herrlichen Schaar von Kindern, Enkeln und Urenkeln, in vollster Gesundheit des Leibes und Geistes, an den Altar tritt, um zum dritten Male mit einander verbunden zu werden! Wenn irgend einer, so hat es unser goldener Bräutigam verdient, dass die ungetrübte Fülle des Glückes und der Liebe seinen Lebensabend verschöne; er hat es verdient durch seine, die schönste Verbindung von segenbringender Arbeit und nimmermüder Humanität darstellende Lebenswirksamkeit. Dass dieser jetzt nahezu achtzigjährige Mann – Adolf Ignaz Mautner ist im Jahre 1801 in Smiřice in Böhmen geboren – in seiner langen Lebenszeit Bedeutendes geleistet und Gutes getan, lässt sich nicht in wenigen Zeilen zusammenfassen.
Die Bedeutung Mautner´s auf industriellem Gebiet ist übrigens so bekannt und anerkannt, dass wir uns in dieser Beziehung getrost ganz kurz fassen können. Wer wüsste es nicht, dass es Adolf Ignaz Mautner ist, welchem die österreichische Bierbrauerei ihren Aufschwung zu einer Groß-Industrie, das Wiener Bier seinen Weltruf zu danken hat. Als Mautner im Jahre 1840 die alte St. Marxer Bierbrauerei wieder in Betrieb setzte, sah es um die Wiener Brauerei-Industrie recht schlecht aus und das Wiener Bier war nichts weniger berühmt. Mautner brachte durch seine geradezu epochemachenden Erfindungen und Einführungen – die „Lagerung auf Eis“, das „Abzugsbier“, die „Bierwürze-Eiskühl-Apparate“ und die „Eisschwimmer“ – diesen darniederliegenden Industriezweig auf die hohe Stufe, welchen derselbe heute einnimmt. Der kurze Abriss genügt zur Charakterisierung der industriellen Bedeutung Mautners.
Eine nicht weniger hohe und ehrenvolle Stellung nimmt er aber auf dem Gebiet der Humanität, der Wohltätigkeit im großen Stile ein. Dass Adolf Ignaz Mauren von Markhof eines der besten und edelsten Menschenherzen in der Brust birgt, die je geschlagen, dass wissen alle, die ihn kennen; das aber muss hervorgehoben werden, wie klug, wie weise Mautner seine Humanität, seinen Wohltätigkeitssinn zu betätigen versteht. In erster Linie ist da ins Auge zu fallen, was Mautner für seine Arbeiter getan, wie er es verstanden hat, die vielbesprochene soziale Frage im Umfelde seines Wirkens auf´s Schönste und Gründlichste zu lösen. Die Gründung eines eigenen Arbeiter-Asyls, eines Invalidenbaues, die Gewährung gewisser Percente am Gewinnst, die Errichtung einer obligatorischen Lebensversicherung für seine Arbeiter, die Gewährung eines vollen Gehalts bei dreimonatiger Krankheit – das waren die Etappen auf dem Wege, welchen der weise Humanitätssinn Mautners zur Regelung der Arbeiterfrage einschlug. Wie trefflich ihm sein schönes Werk gelungen, beweist die musterhafte Organisation, welche derzeit in der Arbeiterschaft des großen, industriellen Etablissements zu St. Marx besteht, beweist der schöne Name, der Mautner gegeben wurde – „der Vater seiner Arbeiter“ wurde er genannt; mit Fug und Recht, denn er hatte an ihnen gehandelt, wie kein Vater sorgsamer und besser für seine Kinder sorgen könnte.
Und wie seinen Arbeitern gegenüber, so hat Mautner stets und überall die schönste Humanität bestätigt – das Kinderspital auf der Landstraße, welches er aus Eigenem gegründet, wird in späterer Zukunft ein glänzendes Zeugnis des großangelegten Wohltätigkeitssinnes Mautners abgeben. Das Kronprinz Rudolf-Kinderspital, im Jahre 1875 von der Nächstenliebe des in alle Kreisen unserer Stadt und weit über ihre Grenzen hinaus hochgeachteten Ehepaares durch die wahrhaft munificenten Spenden von 250.000 Gulden in Barem und der Grundarea von ca. 400 Quadratklaster, in´s Leben gerufen, ist zuvorderst bestimmt, den kranken Kindern armer Leute aus dem Stande der Arbeiterbevölkerung und des Kleingewerbes Aufnahme und sorgfältige Pflege und Behandlung durch Ärzte und Wartepersonal zu beschaffen. Nicht genug, dass das Ehepaar Mautner Bausumme, Baugrund und Einrichtung spendete, sie unterhielten fortan an auch den ganzen Bedarf an Wäsche für das Kronprinz Rudolf-Kinderspital, und dem edlen hochherzigen Beispiel der Eltern in rühmenswerter Nacheiferung folgend, haben die Kinder der Familie Mautner eine Widmung von 60.000 Gulden in Papierrente hinzugefügt, aus der 10 Betten für immerwährende Zeiten gestiftet wurden. Die Anzahl der Betten wurde übrigens, dies sei hier nebenbei bemerkt, auch durch sogenannte Zahlbetten vermehrt, da begreiflicherweise ob der renommierten, trefflichen ärztlichen Behandlung auch vermögende Eltern danach strebten, schwer kranke Kinder in dem Kronprinz Rudolf-Kinderspital unterzubringen. Das Erträgnis dieser Zahlbetten kommt natürlich der Stiftung selbst zu Gute und hilft den Fond immer mehr vermehren.
Mit der Stiftung des Kronprinz Rudolf-Kinderspitales hat Herr Adolf Ignaz Mautner von Markhof, der in seiner Vaterstadt Smiřice ein Armenhaus gegründet, der dort und in Wien so vielfach die Tutel über arme verwaiste Kinder übernahm, der im Verein mit seiner trefflichen Gemahlin und seiner ganzen Familie so unzählige Wohltaten schon auf die Häupter armer Schulkinder gehäuft, der insbesondere in den Kriegsjahren den verwundeten tapferen Kriegern der k.u.k. Armee gegenüber sich als Patriot und Vater erwiesen, dessen Name überhaupt bei allen humanitären und günstigen Unternehmungen an der Spitze der Contribuenten und stets mit wahrhaften Summen zu lesen ist, mit der Stiftung des Kronprinz Rudolf-Kinderspinales hat Herr von Mautner sich einen seiner schönsten Verdienste um die Residenz, um Österreich erworben, er hat den kranken Kindern armer Leute ein Asyl vor dem Siechtum eröffnet, er hat dadurch auf Generationen hin eine rettende Tat geübt. Der Kronprinz selbst krönte den Gedanken – sein Name ist des Hauses schönste Zier.
Was die Mautnersche Familie für arme Kinder sonst noch tut, die alljährliche Verteilung von Kleidungsstücken und Nahrungsmittel en masse, die Liebesgaben, welche nach hundert Seiten hin von diesen echten Wohltätern in diskretester Weise gespendet werden, die persönliche Mühewaltung, deren sich die edle, großherzige Frau Marcelline für die Kinder und für die Armen und Elenden unterzieht – all diese Tatsachen bilden ebensoviele goldene Seiten in dem wundersamen Lebensbuche unseres goldenen Brautpaares.
In Hülle und Fülle ist dem seltenen Manne, ist Herrn Adolf Ignaz Mautner von Markhof, die Anerkennung seines hochverdienstlichen und schönen Wirkens zu Teil geworden: Die goldene, doppelt große Salvator-Medaille, eine ganze Serie industrieller Auszeichnungen und Ausstellungspreise, das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens, die eiserne Krone, der Adelstand, alle erdenklichen bürgerlichen Ehrenstellen.
Doch all diese Zeichen äußerer Anerkennung wiegen die echte Liebe und Verehrung nicht auf, welche dem lieben guten Manne und seiner edlen Lebensgefährtin, dieser echten und aufrichtigen Wohltäterin der Armen, von allen Seiten entgegengebracht werden – sie wiegen das herrliche Bewusstsein nicht auf, mit welchem der Rückblick auf ein langes Leben schönster Pflichterfüllung die Herzen dieses goldenen Brautpaares erfüllen muss.
Ein ganz wundersames Fest wird es werden, dieses goldene Hochzeitsfest des Herrn Adolf Ignaz und der Frau Marcelline Mautner von Markhof; eine Schar von Söhnen und Töchtern und Enkeln und Urenkeln wird das seltene Brautpaar zum Altar geleiten – eine Schar, so zahlreich, dass es uns beim besten Walten unmöglich ist, mit chronistischer Genauigkeit die Ziffern anzugeben, welche diese blühende Nachkommenschaft des Jubelpaares repräsentiert.
Gedanken zu Georg Heinrich
/in Familienchronik /von Viktor Mautner MarkhofWas Georg Heinrich betrifft so wird er immer überall quasi als „erster Retter der Familienbetriebe“ angeführt, aber wenn man sich überlegt, was damals eigentlich so alles passiert sein muss, dann war er sichtlich auch ein Schlitzohr. Was meiner Ansicht nach nie ausgesprochen wird, aber durchaus so gewesen sein könnte: Adolf Ignaz verbietet Georg Heinrich Brauer zu werden, obwohl er dafür ausgebildet wird. Dann muss er die Mälzerei und eine Hefeproduktion mit Zustimmung seines Vaters führen, kaum stirbt der Vater 1889, verkauft er 1890 – also nur ein Jahr danach – die Mälzerei an seinen Bruder Carl Ferdinand und macht selbst 1892 – also wiederum nur wenig später – eine Brauerei auf. C. F. muss zur selben Zeit seine 9 Geschwister auszahlen, was Unsummen kostet, gleichzeitig macht ihm G. H. schon Konkurrenz auf dem Biermarkt, unter anderem mit dem Geld, das er aus dem Verkauf der Mälzerei und vielleicht auch aus dem Erbe erhalten hat. Kurz darauf (1896) erschießt sich C. F. und sein Sohn Victor muss das Unternehmen weiterführen, aber gleichzeitig und irgendwie im Schock seine 9 Schwestern ausbezahlen. Das kostet schon wieder Unsummen, wobei der Betrieb eigentlich ganz gut läuft – zumindest bis 1910. Als G. H. 1904 stirbt dürfte finanziell bei V. schon einiges im Argen gewesen sein und G. H.s Söhne machen weiter Konkurrenz. Am Ende muss wohl Victors Spielsucht, die Pferde und was da sonst noch alles viel Geld gekostet hat dem Ganzen ein Ende gemacht haben. Alles sehr spannend!
Georg I. Heinrich Mautner von Markhof
Verfasst von Viktor Mautner Markhof
Die Erfindungen des Adolf Ignaz Mautner
/in Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinAls Adolf Ignaz Mautner das St. Marxer Brauhaus in Pacht übernahm und nach mehrjährigem Stillstand wieder Instand setzte, war das Wiener Bier das qualitativ schlechteste in ganz Mitteleuropa und der Konsum desselben daher ein höchst geringfügiger. Dazu gesellte sich noch der Umstand, dass der außerordentlich billige österreichische Wein der Bierindustrie ebenfalls zusetzte.
Die Wiener Brauer erzeugten ein meist obergäriges Bier. Dies alleine nicht nur deshalb, weil dessen Herstellung viel einfacher war, als die des viel besser schmeckenden Untergärigen, sondern auch hauptsächlich deswegen, weil das obergärige Bier das ganze Jahr über erzeugt werden konnte. Unterhefebier hingegen konnte mit Sicherheit nur während der kalten Jahreszeit hergestellt werden. Sowohl das ober- als auch das untergärige Bier wurden damals direkt vom Brauer, so wie sie aus der Gärung kamen, das heißt, samt der Hefe, ohne sie früher ablagern zu lassen, den Wirten zugeführt. Da man außerdem von der Voraussetzung ausging, dass starke Kälteeinwirkung dem Bier Schaden zufügen müsse, so hütete man sich davor, im Brauhaus oder Wirtskeller, Eis einzulagern. Selbst wenn der Brauprozess noch so gelungen war, so bedeutete dies, dass die schlussendliche Qualität des zum Ausschank gelangenden Bieres, dann einzig und alleine von der zufälligen Temperatur des Wirtskellers abhing.
Das durch seine Erfindungen erzeugte kalte Bier sorgte – selbst in dem inmitten der Weinberge gelegenen Wien – für den unaufhaltsamen Aufstieg des Getränkes und somit der gesamten Brauindustrie. Durch diese durchgreifenden Verbesserungen wurde aus dem stagnierenden Brauereigewerbe eine Großindustrie ersten Ranges geschaffen und die Jahrzehnte ab 1840 werden deshalb als das goldene Braujahrhundert Wiens bezeichnet. Der Siegeszug des Bieres konnte nicht mehr gestoppt werden.
Abzugsbier
Adolf Ignaz wagte es, gleich nach der im Jahre 1840 erfolgten Eröffnung seiner Brauerei, mit der Tradition zu brechen und legte bereits im Winter 1841, als erster in Wien, einen bedeutenden Eisvorrat in seinen Brauhauskellern an. Unter der Einwirkung dieses Eises ließ er nun obergäriges Bier ablagern, welches er von den Gärbottichen in große Lagerfässer pumpen („abziehen“) ließ, in denen der Gärprozess beendet wurde. Somit blieb den Wirten das Nachgären in den Kellern erspart, ihnen konnte 1842 ein Bier geliefert werden, das Hefe frei, klar und eiskalt, also unmittelbar konsumfähig war.
Der Erfolg war deshalb so außerordentlich, da nun den Leuten – gerade in der warmen Jahreszeit, in der der Bedarf am höchsten ist – erstmals ein kühles, köstliches Bier geboten werden konnte. Nichts desto trotz war es Adolf Ignaz bewusst, dass der zukünftig gewünschte vermehrte Bierkonsum nur durch die Erzeugung des viel beliebteren untergärigen Bieres gewährleistet würde, und wenn dies zu allen Jahreszeiten konsumiert werden konnte. Es galt also die winterlichen Bedingungen während des ganzen Jahres über zu erhalten. So versorgte er sich mit bedeutenden Eismengen zum Zwecke
Eiskühlapparat für die Bierwürze
Nach vielen langandauernden Versuchen glückte ihm bereits im Jahr 1842 die Erfindung eines Eiskühlapparats, in welchem die Bierwürze in dünnen Röhrchen einen möglichst langen Weg durch entgegenströmendes Eiswasser zurücklegen musste, bis sie jenen niederen Wärmegrad erreicht hatte, der als Anfangstemperatur zur Gärung im Bottich erforderlich war. Dieses völlig neue Kühlsystem, das dem Bier eine gleichbleibende Lagertemperatur sicherte, ließ er sich als Normal-Bierlagerkeller System Mautner patentieren. Durch den dadurch verringerten Eisbedarf konnte er den ganzen Sommer hindurch mit dem Natureisvorrat auskommen, und die Wirte bereits ab 1843 mit untergärigem Bier beliefern.
Das Eis entnahm er zuerst dem heute noch nach ihm benannten Arm der Alten Donau, dem Mautner-Wasser im Wiener Prater, von dem aus er 1856 eine Nutzwasserleitung in die Brauerei baute. Außerdem sicherte er sich ein Wasserrecht am Wiener Neustädter Kanal, dessen Wasser eine sehr gute Qualität hatte, da es aus dem Quellgebiet der Leitha und der Schwarza nach Wien kam.
Wasserkühlapparat
Da die ausschließliche Benutzung des Eises sehr teuer war, konstruierte er 1843 nach seinen Plänen einen Wasserkühlapparat, der in die Hauptwasserleitung eingefügt wurde. So wurde es möglich die Bierwürze auch durch Brunnenwasser, je nach dessen Temperatur, bis auf 13°C abzukühlen, sodass der eigentliche Eiskühlapparat nur mehr weitere plus 6°C abkühlen musste. Da man dieses Wasser darüber hinaus auch zu Brauzwecken und zur Kesselspeisung einsetzen konnte, war die neue Kühlmethode nicht nur kostenfrei, sondern gegenüber der Eiskühlung auch noch gewinnbringend.
Eisschwimmer zur Temperaturregulierung während der Gärung
Trotz Sommertemperatur und der durch den Gärungsprozess eintretenden Erwärmung musste das Bier auf einer Temperatur von maximal 7°C gehalten werden. Dieses Problem löste Adolf Ignaz durch die Erfindung der zylinderhutförmigen, mit Schwimmschüsseln versehenen sogenannten Eisschwimmer. Die Tatsache, dass sich in Folge jede Brauerei der Erde derselben Form bediente, lässt auf Ihre Vollkommenheit schließen.
Lagerkeller
Um die Umstände der Sommerbrauerei rundum verbessern zu können, mussten in erster Linie auch die Lagerkeller optimiert werden. Während ihnen durch die eingebrachten Biervorräte permanent Wärme zugeführt wurde, war es doch erforderlich, eine stets gleichbleibende Temperatur zu behalten. Dies konnte nur durch Einlagerung von Eis erzielt werden. Das Problem das sich stellte war, dass die Eisgruben sich stets entweder tiefer als die Kellersohle, oder aber an den äußersten Enden in halber Höhe der Keller befanden. Dadurch wurde die Wirkung von fünf der sechs Flächen des kubischen Eiskörpers an die Erdwände verschwendet, während die warme Luft, die sich am Kellergewölbe sammelte, die höher gelegenen Bierlager-Fässer erwärmte. Bei dieser Anordnung konnte das Eis nie effizient genutzt werden. Diese Missstände beseitigte Adolf Ignaz, indem er im Jahre 1858 den ersten, nach einem ganz neuen System angelegten Lagerkeller erbaute, mit dem er auch die Kosten optimierte: Er sorgte für vollkommene Isolierung von der Erdwärme und positionierte Ventilationskanäle so, dass im Winter bereits deren bloßes Öffnen genügte, um die Keller- mit der Außentemperatur vollkommen auszugleichen. Auch brach er vollständig mit dem bisherigen System der Eisgruben und ersetzte sie durch sogenannte Eishäuser, mit Eis gefüllte Repositorien, die oberhalb der Kellergewölbe gelagert waren. Durch in den Kellergewölben angebrachte offene Spalten, traf die aus dem Keller aufsteigende warme Luft auf den Eisklotz und sank, dadurch abgekühlt und somit schwerer geworden, wieder zu Boden. Diese Konstruktion sparte auch einen Vorkellerraum und verbesserte die Anlage der Fässer-Magazine über dem Eis-Haus. Er konstruierte einen Lagerkeller, der durch richtig angebrachte Eismassen trotz permanenter Wärmezufuhr dennoch in seiner Temperatur stabil bleibt, den ersten Lagerkeller mit obenauf situiertem Eisraum. Wiener Salonblatt, 1873, Seite 404
Lagerung von Spiritus
Als Adolf Ignaz im Jahre 1853 einem Geschäftsfreund aus seiner alten Heimat sein Etablissement zeigte und ihn im Hof herumführte, bemerkte dieser die große Menge der mit Spiritus gefüllten aufgestapelten Fässer. Obwohl er den Wert der eingelagerten Waren bewunderte, konnte er die Bemerkung nicht unterdrücken, dass er selbst sich ständig davor fürchten würde, dass ein eventueller Brand das so große Vermögen vernichten könnte. Dieser Ausspruch ließ Adolf Ignaz nicht mehr zur Ruhe kommen bis er Abhilfe fand, indem er die ersten eisernen Reservoirs anfertigen ließ. Auch diese Erfindung erlangte für die gesamte Spiritusindustrie höchste Bedeutung, da sie nicht nur die Feuersicherheit gewährleistete, sondern auch den ungeheuren Schwindungen vorgebeugte, welchen der Spiritus durch längere Lagerung ausgesetzt war. Bis zu diesem Zeitpunkt war eine längere Aufbewahrung von Spiritus unmöglich und somit dieser Artikel für Spekulationen völlig ungeeignet gewesen. Danach fand man die eisernen Reservoirs in allen Docks und Lagerhäusern, man konnte in ihnen den zeitweiligen Überfluss an Ware ohne Verlust bis zum wiedereintretenden Bedarf aufbewahren sowie jede beliebige Qualität mittels Bahn ohne Verlust befördern.
Mais anstelle des Roggens für die Hefe- und Spiritusfabrikation
Bis zum Jahr 1850 war das Grundmaterial der Presshefeerzeugung neben Malz ausschließlich Roggen. Als Hauptnahrungsmittel des Volkes war diese Getreideart jedoch ungeheuren Preisschwankungen unterworfen, denen sich der Presshefepreis nicht immer nahtlos angleichen konnte, wenn die kaufmännische Absatzentwicklung nicht permanent darunter leiden sollte. Mit der Entdeckung, dass man Mais als Ersatz für Roggen bei Presshefe und Alkohol verarbeiten konnte, bewirkte er ebenso eine Einsparung des als Volksnahrung so notwendigen Getreides, wie auch eine Verbilligung und Preisstabilität der Presshefe. Mais wurde damals in Ungarn nur so viel angebaut, als dies für die Deckung des Hausbedarfes für notwendig erschien. Daher mussten anfangs, die zur Presshefefabrikation benötigten größeren Mengen aus der Walachei eingeführt werden. Dadurch, dass Adolf Ignaz an Stelle des Roggens für die Hefe- und Spiritusfabrikation Mais verwendete, setzte er den Impuls, dass nun auch größere, bish dahin brachliegende Flächen, mit Mais bebaut wurden, und so der ungarischen Landwirtschaft ein neuer Absatzmarkt erschlossen war.
Mautner Markhof Filterhefe-Verfahren / Vakuum-Verfahren Mautner
Nach Beendigung des Gärvorganges wurde aus der Maische die Hefe mittels großer Separatoren durch Zentrifugieren als Heferahm gewonnen und auf rotierenden Vakuumfiltern nach dem weltweit als ,,Mautner Markhof-Filterhefe-Verfahren“ bekanntgewordenen System entwässert. Hierbei wurde die Außenseite einer löchrigen Trommel mit einem Filz überspannt. Während die Trommel langsam gedreht wurde, floss die flüssige Hefe auf den Filz; durch die Drehung der Trommel und die Schwerkraft konnte das Wasser durch den Filz in die Innenseite der Trommel entweichen (der Filz saugte das Wasser mit der Hefe auf und das Wasser wurde durch die Schwerkraft in die Trommel gesogen). Die Hefe blieb auf der Außenseite des Filzes haften und wurde dann mittels einer Leiste auf der anderen Seite der Trommel abgeschabt. So konnte nach Adolf Ignaz´ Plänen die Hefe vom Wasser separiert und Halbtrockenhefe gewonnen werden, die danach in Stangen gepresst (wodurch noch mehr Wasser entweichen konnte) und als gepresste Hefe verpackt wurde.
Hommage an Adolf Ignaz im Salonblatt vom 3.8.1873
/in Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinEine Hommage im Stil der damaligen Zeit: Das Wiener Salonblatt widmete Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof in seiner Ausgabe vom 3.8.1873 mehrere Seiten.
Salonblatt 3.8.1873
Familienstammbaum / Genealogie
/in Familienchronik /von Viktor Mautner MarkhofIch habe mich vor einigen Jahren dazu entschlossen den Mitgliedern unserer Familie die Möglichkeit zu bieten, ihre weit verzweigte Verwandtschaft über einen systematisch aufbereiteten Familienstammbaum online zu erkunden. Zu den Familienmitgliedern zählen wir ausschließlich Nachfahren des Adolf Ignaz Mautner Markhof und deren Ehepartner, daher kann die Genealogie auch nur diesem eingeschränkten Personenkreis zugänglich gemacht werden.
Alle, die zu diesem Personenkreis zählen und sich dafür interessieren, können ihren Zugang zu vmm-family.com jederzeit bei Viktor Mautner Markhof unter vmm.family@yahoo.com beantragen.
Viktor
Verfasst von Viktor Mautner Markhof
Adolf Ignaz‘ und Julie Marcellines Goldene Hochzeit
/in Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinGUSTAV PIFFL SCHREIBT IN SEINEN LEBENSERINNERUNGEN
„Ich war eben im Begriffe in Döbling, im Alter von sechs Jahren, die „Taferlklasse“ als „A-B-C-Schütze“ zu vollenden, als ich eines Tages zeitlich früh geweckt wurde mit der Freudenbotschaft mir sei die Teilnahme an der Goldenen Hochzeit der Urgroßeltern gestattet worden! Sei es, dass mich meine Eltern erst im letzten Moment überraschen wollten, sei es, dass mein Beisein erst in letzter Stunde erlaubt wurde, jedenfalls war meine Freude überwältigend, und selten in meinem Leben flog ich so rasch aus dem Bette, um mich unter meiner Erzieherin Anna Ansprengers Assistenz reisefertig zu machen. Etwa um acht Uhr dampfte der Eilzug vom Südbahnhofe ab, ich genoss die Fahrt, besonders über den Semmering, noch mehr, als gewöhnlich. Zahlreiche andere Festgäste benützten denselben Zug. Zur Feier der Goldenen Hochzeit war nach langem Hin- und Herberaten das Harter Schloss ausersehen worden. Die Wohnung am Franziskanerplatz hätte trotz ihrer Größe kaum gereicht, die zu erwartende große Zahl der Gratulanten aufzunehmen. Für die Urgroßeltern wäre es aber auch zu anstrengend gewesen, außer den Glückwünschen der großen Familie, auch jene aller Freunde und offiziellen Stellen, wie der Stadt Wien, dann jene von Angestellten und Arbeitern, Vereinen usw. entgegenzunehmen. Es musste also die Flucht ergriffen werden. Man dachte sogar daran ein großes Hotel in Nordtirol zu diesem Zwecke zu mieten, als schließlich durch die Wahl des Harter Schlosses eine ideale Lösung gefunden wurde. Freilich konnte selbst auf diesem Landsitze nicht die ganze Familie vereint werden. Außer dem dort ansässigen Stamme Reininghaus durften nur die Kinder und Schwiegerkinder des Jubelpaares, aber nicht einmal die Enkel teilnehmen; die Urenkel sollte aber ich allein vertreten. Für die Urgroßeltern wurde das sogenannte „Blaue Zimmer“ in der Harter Schlössler Villa hergerichtet.
Der 27. Juni 1881 bricht an, ein herrlich blauer Himmel lacht auf die Festgäste herab. Das Schloss selbst, vor allem aber die Kapelle sind mit blumendurchwirkten Reisiggirlanden reich geschmückt, Fahnen wehen, es herrscht ein reges Treiben, wie in einem Ameisenhaufen. Allmählich nehmen alle Festteilnehmer im Hof Aufstellung. Nun tritt das Jubelpaar heraus, Glückwünsche und Zurufe prasseln nieder und durch ein doppelseitiges Spalier schreitet es der Kapelle zu. Um auch nur den allernächsten Verwandten Platz bieten zu können, sind aus der Kapelle die hölzernen Bänke entfernt und nur durch wenige Sessel ersetzt worden. Vor der Kapelle aber, zur großen Linde hinüber, ist ein Leinwanddach gespannt, um den übrigen Teilnehmern für den Fall einer Wettertücke Unterstand zu geben.
Die festliche Handlung beginnt: Kanonikus Domherr Worm segnet das Jubelpaar ein, wohl niemand der Anwesenden kann sich dem tiefen Eindruck entziehen, wie die alten Leute nach fünfzig Jahren ihr Ja-Wort erneuern. Ich selbst durfte unmittelbar hinter Urgroßpapa stehen, fiel mir doch die ehrenvolle Aufgabe zu, assistiert von Frieda von Reininghaus, den Jubilanten die goldenen Eheringe – golden in des Wortes doppelter Bedeutung – zu reichen. Nach Beendigung der kirchlichen Feier erfolgt eine große Gruppenaufnahme vor den rosenumsponnenen Säulen des Südbalkons. Wie die Kapelle, würde auch das Speisezimmer nicht genügen, um allen Raum zu bieten; daher sind im Freien mehrere langgestreckte Tafeln, im Hofe zwischen der Speisezimmermauer und der große Esche, aufgeschlagen und reichlich geschmückt. Ein hier gespanntes Leinwanddach schützt nun vor den mittägigen Strahlen der Sonne. Das Diner beginnt. Die Kinder des Jubelpaares stellen sich mit Sprüchen ein, die Festreden schließen sich an und die Stimmung wird auf die höchste Stufe gehoben. Nach Tisch eine Ruhepause. Inzwischen hat ein Onkel eine Zigeunerkapelle gebracht und bei deren Klange entwickelt sich alsbald ein improvisierter Reigen der jüngeren Leute vor dem Speisezimmer. Die Jubilanten sehen vergnügt zu. Plötzlich erhebt sich Urgroßvater, fordert Urgroßmutter zum Tanze auf und unter stürmischem Jubel absolvieren sie eine Runde. Die Feier dauerte bis in die Abendstunden hinein. Dieser 27. Juni 1881 bildet die schönste Erinnerung meiner Jugend. Alle Teilnehmer wurden von den Urgroßeltern mit wertvollen Erinnerungen bedacht. Jeder erhielt ein Kristallkrügel, die silbernen Deckel zeigen das Relief des Jubelpaares, am Glas selbst sind Eingravierungen, für jeden eine Widmung. Mein Krügel trägt die Aufschrift: „Meinem lieben Urenkel Gusterle Pifferle als Darreicher der Eheringe.“ Allen erwachsenen Festgästen wurden aber Erinnerungsmedaillen als Uhranhänger zu tragen und außerdem wertvolle goldene Glashüttenuhren zu Teil.“
Julie Marcelline und Adolf Ignaz Mautner von Markhof anlässlich ihrer Goldenen Hochzeit am 27. Juni 1881
Kunstvoller Tischaufsatz mit den Bildern der Kinder und Enkelkinder von Adolf Ignaz und Julie Marcelline. Ein Geschenk der Familie anlässlich ihrer Goldenen Hochzeit 1881
FESTSCHRIFT ZU EHREN DES 50ig JÄHRIGEN BRAUTPAAR-JUBILÄUMS
Wiener Salonblatt vom 19. Juni 1881
„Nichts Schön´res gibt´s auf Erden als lieben und geliebt zu werden.“
Davon weiß ein Brautpaar etwas zu sagen, welches nächstens zum dritten Male einander angetraut wird; davon wissen Herr Adolf Ignaz und Frau Julie Marcelline Mautner von Markhof etwas zu sagen, die am 27. Juni d. J. ihr goldenes Hochzeitsfest begehen werden. Mit dem Strom von echtester, aufrichtigster, innigster Liebe, wie er die Lebensbahn dieses goldenen Brautpaars durchflutet, könnten leichtlich etliche hundert eingetrocknete Menschenherzen zu frischem Liebestrieb gebracht werden. Ist es schon an und für sich ein seltenes und erhebendes Schauspiel, ein Menschenpaar vor sich zu haben, das ein halbes Jahrhundert hindurch in innigster Herzensgemeinschaft gelebt, Freud und Leid mit einander getragen, so wirkt ein solches Schauspiel umso erhebender, wenn es zugleich ein so reiches und schönes Bild bedeutenden Wirkens bietet, wie es uns im Rahmen des halben Jahrhunderts entgegentritt, welches das Ehepaar Mautner miteinander verlebt – dieses Ehepaar, das sich nicht damit begnügt hat, fünfzig Jahre glücklich mit einander zu leben und einander von ganzem Herzen zu lieben, sondern dieses halbe Jahrhundert hindurch bestrebt war, nach allen Seiten Liebe zu spenden und Liebe zu erwerben. Fünfzig Jahre hindurch die Pflichten gegen sich selbst und gegen die Menschheit in vollstem Ausmaß erfüllt und des schönsten Lohnes für diese Pflichterfüllung teilhaftig geworden zu sein – mit solchem Bewusstsein das goldene Hochzeitsfest zu begehen, ist ein Los, wie es nur wenigen Sterblichen beschieden ist. Tiefe und heilige Rührung muss jedem beim Anblick eines so schön harmonischen Doppel-Lebenslaufes überkommen, wie ihn das fünfzigjährige Ehebündnis Adolf Ignaz` mit Marcelline Mautner von Markhof bietet – dieses Muster-Menschenpaares, welches umgeben von einer herrlichen Schaar von Kindern, Enkeln und Urenkeln, in vollster Gesundheit des Leibes und Geistes, an den Altar tritt, um zum dritten Male mit einander verbunden zu werden! Wenn irgend einer, so hat es unser goldener Bräutigam verdient, dass die ungetrübte Fülle des Glückes und der Liebe seinen Lebensabend verschöne; er hat es verdient durch seine, die schönste Verbindung von segenbringender Arbeit und nimmermüder Humanität darstellende Lebenswirksamkeit. Dass dieser jetzt nahezu achtzigjährige Mann – Adolf Ignaz Mautner ist im Jahre 1801 in Smiřice in Böhmen geboren – in seiner langen Lebenszeit Bedeutendes geleistet und Gutes getan, lässt sich nicht in wenigen Zeilen zusammenfassen.
Die Bedeutung Mautner´s auf industriellem Gebiet ist übrigens so bekannt und anerkannt, dass wir uns in dieser Beziehung getrost ganz kurz fassen können. Wer wüsste es nicht, dass es Adolf Ignaz Mautner ist, welchem die österreichische Bierbrauerei ihren Aufschwung zu einer Groß-Industrie, das Wiener Bier seinen Weltruf zu danken hat. Als Mautner im Jahre 1840 die alte St. Marxer Bierbrauerei wieder in Betrieb setzte, sah es um die Wiener Brauerei-Industrie recht schlecht aus und das Wiener Bier war nichts weniger berühmt. Mautner brachte durch seine geradezu epochemachenden Erfindungen und Einführungen – die „Lagerung auf Eis“, das „Abzugsbier“, die „Bierwürze-Eiskühl-Apparate“ und die „Eisschwimmer“ – diesen darniederliegenden Industriezweig auf die hohe Stufe, welchen derselbe heute einnimmt. Der kurze Abriss genügt zur Charakterisierung der industriellen Bedeutung Mautners.
Eine nicht weniger hohe und ehrenvolle Stellung nimmt er aber auf dem Gebiet der Humanität, der Wohltätigkeit im großen Stile ein. Dass Adolf Ignaz Mauren von Markhof eines der besten und edelsten Menschenherzen in der Brust birgt, die je geschlagen, dass wissen alle, die ihn kennen; das aber muss hervorgehoben werden, wie klug, wie weise Mautner seine Humanität, seinen Wohltätigkeitssinn zu betätigen versteht. In erster Linie ist da ins Auge zu fallen, was Mautner für seine Arbeiter getan, wie er es verstanden hat, die vielbesprochene soziale Frage im Umfelde seines Wirkens auf´s Schönste und Gründlichste zu lösen. Die Gründung eines eigenen Arbeiter-Asyls, eines Invalidenbaues, die Gewährung gewisser Percente am Gewinnst, die Errichtung einer obligatorischen Lebensversicherung für seine Arbeiter, die Gewährung eines vollen Gehalts bei dreimonatiger Krankheit – das waren die Etappen auf dem Wege, welchen der weise Humanitätssinn Mautners zur Regelung der Arbeiterfrage einschlug. Wie trefflich ihm sein schönes Werk gelungen, beweist die musterhafte Organisation, welche derzeit in der Arbeiterschaft des großen, industriellen Etablissements zu St. Marx besteht, beweist der schöne Name, der Mautner gegeben wurde – „der Vater seiner Arbeiter“ wurde er genannt; mit Fug und Recht, denn er hatte an ihnen gehandelt, wie kein Vater sorgsamer und besser für seine Kinder sorgen könnte.
Und wie seinen Arbeitern gegenüber, so hat Mautner stets und überall die schönste Humanität bestätigt – das Kinderspital auf der Landstraße, welches er aus Eigenem gegründet, wird in späterer Zukunft ein glänzendes Zeugnis des großangelegten Wohltätigkeitssinnes Mautners abgeben. Das Kronprinz Rudolf-Kinderspital, im Jahre 1875 von der Nächstenliebe des in alle Kreisen unserer Stadt und weit über ihre Grenzen hinaus hochgeachteten Ehepaares durch die wahrhaft munificenten Spenden von 250.000 Gulden in Barem und der Grundarea von ca. 400 Quadratklaster, in´s Leben gerufen, ist zuvorderst bestimmt, den kranken Kindern armer Leute aus dem Stande der Arbeiterbevölkerung und des Kleingewerbes Aufnahme und sorgfältige Pflege und Behandlung durch Ärzte und Wartepersonal zu beschaffen. Nicht genug, dass das Ehepaar Mautner Bausumme, Baugrund und Einrichtung spendete, sie unterhielten fortan an auch den ganzen Bedarf an Wäsche für das Kronprinz Rudolf-Kinderspital, und dem edlen hochherzigen Beispiel der Eltern in rühmenswerter Nacheiferung folgend, haben die Kinder der Familie Mautner eine Widmung von 60.000 Gulden in Papierrente hinzugefügt, aus der 10 Betten für immerwährende Zeiten gestiftet wurden. Die Anzahl der Betten wurde übrigens, dies sei hier nebenbei bemerkt, auch durch sogenannte Zahlbetten vermehrt, da begreiflicherweise ob der renommierten, trefflichen ärztlichen Behandlung auch vermögende Eltern danach strebten, schwer kranke Kinder in dem Kronprinz Rudolf-Kinderspital unterzubringen. Das Erträgnis dieser Zahlbetten kommt natürlich der Stiftung selbst zu Gute und hilft den Fond immer mehr vermehren.
Mit der Stiftung des Kronprinz Rudolf-Kinderspitales hat Herr Adolf Ignaz Mautner von Markhof, der in seiner Vaterstadt Smiřice ein Armenhaus gegründet, der dort und in Wien so vielfach die Tutel über arme verwaiste Kinder übernahm, der im Verein mit seiner trefflichen Gemahlin und seiner ganzen Familie so unzählige Wohltaten schon auf die Häupter armer Schulkinder gehäuft, der insbesondere in den Kriegsjahren den verwundeten tapferen Kriegern der k.u.k. Armee gegenüber sich als Patriot und Vater erwiesen, dessen Name überhaupt bei allen humanitären und günstigen Unternehmungen an der Spitze der Contribuenten und stets mit wahrhaften Summen zu lesen ist, mit der Stiftung des Kronprinz Rudolf-Kinderspinales hat Herr von Mautner sich einen seiner schönsten Verdienste um die Residenz, um Österreich erworben, er hat den kranken Kindern armer Leute ein Asyl vor dem Siechtum eröffnet, er hat dadurch auf Generationen hin eine rettende Tat geübt. Der Kronprinz selbst krönte den Gedanken – sein Name ist des Hauses schönste Zier.
Was die Mautnersche Familie für arme Kinder sonst noch tut, die alljährliche Verteilung von Kleidungsstücken und Nahrungsmittel en masse, die Liebesgaben, welche nach hundert Seiten hin von diesen echten Wohltätern in diskretester Weise gespendet werden, die persönliche Mühewaltung, deren sich die edle, großherzige Frau Marcelline für die Kinder und für die Armen und Elenden unterzieht – all diese Tatsachen bilden ebensoviele goldene Seiten in dem wundersamen Lebensbuche unseres goldenen Brautpaares.
In Hülle und Fülle ist dem seltenen Manne, ist Herrn Adolf Ignaz Mautner von Markhof, die Anerkennung seines hochverdienstlichen und schönen Wirkens zu Teil geworden: Die goldene, doppelt große Salvator-Medaille, eine ganze Serie industrieller Auszeichnungen und Ausstellungspreise, das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens, die eiserne Krone, der Adelstand, alle erdenklichen bürgerlichen Ehrenstellen.
Doch all diese Zeichen äußerer Anerkennung wiegen die echte Liebe und Verehrung nicht auf, welche dem lieben guten Manne und seiner edlen Lebensgefährtin, dieser echten und aufrichtigen Wohltäterin der Armen, von allen Seiten entgegengebracht werden – sie wiegen das herrliche Bewusstsein nicht auf, mit welchem der Rückblick auf ein langes Leben schönster Pflichterfüllung die Herzen dieses goldenen Brautpaares erfüllen muss.
Ein ganz wundersames Fest wird es werden, dieses goldene Hochzeitsfest des Herrn Adolf Ignaz und der Frau Marcelline Mautner von Markhof; eine Schar von Söhnen und Töchtern und Enkeln und Urenkeln wird das seltene Brautpaar zum Altar geleiten – eine Schar, so zahlreich, dass es uns beim besten Walten unmöglich ist, mit chronistischer Genauigkeit die Ziffern anzugeben, welche diese blühende Nachkommenschaft des Jubelpaares repräsentiert.
Goldene Hochzeit Adolf Ignaz und Julie Marcelline Mautner v. Markhof, Neue Illustrierte Zeitung, 3. Juli 1881, S. 7, ANNO/Österreichische Nationalbibliothek
Julie Marcelline, Wiener Salonblatt 19. Juni 1881
Adolf Ignaz, Wiener Salonblatt 19. Juni 1881
Gedenkmedaille Goldene Hochzeit Adolf Ignaz und Marceline, 38 mm, Silber, Vorderseite
Gedenkmedaille Goldene Hochzeit Adolf Ignaz und Marceline, 38 mm, Silber, Rückseite
Großemama, Großerpapa
/in Manfred I. Mautner Markhof /von Theodor Heinrich Mautner MarkhofFür jene, die denken, dass es sich in unseren Berichten über meine lieben Großeltern Manfred und Maria „Pussy“ um Rechtschreibfehler handelt, wenn wir sie als Großemama und Großerpapa titulieren, sei folgende Geschichte als Aufklärung gedacht:
Isabella (geb. Tinti, verheiratete Prosoroff), meine Cousine, Tochter von Tante Christl und erstgeborenes Enkelkind der beiden, hatte das Privileg als älteste der nächsten Generation die beiden vorbehaltlos zu benennen. Großemama und Großerpapa entstammen ihrem kindlichen Sprachverständnis und wurden von uns allen Nachkommenden weiterhin so übernommen.
„Großerpapa“ Manfred I. Mautner Markhof
Verfasst von Theodor Heinrich Mautner Markhof
Großemamas Kochbuch
/in Manfred I. Mautner Markhof /von Theodor Heinrich Mautner MarkhofMeine liebe Großmutter Maria Mautner Markhof war nicht nur eine werte und geschätzte Dame der Gesellschaft, sondern vor allem auch eine begeisterte und begnadete Köchin, deren Kochkünste weit über unseren Familientisch hinaus bekannt waren. Großmamas hervorragende Küche ist nicht nur mir und meinen Geschwistern auch heute noch in besonderer Erinnerung, wir haben darüber hinaus auch das große Glück, dass sie ihre Rezepte akribisch gesammelt und handschriftlich niedergeschrieben hinterlassen hat. So habe ich nun eines Tages – nicht nur ihr zu Ehren und der Nachwelt zuliebe, sondern nicht ganz selbstlos in der Hoffnung auf den einen oder anderen kulinarischen Genuss – beschlossen, diese Aufzeichnungen elektronisch zu erfassen.
Ich wünsche allen viel Freude beim Ausprobieren und Zubereiten der leckeren Rezepte!
Verfasst von Theodor Heinrich Mautner Markhof
Die Wiener Kaisersemmel – dank Mautner´scher Presshefe zu Weltruhm
/in Bier und Hefe /von Beate HemmerleinEin Gärmittel von größerer Triebkraft und längerer Haltbarkeit, also weiterer Transportfähigkeit, als die St. Marxer Preßhefe gab es nicht. Aus vielen hunderte Meilen von Wien entfernten Städten kamen Dank- und Anerkennungsschreiben nach St. Marx. Sommerhitze und Polarkälte hatten auf die neue Hefe eingewirkt und ihr nicht geschadet.
Dieser Innovation, der Mautner´schen Presshefe, verdankt auch die Wiener Kaisersemmel in der heutigen Form ihren Weltruf. Der neue Impuls, den Adolf Ignaz setzte, dürfte aus der Kombination der neuen Presshefe mit ungarischen Mehlsorten gewesen sein, wodurch ein flaumigeres und lockereres Gebäck entstanden war – so wie wir es heute kennen. Dieses kräftige und klebreiche Mehl wurde alsbald auch für die übrigen Wiener Backwaren unverzichtbar. Die Wiener lernten die neue Semmel am 25. Juli 1850 beim St.-Anna-Fest in St. Marx kennen, bei dem man Tausende solcher – als Delikatesse geltende – Semmeln verschenkte. Weltweit wurde sie von der Familie Mautner Markhof dann bei den Weltausstellungen in London 1862 und Paris 1867 präsentiert.
Selbst noch im frühen 20. Jahrhundert galt die Semmel als „Festtagsschmaus“ und wurde nur zu bestimmten Anlässen beziehungsweise am Wochenende verzehrt. Jemandem eine Semmel zu schenken, wurde zu dieser Zeit als noble Geste angesehen oder galt als Belohnung. Unter Kaiser Franz Joseph I. wurde die Bezeichnung „Kaiser“ in Verbindung mit Speisen und Getränken als höchste Steigerung der Qualität verwendet, womit man das Beste seiner Art bedachte. So wurde die Semmel durch Adolf Ignaz´ Beitrag zur „Kaisersemmel“ geadelt.
Adolf Ignaz Maunter & Sohn und die Wiener Weltausstellung 1873
/in Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinDer Pavillon von Adolf Ignaz Mautner & Sohn, Wiener Weltausstellung 1873
Wiener Weltausstellung 1873. Der Pavillon der St. Marxer Brauerei Adolf Ignaz Mautner & Sohn
Nach den Expositionen in London (1851, 1862) und Paris (1855, 1867) war die Wiener Weltausstellung die erste, die im deutschen Sprachraum stattfand. Nach zwei gescheiterten Anläufen 1863 bzw. 1866 waren erst Ende der 1860er Jahre die nötigen Voraussetzungen dafür gegeben. Die liberale Regierung sah in der Weltausstellung eine geeignete Möglichkeit, ihre wirtschaftspolitischen Erfolge zu feiern, denn nicht nur die, nach dem Ausgleich mit Ungarn 1867 einsetzende Hochkonjunktur, die mit der Gründung zahlreicher Unternehmen, Banken, Versicherungen und Baugesellschaften einherging, sondern auch die Rekordernten der Jahre 1867 und 1868 boten ideale Bedingungen. Mit dem Ansporn, alle bisherigen Weltausstellungen an Pracht und Größe zu überbieten, rüstete sich Wien für das Großereignis des Jahres 1873 und am 1. Mai öffnete sie ihre Pforten für die kommenden sechs Monate. Sie war Schauspiel einer gigantischen internationalen Leistungsschau, übertraf alle ihre Vorgängerinnen bei Weitem – sowohl an Fläche als auch Exponaten – und hat maßgeblich zum Aufstieg Wiens zur Weltstadt beigetragen.
Auch für das Stadtbild hatte sie weitreichende Folgen, denn städtebauliche und verkehrstechnische Maßnahmen waren notwendig, um die Abhaltung überhaupt erst zu ermöglichen. In der Aufbruchstimmung der Gründerzeit stand die Umgestaltung zur modernen Weltstadt im Zentrum der Planungen. Das Abtragen der alten Festungsanlagen, der Bau der Ringstraße, der Zusammenschluss der inneren Stadt mit den Vorstädten, die Donauregulierung und die Umgestaltung des Praters gehörten ebenso dazu, wie die Erweiterung und Modernisierung des Straßen- und Schienennetzes oder die Errichtung von Spitälern. Freilich waren die Arbeiten am Tag der Eröffnung noch lange nicht abgeschlossen, die Stadt glich einer Großbaustelle.
Die Firma Adolf Ignaz Mautner & Sohn war mit einem eigenen, von Eduard Kuschee gestalteten Ausstellungspavillon präsent, der als „Bierkost“ bezeichnet wurde und sich in unmittelbarer Nähe seines Konkurrenten Dreher, nur getrennt durch den Pavillon der Herzöge von Coburg-Gotha zwischen der Nordostecke der Rotunde und der großen Maschinenhalle befand. Der quadratische Baukörper, flankiert von Ecktürmen, saß auf einem erhöhten Plateau und war von allen vier Seiten durch eine Freitreppe zugänglich. Der Mittelteil des Pavillons war zurückgesetzt und durch hohe Bogenfenster und die Türöffnung gegliedert. Eine Rundkuppel sowie reicher Bauschmuck unterstrichen die Bedeutung des Gebäudes bzw. des renommierten Unternehmens. So präsentierte die Familie die Rohstoffe für ihre Bier- und Hefeerzeugung in einem der graziösesten und geschmacksvollsten Bauten auf der Wiener Rotunde, dessen hohe Glasfenster das Innere völlig erschlossen. Plakate künden den beliebten „Märzenquell“ an, doch auch, dass man an den Tischen mitgebrachte Speisen verzehren konnte, wofür allerdings 25 Kreuzer „Stoppelgeld“ einkassiert wurden. Neben Spiritus, Presshefe und Malz wurden auch neue Herstellungsmethoden von ober- und untergärigem Bier gezeigt. Ebenso waren alle Anerkennungsdiplome für ihre Hefe ausgestellt, unter anderen von 19 russischen Städten, inklusive St. Petersburg und Moskau. Da die Mautner Hefe im Zarenreich trotz extremer Kälte und Hitze verwendet werden konnte, hatte es schon bei der Weltausstellung 1862 in London viel Lob gegeben. Das Unternehmen wurde mit einem Ehrendiplom ausgezeichnet und – die noch größere Anerkennung für Adolf Ignaz – der Kaiser selbst besuchte am 8. Juli seinen Pavillon, um sich höchstpersönlich über die Errungenschaften informieren zu können. Franz Joseph fand sein Bier so gut, dass es bei einer folgenden Veranstaltung exklusiv serviert wurde: Seine Majestät geruhten sich Herrn von Mautner, dessen Sohn Carl Ferdinand, der den Betrieb der Fabriken leitet, und den Architekten vorstellen zu lassen und würdigte alle Ausstellungsobjekte einer detaillierten und eingehenden Besichtigung.
Adolf Ignaz selbst arbeitete täglich zwanzig und schlief nur vier Stunden und war laut einem Chronisten außer seiner geschäftlichen Tüchtigkeit und der unendlichen Güte seines Herzens auch noch mit einer Bescheidenheit ausgezeichnet, die wohl seinesgleichen sucht.
Pavillon der Firma Mautner Markhof & Sohn auf der Weltausstellung 1873 in Wien
Wr. Weltaustellungs-Zeitung / Int. Austellungs-Zeitung, 13. Juli 1873
Adolf Ignaz Mautner & Sohn auf der Jubiläumsausstellung 1898
/in Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinAnlässlich des 50-jährigen Regierungsjubiläums von Franz-Joseph I. wurde diese Ausstellung am 7. Mai 1898 vom Kaiser persönlich eröffnet. 26 Jahre nach der Weltausstellung 1873 fand diese imposante Schau auf dem Rotunden-Gelände im Wiener Prater statt. Sie wurde vom Niederösterreichischen Gewerbeverein organisiert und zeigte auf einer Fläche von 250.000 m2 die bis dahin neuesten technischen Errungenschaften während der Regentschaft des Kaisers. Bei der feierlichen Eröffnung waren neben Angehörigen des Erzhauses Vertreter von Regierung und Klerus sowie der Bürgermeister von Wien, Karl Lueger zugegen.
Die Exposition war in eine Gewerbe- sowie in eine land- und forstwirtschaftliche Ausstellung geteilt und präsentierte die neuesten Errungenschaften der Industrialisierung. Sie behandelte auch die Gebiete der Wohlfahrt, des Sports und der Luftfahrt und erlaubte einen Rückblick über die Entwicklungen der vorangegangenen fünf Jahrzehnte. Dreißig temporäre Spezialausstellungen sollten dem Besucher zusätzlich einen speziellen Anreiz bieten.
Neben dem Westportal der Rotunde befand sich das Zentrum der Ausstellung mit dem Musik-Pavillon. Um dieser herum gruppierten sich die Einzelpavillons sowie die große Halle für die permanente Ausstellung. Die Tramway-Straße wurde zu einer „Avenue der Ernährung“ umgestaltet, wo sich die Lebensmittel-Industrie präsentierte und auch das Brauerei- und Bäckereigewerbe als Aussteller zu finden war. Die land- und forstwirtschaftliche Ausstellung nahm das gegenüberliegende Areal nördlich der Rotunde ein, wo die Gartenbau-Gesellschaft positioniert war.
Obwohl langanhaltende Regengüsse während der ersten Öffnungstage schwere Schäden an den Straßen zum Rotunden-Gelände hinterließen und manche Wege tagelang nicht begehbar waren, war das Interesse des Publikums ungebrochen und die Ausstellung bis zu ihrem Ende am 9. Oktober ein voller Erfolg.
Ausstellungskatalog 1898
Jubiläumsausstellung Wien 1898 – Ausstellungsplan
Jubiläumsausstellung Wien 1898 – Pavillon des Wiener Brauherren-Vereins
Bierproduktion der Wiener Brauereien 1848 – 1898
Ausschank-Kalender der Kosthalle des Brauherrenvereins